Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 04.08.2010; Aktenzeichen 86 O 102/10) |
Tenor
1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat nach Vorberatung beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 4.8.2010 verkündete Urteil des LG Berlin - 86 O 102/10 - durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen dreier Wochen seit Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
1. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung.
a) Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Gemäß § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn das LG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Ein Anspruch der Klägerin nach der Bestimmung des § 823 Abs. 1 BGB besteht nicht. Zwar kommt eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB statt einer Haftung aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG wegen Räum- bzw. Streupflichtverletzung immer dann in Betracht, wenn und soweit die Räum- bzw. Streupflicht einem Grundstückseigentümer als solchem obliegt, was auch dann gilt, wenn dieser Grundstückseigentümer eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (BGH, Urt. v. 5.12.1991 - III ZR 31/90, VersR 1992, 444-445). Nach der Rechtsprechung des BGH hat derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage gleich welcher Art für Dritte schafft oder andauern lässt, z.B. durch Eröffnung eines Verkehrs, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (BGH, Urt. v. 6.2.2007 - VI ZR 274/05, NJW 2007, 1683-1685). Haftungsbegründend wird eine Gefahrenquelle aber erst, sobald sich aus der zu verantwortenden Situation vorausschauend für einen sachkundig Urteilenden die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter Dritter verletzt werden können; Dritte sind vor denjenigen Gefahren zu schützen, die von ihnen nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind (BGH, Urt. v. 3.2.2004 - VI ZR 95/03, NJW 2004, 1449-1451).
Nach diesen Maßstäben hat im vorliegenden Fall der Beklagte gegenüber der Klägerin keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Unstreitig ist, dass auf dem Dach des Gebäudes Schneegitter angebracht waren; dass die vom Beklagten am 14.1.2010 gerufene Feuerwehr keine vom Dach ausgehenden Gefahren festgestellt hatte; dass ein vom Beklagten beauftragter Dachdecker am Vormittag des Vortages, des 18.1.2010, vergeblich - weil diese zu fest waren - versucht hatte, Eiszapfen abzuschlagen; dass zwischen dem 18.1.2010 und dem schädigenden Ereignis am 19.1.2010 kein Tauwetter herrschte; dass "der bekanntermaßen strenge und harte langandauernde Winter [...] auf den Dächern der Häuser Schnee in einem ungewöhnlich hohen Maße angehäuft" hatte (Klageschrift, S. 4 oben). Mit der Berufung trägt die Klägerin vor: "Jeder weiß aber noch heute wie massiv und hart dieser Winter war und wie schwer es Hauseigentümer und auch die Feuerwehr hatten, die Dächer der Gebäude zu sichern, um Dritte zu schützen" (Berufungsbegründungsschrift, S. 3 unten). Vor diesem Hintergrund konnte nach Auffassung des Senats die Klägerin die für ihren Pkw bestehende Gefahr genauso gut einschätzen wie der Beklagte. Sie hätte sich ohne weiteres selbst schützen können und es auch müssen. Der Beklagte hatte gegenüber der Klägerin keinerlei Wissensvorsprung, der ihn verpflichtet hätte, einen Warnhinweis anzubringen oder die Parkfläche zu sperren. Die Klägerin hat ihr Eigentum selbst gefährdet, indem sie den Pkw bei der bestehenden Witterungssituation neben dem Gebäude des Beklagten abstellte. Gerade weil sie nach ihrem eigenen Vortrag wusste, wie schwer es Hauseigentümer und auch die Feuerwehr hatten, die Dächer der Gebäude zu sichern, um Dritte zu schützen, durfte sie nicht von dem Fehlen eines Hinweises oder dem Fehlen einer Flatterleine oder eines Absperrgitters auf die Sicherheit der Situation schließen.
Aus den gleichen Gründen kann sich die Klägerin nicht auf eine aus dem Dienstvertrag resultierende Schutz- oder Fürsorgepflicht berufen.
b) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 ZPO). Insbesondere die vereinzelt in der Rechtsprechung wegen "Eröffnung des Verkehrs auf einem Parkplatz zur Förderung des Geschäftsbetriebes" (OLG Frankfurt, Urt. v. 27.4.2000 - 22 U 90/98, VersR 2000, 1514-1515; LG Detmold, Urt. v. 15.12.2010 - 10 S 121/10, zitiert nach juris) angenommene Haftung des Gebäudeeigentümers betraf die in zweierlei...