Leitsatz (amtlich)
§§ 14 Abs. 2 Satz 2 FamFG, 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO stellt nicht nur eine Ordnungsvorschrift dar; auch in familiengerichtlichen Verfahren muss die Beschwerde, wenn sie als elektronisches Dokument übermittelt wird, mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 27.05.2014; Aktenzeichen 155 F 19415/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 27.5.2014 - 155 F 19415/13 - wird auf ihre Kosten nach einem Beschwerdewert von 3.000 EUR verworfen.
Der Verfahrenskostenhilfeantrag der Mutter vom 4.6.2014 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Mutter wendet sich gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 27.5.2014. Mit diesem Beschluss wurde ihr die elterliche Sorge für ihre Tochter entzogen und auf einen Vormund, das Bezirksamt L.von B., übertragen. Der familiengerichtliche Beschluss wurde der Mutter am 31.5.2014 zugestellt. Der Beschluss war der Mutter zuzustellen und keiner anderen, dritten Person, weil die Mutter keinen Verfahrensbevollmächtigten bestellt und auch keinen Zustellbevollmächtigten benannt hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.
Mit elektronischem, auf den 4.6.2014 datierten Dokument, welches auf dem Server des Familiengerichts - dem elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach - am 25.6.2014 einging, legt die Mutter gegen den Beschluss Beschwerde ein; gleichzeitig sucht sie um die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nach. Die Beschwerde ist nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, sondern der im Original entweder handschriftlich unterzeichnete oder mit einer eingescannten bzw. hineinkopierten, handschriftlichen Unterschrift versehene Schriftsatz wurde nebst den Anlagen eingescannt und die auf diese Weise erzeugte Datei als. pdf unter der Dateibezeichnung '...-AG-25062014.pdf ' an das Familiengericht elektronisch versandt. Mit der Beschwerde wird von der Mutter u.a. gerügt, die verfügte Sorgerechtsentziehung verstieße gegen ihre Grundrechte sowie diejenigen ihrer Tochter sowie weiter, dass die Sorgerechtsentziehung sich als unverhältnismäßig erweise und in verfahrensrechtlich fehlerhafter Weise ergangen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift der Mutter vom 4.6.2014 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 14.7.2014 wurde die Mutter auf Bedenken im Hinblick auf die Wirksamkeit der Rechtsmitteleinlegung hingewiesen. Hierzu hat sie mit Schreiben vom 19.7.2014 u.a. mitgeteilt, dass eine Signatur im elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach die Unterschrift ersetze, so dass die Rechtsmitteleinlegung als wirksam anzusehen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben Bezug genommen.
Am 28.7.2014 ging beim KG ein Doppel der Beschwerdeschrift vom 4.6.2014 nebst Anlagen ein.
Die dem Kind bestellte Verfahrensbeiständin sowie das Jugendamt regen in der Sache an, die Beschwerde der Mutter zurückzuweisen; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 25.7.2014 bzw. vom 30.7.2014 verwiesen.
II.1. Die Beschwerde der Mutter ist zwar statthaft (§ 58 Abs. 1 FamFG), aber unzulässig, weil verfristet:
a) Das Rechtsmittel der Mutter ging, worauf diese mit Schreiben vom 14.7.2014 aufmerksam gemacht wurde, zwar bereits am 25.6.2014 als Datei im elektronischen Postfach des Familiengerichts ein und wäre damit grundsätzlich ordnungsgemäß und innerhalb gehöriger Frist eingelegt und auch begründet worden (§§ 63 Abs. 1, 64, 65 Abs. 1 FamFG). Allerdings wurde die Beschwerdeschrift lediglich als elektronisches pdf-Dokument übermittelt, welches im Original zwar unterzeichnet ist, aber nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen war.
Nach dem Gesetz ist das aber erforderlich: Zwar kann die Beschwerde auch auf elektronischem Wege bei Gericht eingelegt werden, aber in diesem Fall muss sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein (§§ 64, 14 Abs. 2 FamFG, 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO). Auch wenn es im Text von § 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO heißt, dass der Beschwerdeführer - also die das Rechtsmittel verantwortende Person - die Beschwerde mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen soll, folgt jedoch aus einer Zusammenschau von § 14 Abs. 2 Satz 2 FamFG mit § 298 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und den landesrechtlichen Bestimmungen (§ 130a Abs. 2 ZPO i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz im Land Berlin [vom 27.12.2006, GVBl. 2006, 1183] und der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz im Land Berlin [vom 9.12.2009, GVBl. 2009, 881] sowie Ziff. I Nr. 9 der Bekanntmachung der Senatsverwaltung für Justiz aufgrund §§ 2 und 3 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz im Land Berlin vom 27.12.2006...