Leitsatz (amtlich)
Für die erforderliche Überzeugungsbildung über die erhebliche Wahrscheinlichkeit eines manipulierten Unfalls kommt es nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und/oder ihrer äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden müssen; entscheidend ist vielmehr stets die Werthaltigkeit der Beweisanzeichen.
Ein mehrfacher Anstoß des Schädigerfahrzeugs (gemieteter Transporter) gegen einen geparkten Pkw (hier: vorgeschädigter BMW 523i, 7 Jahre alt, 135.000 km Laufleistung, kurz vor dem Ereignis angeschafft und kurz darauf unrepariert veräußert), die nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen nicht als unabsichtlich zu erklären ist, spricht deutlich für das Einverständnis des Geschädigten und einen manipulierten Unfall.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 327/04) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
1. Der Kläger macht auf S. 3 der Berufungsbegründung geltend, das Beklagtenfahrzeug sei nur einmal gegen den BMW des Klägers gestoßen; offenbar sei das Klägerfahrzeug in Höhe der Anstoßstelle vorbeschädigt gewesen, was er jedoch nicht gewusst habe, da ihm das Fahrzeug im März 2004 als unfallfrei verkauft worden sei. Der Sachverständige sei einem Denkfehler unterlegen, wenn er aus der Tatsache, dass das Fahrzeug im Schadensbereich zwei Anstöße erfahren habe, geschlossen habe, der Erstbeklagte sei absichtlich gegen den BMW des Klägers gestoßen; der Sachverständige hätte sich mit möglichen Vorschäden intensiver auseinandersetzen müssen.
Diese Argumentation verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.
a) Der Kläger ist mit Beanstandungen und Rügen gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Wanderer nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, wenn er sie erstinstanzlich hätte geltend machen können; denn Beanstandungen gegen ein Sachverständigengutachten zählen zu den neuen Angriffs- oder Verteidigungsmitteln im Sinne der Vorschrift (OLG Saarbrücken v. 25.9.2002 - 1 U 273/02-65, OLGReport Saarbrücken 2002, 453 = NJW-RR 2003, 139; KG v. 21.10.2004 - 12 U 22/04, KGReport Berlin 2005, 123 = VRS 108, 9 = VM 2005, 51 Nr. 44; Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 531 Rz. 22).
Dem Kläger war durch Verfügung des LG vom 20.6.2005 Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gutachten vom 13.6.2005 gegeben worden; bis zur mündlichen Verhandlung am 23.8.2005 hat er gegen das Gutachten Einwendungen nicht erhoben; im Gegenteil hat er im Hinblick auf das Gutachten mit Schriftsatz vom 30.6.2005 die Klage teilweise zurückgenommen und darauf hingewiesen, dass wenigstens der Beklagte zu 1) zu verurteilen sei (vgl. auch Schriftsatz vom 11.8.2005).
b) Aber auch in der Sache gehen die Angriffe des Klägers gegen den Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Wanderer fehl.
Denn der Sachverständige hat ausdrücklich und überzeugend auf S. 13 des Gutachtens ausgeführt: "Demnach sind die Karosserieschäden an der rechten Fahrzeugseite des BMW durch zwei getrennt voneinander erfolgte Anstöße des Mercedes-Benz erzeugt worden". Es geht also bei der Folge des einen Anstoßes nicht um durch ein drittes Fahrzeug verursachte alte Vorschäden, von denen der Kläger nichts gewusst haben will, weil er das Fahrzeug als unfallfrei gekauft habe, sondern allein um Schäden, die der vom Beklagten zu 1) geführte Miet-Lkw verursacht hat.
Der Sachverständige, der sich im Übrigen auf S. 13 f. auch mit den "Vorschäden" am BMW befasst hat, hat eindeutig festgestellt, dass die - neuen - Schäden an der rechten Fahrzeugseite durch zwei Anstöße des Mercedes-Benz Sprinter verursacht wurden. Wenn er dann daraus geschlossen hat, dass die von ihm festgestellte Fahrweise mit zwei verschiedenen Kollisionswinkeln sich nicht mit einem unabsichtlichen Fahrverhalten des Mercedes-Fahrers in Einklang bringen lässt, so ist dies plausibel und überzeugend (§ 286 ZPO).
2. Entgegen der Auffassung des Klägers auf S. 3 der Berufungsbegründung liegt auch kein "Denkfehler" des LG darin, dass es auch die Klage gegen den Beklagten zu 1), den Fahrer des Miet-Lkws, abgewiesen hat, obwohl dieser vorsätzlich handelte.
Denn das LG hat die Abweisung der Klage nicht mit § 152 VVG begründet, sondern mit der - wenn auch kurzen - Feststellung auf S. 4 des angefochtenen Urteils, dass es sich um einen "Bestellunfall" handelte.
Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch der Senat gelangt aufgrund der gebotenen Gesamtschau der gegebenen Umstände zu der Feststellung ...