Verfahrensgang
AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 60 VI 2037/19) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) bis 5) wird der Beschluss des Amtsgerichts Spandau - Nachlassgericht - vom 19.11.2020 geändert:
Die zur Erteilung des Erbscheins nach dem Hilfsantrag vom 20.2.2020 (in der Fassung vom 15.7.2020) erforderlichen Tatsachen werden für festgestellt erachtet.
Die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben zur Hälfte die Beteiligte zu 1) - in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin - und zur anderen Hälfte die Beteiligten zu 3) bis 5) als Gesamtschuldner zu tragen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 675.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die im Jahre 1929 geborene und am 12.6.2019 verwitwet und kinderlos verstorbene Erblasserin hat durch das eigenhändig geschriebene und unterschriebene Testament vom 16.9.2007 die Beteiligte zu 1) zu ihrer Testamentsvollstreckerin eingesetzt und verfügt, dass - abgesehen von zuvor abgehenden vier Prozent aus dem Nachlasswert für deren Vergütung und je ein Prozent für zwei Vermächtnisse - aus ihrem Barvermögen und dem Erlös aus dem Verkauf ihrer Immobilien in Berlin ihre noch lebenden drei Brüder je 22 % ihres Nachlasses erhalten sollen, der Bruder ihres vorverstorbenen Mannes ebenfalls 22 % und die Witwe ihres vierten vorverstorbenen Bruders 12 %. Für den Fall des Vorversterbens des Bruders ihres Mannes hat sie bestimmt, dass seine Witwe - die Beteiligte zu 2) - 10 % erhalten soll und die dann verbleibenden 12 % zu jeweils 1/3 an ihre drei Brüder verteilt werden sollen. Ihren Anteil an einem Waldgrundstück außerhalb Berlins sollten ebenfalls ihre drei Brüder zu gleichen Teilen erben.
Nach Errichtung des Testamentes sind der in den USA lebende Bruder F. am 2.11.2016 - dieser unter Hinterlassung von drei Söhnen, den Beteiligten zu 3) bis 5) - und der in Berlin lebende Bruder M. am 2.12.2016 kinderlos verstorben. Die Witwe des vorverstorbenen vierten Bruders der Erblasserin ist am 23.2.2019 kinderlos und der Bruder ihres Ehemannes am 6.6.2019 ebenfalls kinderlos verstorben.
Die Beteiligte zu 1) hat nach Erhalt des Testamentsvollstreckerzeugnisses vom 23.1.2020 aufgrund notarieller Urkunde vom 20.2.2020 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach der überlebende Bruder N. Miterbe zu 90 % und die Witwe des Bruders ihres Mannes -- die Beteiligte zu 2) - Miterbin zu 10 % geworden seien. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht nicht von der Anwachsung der Erbteile der vorverstorbenen Brüder bei dem einzig überlebenden Bruder N. ausgehen sollte, hat sie beantragt, einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, wonach die Beteiligte zu 2) Miterbin zu 10 %, der noch lebende Bruder N. Miterbe zu 45 % und die Beteiligten zu 3) bis 5) Miterben zu je 15 % geworden sind.
Das Nachlassgericht hat durch den angefochtenen Beschluss dem Hauptantrag stattgegeben, weil die den vorverstorbenen Brüdern zugewiesenen Anteile allein dem überlebenden Bruder ebenso wie die freigewordenen Anteile der weiteren beiden Erben angewachsen seien. Für eine Auslegung des Testamentes dahin, dass im Falle des Vorversterbens der Brüder ersatzweise deren Kinder treten sollen, lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.
Gegen den dem Verfahrensbevollmächtigen der Beteiligten zu 3) bis 5) am 27.11.2020 zugestellten Beschluss richtet sich die am Montag, den 28.12.2020 eingegangene Beschwerde, der das Nachlassgericht nicht abgeholfen hat. Sie rügen, dass die Auslegung des Testaments anhand des Testamentsinhaltes fehlerhaft und zudem nicht nachvollziehbar sei, weshalb das Nachlassgericht seine Entscheidung einseitig auf die von ihnen bestrittenen Ausführungen der Beteiligten zu 1) zu dem Verhältnis zwischen der Erblasserin und ihrem Vater und seiner Familie gestützt hat, ohne ihr Vorbringen zu dem Zeit ihres Lebens gepflegten engen Kontakt zwischen der Erblasserin und ihrem Vater, zu dessen Besuchen und auch dem eigenen Kontakt zwischen ihnen und ihrer Tante zu berücksichtigen.
II. Die gemäß § 58 FamFG statthafte, gemäß §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG form- und fristgerecht binnen eines Monats eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Denn die Auslegung des Testamentes ergibt, dass die von der Erblasserin ihren drei Brüdern gemachte Zuwendung nicht persönlich, sondern, wie bei gesetzlicher Erbfolge, als Ersten ihres Stammes gelten sollte.
Nach § 2069 BGB ist im Zweifel anzunehmen, dass in dem Fall, in dem der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht hat, der nach der Errichtung des Testamentes wegfällt, dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden. Diese Auslegungsregel ist bei der Einsetzung anderer Personen zwar nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar. Denn der Gesetzgeber wollte, wie sich dem Protokoll der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs ergibt, dem Antrag der Kommission, die Vorschrift des § 2069 auch auf letztwillige Zuwendungen an die Abkömmlinge einer ander...