Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustellung in dem Anschein nach benutzte Wohnung
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 14.02.2004; Aktenzeichen 29 O 452/03) |
Tenor
Der Antrag des Berufungsklägers, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des LG Berlin vom 14.2.2004 - 29 O 452/03 - einzustellen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Voraussetzungen, unter denen nach §§ 719, 707 ZPO die Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil bei Einlegung der Berufung eingestellt werden kann, liegen hier nicht vor. Grundsätzlich haben bei der gebotenen Abwägung der Interessen des Gläubigers und des Schuldners diejenigen des Gläubigers kraft gesetzlicher Wertung Vorrang (OLG Düsseldorf v. 30.12.1986 - 1 U 212/86, MDR 1987, 415 = NJW-RR 1987, 702; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl. § 719 Rz. 3, m.w.N.). Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung scheidet daher aus, wenn nach der bisherigen Sach- und Rechtslage das eingelegte Rechtsmittel keine Erfolgsaussichten hat (OLG Saarbrücken v. 24.7.1997 - 1 U 605/97-124, MDR 1997, 1157 = OLGReport Saarbrücken 1997, 276; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 719 Rz. 3, m.w.N.). So liegt der Fall hier. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils. Im Hinblick auf das Vorbringen in der Berufung weist er ergänzend auf Folgendes hin:
Es kann dahinstehen, ob der Beklagte, wie er behauptet, seine bisherige Wohnung in der P.-Straße 66 im Juni 2003, also vor Zustellung der Klageschrift, endgültig aufgegeben hat. Denn eine Zustellung muss auch derjenige gegen sich gelten lassen, der sich nach außen den Anschein gibt, an einem bestimmten Ort eine Wohnung zu haben (OLG Düsseldorf, FamRZ 1990; OLG Naumburg v. 27.2.2002 - 11 W 82/01, OLGReport Naumburg 2002, 449; Zöller/Stöber, ZPO, 24. Aufl., § 178 Rz. 7, m.w.N.). Jedenfalls nach dem Sach- und Streitstand, wie er dem LG zur Entscheidung vorgelegen hat, musste davon ausgegangen werden, dass der Beklagte den Anschein erweckt hat, noch in der P.-Straße 66 zu wohnen. Denn anderenfalls hätte der Postzusteller dort nicht, wie aus der Zustellungsurkunde vom 19.9.2003 (Bl. 28 d.A.) ersichtlich, eine Zustellung vorgenommen. Erstmals in der Berufungsbegründung hat der Beklagte eine eidesstattliche Versicherung der E.S. vorgelegt, wonach der Beklagte bereits am 31.5.2003 das Türschild sowie das Postkastenschild in der P.-Straße 66 entfernt habe. Insoweit sind jedoch die Voraussetzungen, unter denen nach § 531 Abs. 2 ZPO neue Angriffs- und Verteidigungsmittel ausnahmsweise zugelassen, werden könnten, weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Der Senat folgt dem LG auch insoweit, als es die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verneint hat. Denn es fehlte in 1. Instanz jedenfalls an der gem. § 236 Abs. 2 S. 2 ZPO erforderlichen Glaubhaftmachung.
Fundstellen
Haufe-Index 1235000 |
MDR 2005, 232 |
KG-Report 2005, 84 |