Leitsatz (amtlich)

In Sorgerechts- und Umgangssachen entspricht es grundsätzlich der Billigkeit, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst und die Gerichtskosten hälftig trägt.

Schlechte wirtschaftliche Verhältnisse rechtfertigen es im Regelfall nicht, von der Erhebung von Gerichtskosten nach § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG abzusehen, wenn die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe möglich gewesen wäre.

Der Beschluss wurde - am 14.12.2011 der Geschäftsstelle übergeben und damit erlassen i.S.d. § 38 Abs. 3 FamFG.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 19.08.2011; Aktenzeichen 121 F 1087/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 19.8.2011 wird zurückgewiesen.

Die Mutter hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 1.500 EUR zu tragen.

 

Gründe

Nachdem die Mutter ihr gegen die Entscheidung in der Hauptsache gerichtetes Rechtsmittel zurückgenommen hat, ist vom Senat nur noch über das gegen die Kostenentscheidung des AG gerichtete Beschwerde zu entscheiden. Dieses Rechtsmittel ist unbegründet.

Gemäß § 81 Abs. 1 FamFG hat das Gericht über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dieses Ermessen hat das AG zutreffend ausgeübt. Es entspricht in Sorgerechts- und Umgangssachen, zu denen das vorliegende Verfahren gehört, grundsätzlich der Billigkeit, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst und die Gerichtskosten hälftig trägt (vgl. z.B. OLG Nürnberg FamRZ 2010, 98; OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2005, 216; OLG Frankfurt FamRZ 1994, 253). Auch hier ist es aus den vom AG angeführten Gründen nicht gerechtfertigt, die gesamten Gerichtskosten dem Vater aufzuerlegen, zumal dessen Antrag überwiegend stattgegeben wurde. Ebenso besteht keine Veranlassung, von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse, die von der Mutter angeführt werden, rechtfertigen es im Regelfall nicht, von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen, wenn die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe möglich gewesen wäre (vgl. Feskorn in Prütting/Helms, 2. Aufl., § 81 FamFG Rz. 18; Zöller/Herget, 29. Aufl., § 81 FamFG Rz. 6). Diese ermöglicht eine differenzierte Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beteiligten, z.B. durch die Anordnung von Ratenzahlungen, und geht daher als speziellere Regelung der nach § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG eingeräumten Möglichkeit vor, von der Erhebung der Kosten abzusehen. Eine abweichende Beurteilung ist auch vorliegend nicht gerechtfertigt. Wie der Senat bereits in seinem Hinweis vom 4.10.2011 angeführt hat, hätte es der Mutter freigestanden, ebenso wie der Vater Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Auf den Hinweis in demselben Schreiben des Senats hat die Mutter ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch nicht in der erforderlichen Weise dargetan, so dass nicht festgestellt werden kann, dass ihr bei einem entsprechenden Antrag vom AG ratenfreie Verfahrenskostenhilfe hätte bewilligt werden können. Es kann daher offen bleiben, ob es in einem solchen Fall gerechtfertigt wäre, Gerichtskosten von ihr nicht zu erheben. Über Zahlungserleichterungen (Stundung, Ratenzahlung) hat die Kosteneinziehungsstelle der Justiz zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG. Es besteht keine Veranlassung von dem Grundsatz abzuweichen, dass die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels von dem Beschwerdeführer zu tragen sind. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Insbesondere sind die Verfahrenskostenhilfe-Unterlagen nicht eingereicht worden.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 FamGKG, da auch die Entscheidung in der Hauptsache angegriffen worden ist. Der Senat setzt den Regelwert gem. § 45 Abs. 3 FamGKG auf 1.500 EUR herab, da die Beschwerde alsbald zurückgenommen wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2920017

FuR 2012, 326

MDR 2012, 473

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