Entscheidungsstichwort (Thema)
Grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung durch eine verspätete Schadensanzeige
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 28.02.2003; Aktenzeichen 7 O 526/01) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 7 des LG Berlin vom 28.2.2003 wird auf ihre Kosten nach einem Wert von 11.955 Euro zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin war nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des BGH nicht erforderte. Dazu kann zunächst auf den Hinweis gem. § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO vom 28.1.2003 Bezug genommen werden. Der Senat sieht auch nach erneuter Beratung auf Grund des Vorbringens der Klägerin in den Schriftsätzen vom 27.3.2003 und vom 4.4.2003 keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die von ihr vorgebrachten Umstände nicht geeignet, den Vorwurf grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung durch eine verspätete Schadensanzeige zu entkräften. Sie kann sich nicht darauf berufen, auf Informationen Dritter, nämlich ihrer Mutter, angewiesen gewesen zu sein. Für eine verspätete Information der Klägerin, die wiederum die verspätete Anzeige der Rohrbrüche ggü. der Beklagten erklärten könnte, ist nichts ersichtlich. Die Klägerin trägt selbst vor, dass sie ab dem 10.11.2000 den Architekten W. zur Überwachung der Reparaturarbeiten eingeschaltet hatte. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war der Klägerin die Anzeige des Versicherungsfalles ggü. der Beklagten möglich. Unerklärlich ist in diesem Zusammenhang, warum die Klägerin meint, die Schadensanzeige bis zur Schlussabrechnung durch den mit der Schadensbeseitigung beauftragten Handwerker zurückstellen zu dürfen. Die Bestimmung in § 20 Nr. 1 a VGB (88) der Beklagten, die eine unverzügliche Schadensanzeige vorschreibt, gibt dafür nichts her.
2. Ohne Erfolg beruft die Klägerin sich darauf, die verspätete Schadensanzeige habe keinen Einfluss auf die Feststellungen der Beklagten gehabt. Zu dem nach § 6 Abs. 3 VVG möglichen Kausalitätsgegenbeweis hat die Klägerin nicht ausreichend vorgetragen.
a) Soweit die Klägerin geltend macht, es fehle an einer Kausalität, weil die späte Anzeige sich auf die Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten nicht auswirke, weil die notwendigen Feststellungen hier im Nachhinein durch Fotos des Architekten W. sowie durch Zeugnis der Handwerker der Fa. K. + S. Heizung und Sanitär GmbH möglich seien, folgt der Senat dieser Argumentation nicht. Der vom Versicherungsnehmer zu führende Kausalitätsgegenbeweis ist bereits dann gescheitert, wenn die grob fahrlässige Verletzung einer Obliegenheit nachteiligen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung hatte (BGH VersR 2001, 756 [757]). In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der nicht alltägliche Sachverhalt geltend gemacht wird, dass ein Rohrsystem auf einer Länge von mehr als 50 Metern (vgl. Pos. 35 f., S. 3, Pos. 60, 61, S. 4, Pos. 85 ff., S. 5, Pos. 96, S. 6 der Rechnung der K. + S. Heizung und Sanitär GmbH vom 21.11.2000, Anlage K 1) eine Vielzahl von Rohrbrüchen aufgewiesen habe, und in dem damit auch eine ganz beträchtliche Schadenshöhe zu erwarten war, liegt es auf der Hand, dass der Versicherer zur Prüfung von Schadensursache und Umfang einen Sachverständigen einschaltet. Meldet der Versicherungsnehmer den Schaden erst, nachdem die Rohre komplett erneuert sind und die alten Rohre (die von der Handwerksfirma bis zum 30.11.2000 aufbewahrt wurden, vgl. S. 7 der vorgenannten Rechnung) vernichtet sind, liegt ein Nachteil in der verspäteten, erst am 7.12.2000 erfolgten Anzeige für den Versicherer allein schon darin, dass er eigene Ermittlungen durch einen Sachverständigen nicht mehr vornehmen konnte. Hierin liegt regelmäßig ein rechtlich erheblicher Nachteil für den Versicherer (BGH VersR 2001, 756 [757]). Nur ganz ausnahmsweise ist ein nachteiliger Einfluss auf die Feststellungen des Versicherers zu verneinen (so z.B. in dem vom BGH zu entscheidenden Rechtsstreit gegen den Privathaftpflichtversicherer, weil dort bereits ein Sachverständigengutachten des Gebäudeversicherers vorlag). Allein die Möglichkeit der Beklagten, Einsicht in von dem Architekten der Klägerin gefertigte Fotos nehmen zu können bzw. den Architekten bzw. die mit den Arbeiten beauftragten Handwerker als Zeugen zu hören, genügen nicht als Kompensation für die aufgrund der Obliegenheitsverletzung zunichte gemachte Ermittlung durch einen Sachverständigen. Die Fotos reichen schon deshalb nicht, weil sie nur einen geringen Ausschnitt des betroffenen, schadhaften Rohrsystems zeigen. Dahinstehen kann deshalb, ob die Fotos eine solche Qualität aufweisen, dass sie eine Besichtigung durch einen Sachverständigen ersetzen können. Das Zeugnis des Architekten und der Handwerker genügt ni...