Leitsatz (amtlich)
Der formularmäßige Ausschluss der Einrede der Aufrechenbarkeit in einem Bürgschaftsvertrag ist unwirksam.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 12 O 545/04) |
Tenor
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen gem. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO zu entscheiden. Dem entspricht es regelmäßig, dass die Partei die Kosten zu tragen hat, die sie nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der §§ 91 ff. ZPO zu tragen gehabt hätte, wenn eine Erledigung nicht eingetreten wäre (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rz. 24). Unter Anwendung dieser Grundsätze waren der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, weil die Klägerin ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses aller Voraussicht nach im Rechtsstreit unterlegen gewesen wäre. Die Beklagte war - entgegen der Ansicht des LG - nicht mit der Verpflichtung auf Beibringung der Bürgschaft in Verzug, weil die Vereinbarung über die von der Klägerin nach deren Allgemeinen Bedingungen, Teil B, zum Mietvertrag (Anlage zu Ziff. 6) verlangte Bankbürgschaft gem. § 307 Abs. 1 BGB teilweise unwirksam ist.
a) Bei den "Allgemeinen Bedingungen Teil B" zum Mietvertrag handelt es sich um Allgemeine - von der Klägerin gestellte - Geschäftsbedingungen, die der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegen. Gemäß § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist die Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 307 Rz. 8; BGH v. 1.2.2005 - X ZR 10/04, BGHReport 2005, 888 = MDR 2005, 1038 = NJW 2005, 1774; v. 3.11.1999 - VIII ZR 269/98, MDR 2000, 320 = NJW 2000, 1110; v. 8.3.1984 - IX ZR 144/83, BGHZ 90, 280 = MDR 1984, 575). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung der Interessen beider Parteien, wobei die zu überprüfenden Klauseln vor dem Hintergrund des gesamten Vertrages auszulegen und zu bewerten sind (BGHZ 106, 263; BGH v. 5.6.1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27 [30] = MDR 1997, 929). Zwar können nach der Rechtsprechung des BGH die durch eine Klausel begründeten Nachteile durch Vorteile anderer Vertragsbedingungen ausgeglichen werden, wenn es sich um sachlich zusammengehörende Regelungen handelt, die zueinander in einem Wechselverhältnis stehen (BGH NJW 2003, 889 [991]). Die Anwendung dieser Grundsätze führt aber vorliegend nicht dazu, dass die mögliche Unwirksamkeit der Bürgschaftsverpflichtung durch die Geltung der wirksamen Barkautionsabrede kompensiert wird, wie das LG angenommen hat. Durch die Ausübung des Wahlrechts - Stellung einer Bürgschaft nach den verlangten Bedingungen oder Leistung einer Barkaution - kann eine möglicherweise unwirksame Bürgschaftsvereinbarung nicht geheilt werden. Denn dann besteht ein Wahlrecht im eigentlichen Sinne nicht mehr. Im Übrigen ist nach der vertraglichen Regelung gem. 6.3 der Allgemeinen Bedingungen zum Mietvertrag vorgesehen, dass bei Ausübung des Wahlrechts zugunsten der Bürgschaft der Mieter nur dann zur Zahlung der Baukaution verpflichtet ist, wenn er mit der Erbringung der Bürgschaft in Verzug gerät. Danach hat der Mieter bei Ausübung des Wahlrechts zugunsten der Bürgschaft zunächst das Recht, diese als Mietsicherheit zu erbringen. Deswegen bedarf es einer Entscheidung darüber, ob die Bürgschaftsregelung wirksam ist.
b) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass sich nur der Bürge und nicht die Beklagte - die Mieterin - auf die Unwirksamkeit der Bürgschaftsregelungen berufen könne. Denn die Beklagte als Vertragspartnerin ist nach den vertraglichen Regelungen zur Stellung der Bürgschaft verpflichtet. Wenn die Bürgschaftsregelung ggü. dem Bürgen unwirksam ist, dann kann auch von der Beklagten als Hauptschuldnerin nicht verlangt werden, eine solche - unwirksame - Bürgschaftsverpflichtung beizubringen.
c) Das Bürgschaftsformular ist zumindest insoweit unwirksam, soweit hierin vorgesehen ist, dass die Bürgin auf die Einrede der Aufrechenbarkeit nach § 770 Abs. 2 BGB uneingeschränkt verzichtet. Dies führt nicht dazu, dass die Bürgschaftsvereinbarung insgesamt unwirksam wäre. Denn enthält die Regelung neben der unwirksamen auch unbedenkliche, sprachlich und inhaltlich abtrennbare Bestandteile, bleiben diese nach der Rechtsprechung des BGH wirksam, auch wenn sie den gleichen Sachkomplex betreffen. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion kommt nur dann zum Tragen, wenn die Klause...