Entscheidungsstichwort (Thema)
Abdingbarkeit und Nichtanwendbarkeit der Regelung über die Beschlußfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung des § 25 Abs. 3 WEG wird durch eine Bestimmung der Gemeinschaftsordnung wirksam abbedungen, nach der die Eigentümerversammlung beschlußfähig ist, wenn – ohne Rücksicht auf das Stimmrecht des einzelnen Wohnungseigentümers – die Wohnungseigentümer von mehr als der Hälfte aller Eigentumswohnungen vertreten sind (wie BayObLG, WE 1989, 64).
2. Ist mindestens die Hälfte der Wohnungseigentümer von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen, findet § 25 Abs. 3 WEG keine Anwendung, so daß es der Einberufung einer neuen Versammlung nicht bedarf (wie BayObLG, WuM 1992, 709).
Normenkette
WEG § 25 Abs. 3-4
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 28.08.1992; Aktenzeichen 85 T 69/92 (WEG)) |
LG Berlin (Teilbeschluss vom 23.06.1992; Aktenzeichen 85 T 69/92 (WEG)) |
AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 70 II 110/91 (WEG)) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben der Antragsteller zu 3/10 und die Beteiligte zu 2. zu 7/10 zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 72.500,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum näher bezeichneten Wohnanlage, die aus sechs Wohneinheiten besteht. Während der Beteiligten zu 2. die Wohneinheiten Nr. … bis … gehören, ist der Antragsteller Eigentümer der Wohneinheit Nr. …
In der für die Wohnanlage notariell beurkundeten Teilungserklärung vom 18. April 1984 heißt es unter § 13 der Gemeinschaftsordnung (Wohnungseigentümerversammlung und -beschlüsse) unter anderem wie folgt:
„1.) …
2.) In der Versammlung hat jeder Wohnungseigentümer eine Stimme je Wohnungseigentum soweit nicht das Gesetz zwingend etwas anderes bestimmt. …
3.) …
4.) Das Stimmrecht derjenigen Wohnungseigentümer, welche mit der Entrichtung des Wohngeldes sowie der Umlagen für mehr als zwei Monate im Verzuge sind oder gegen die ein Beschluß nach § 18 WEG gefaßt worden ist, ruht.
5.) Die Eigentümerversammlung ist beschlußfähig, wenn die Wohnungseigentümer von mehr als der Hälfte aller Eigentumswohnungen anwesend oder vertreten sind. Fehlt die Beschlußfähigkeit, hat der Verwalter auf Kosten der Gemeinschaft eine zweite Versammlung mit der gleichen Tagesordnung einzuberufen. Die Versammlung ist dann in jedem Falle beschlußfähig. …
6.) …”
In der Eigentümerversammlung vom 5. November 1991, in der nur die Mehrheitseigentümerin, die Beteiligte zu 2., vertreten war, wurde einstimmig eine Reihe von Eigentümerbeschlüssen gefaßt, darunter zu TOP 3 ein Beschluß über den Abschluß eines Verwaltervertrages mit der jetzigen Verwalterin mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 1993, zu TOP 8 a ein Beschluß über die Inanspruchnahme der Vorverwaltung auf Herausgabe der Verwaltungsunterlagen und auf Rechnungslegung unter Fristsetzung bis zum 15. November 1991, zu TOP 8 b ein Beschluß über die Ermächtigung der jetzigen Verwalterin zur gerichtlichen Geltendmachung der zu TOP 8 a bezeichneten Ansprüche nach ergebnislosem Fristablauf unter Beauftragung eines Rechtsanwalts, zu TOP 10 ein Beschluß über die Entziehung der Befugnis des Vorverwalters zur Führung von Rechtstreitigkeiten, zu TOP 12 ein Beschluß über die Zahlung eines monatlichen Wohngeld-Vorschusses von 250,00 DM je Wohneinheit bis zur Erstellung eines Wirtschaftsplans durch die neue Verwalterin, zu TOP 13 ein Beschluß über die wöchentliche Reinigung des Hausflures bis zum 1. OG seitens des Eigentümers der Wohneinheit Nr. … zu TOP 14 ein Beschluß über die Erneuerung des Haustürschlosses, zu TOP 14 a ein Beschluß über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten der Erneuerung des Haustürschlosses bei Verlust eines Haustürschlüssels und zu TOP 15 ein Beschluß über das Abschließen der Haustür ab 20 Uhr.
Im Zeitpunkt der Abhaltung der Eigentümerversammlung vom 5. November 1991 war die Beteiligte zu 2. hinsichtlich ihrer Wohneinheiten Nr. … und … jeweils mit der Zahlung des Wohngeldes für mehr als zwei Monate im Rückstand.
Der Antragsteller hat die Ungültigerklärung verschiedener in der Eigentümerversammlung vom 5. November 1991 gefaßter Beschlüsse begehrt, und zwar auch der Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3, 8 a, 8 b, 10, 12, 13, 14, 14 a und 15. Mit Beschluß vom 19. März 1992 hat das Amtsgericht Spandau die Nichtigkeit der unter anderem zu diesen Tagesordnungspunkten gefaßten Eigentümerbeschlüsse festgestellt. Auf die dagegen rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. hat das Landgericht durch Teil-Beschluß vom 23. Juni 1992 unter teilweiser Änderung des amtsgerichtlichen Beschlusses den Antrag auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3, 8 a, 8 b, 10, 12, 13, 14, 14 a und 15 zurückgewiesen und im übrigen sowohl durch diesen Teil-Beschluß als auch durch die Schluß-Entscheidung vom 28. August 1992 ...