Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 27.10.2004; Aktenzeichen (577) 94 Js 197/04 Ns (63/04)) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 27. Oktober 2004 wird mit der Maßgabe verworfen, daß die Kostenentscheidung in dem angefochtenen Beschluß wegfällt.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 27. Oktober 2004 den Antrag des Angeklagten, ihm gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung vom 13. Oktober 2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, "auf dessen Kosten als unbegründet verworfen". Die nach § 46 Abs.3 StPO zulässige sofortige Beschwerde des Angeklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zu Recht verworfen; er ist allerdings nicht unbegründet, sondern bereits unzulässig.
Der Senat kann offen lassen, ob die Unzulässigkeit des Antrages - wie die Generalstaatsanwaltschaft meint - schon daraus folgt, daß der am 26. Februar 2004 schriftlich zur Vertretung des Angeklagten nach § 411 Abs.2 StPO bevollmächtigte Verteidiger in der Berufungshauptverhandlung anwesend war. Richtig ist zwar, daß die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 329 Abs.3 StPO) dann nicht in Betracht kommt, wenn ein nach dem Gesetz befugter Vertreter für den Angeklagten zur Berufungshauptverhandlung erschienen war (vgl. OLG Düsseldorf StV 1985, 52). Das setzt allerdings nicht nur die Berechtigung, sondern nach einhelliger Meinung auch die Bereitschaft des Verteidigers zur Vertretung des Angeklagten voraus. Dazu läßt sich hier der Sitzungsniederschrift vom 13. Oktober 2004 nichts entnehmen, da das Landgericht sich offensichtlich auf die Prüfung der Frage beschränkt hat, ob der Angeklagte ordnungsgemäß geladen worden und sein Ausbleiben genügend entschuldigt war. Ob der Vertretungswille des Verteidigers mangels entgegenstehender Anhaltspunkte bereits aus seiner Anwesenheit geschlossen (vgl. KG, Beschluß vom 30. August 1999 - (3) 1 Ss 176/99 (78/99) -; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1998, 180; OLG Köln StV 1993, 292; BayObLG NStZ 1981, 112) oder erst bei einer entsprechenden Erklärung des Vertreters angenommen (vgl. Senat JR 1985, 343) werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung, weil der Wiedereinsetzungsantrag aus anderen Gründe unzulässig ist.
Denn der Angeklagte hat entgegen den §§ 329 Abs.3, 45 Abs.2 Satz 1 StPO die zur Entschuldigung seines Ausbleibens vorgetragenen Tatsachen nicht glaubhaft gemacht.
Eine Erkrankung - auf die er sich zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages beruft - entschuldigt das Ausbleiben nur dann, wenn sie nach ihrer Art und ihren Auswirkungen zur Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten führt oder wenn ihm aufgrund der Erkrankung eine Teilnahme an der Hauptverhandlung jedenfalls nicht zuzumuten ist (vgl. Senat, Beschluß vom 24. Juli 2002 - 4 Ws 107/02 -). Eine derartige Gesundheitsbeeinträchtigung des Angeklagten mit, wie er behauptet, starken Schmerzen und einem "Krampf an der Wirbelsäule vom Hals ab", ist durch die ärztliche Bescheinigung des Orthopäden H. vom 14. Oktober 2004 nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Denn der behandelnde Arzt hat auf Nachfrage des Landgerichts seine Angaben dahin ergänzt, daß die von ihm für den Terminstag attestierte "starke" Behinderung aufgrund eines "LWS-Schmerzsyndroms" lediglich auf Schlußfolgerungen nach einer zwei Tage zuvor erfolgten Untersuchung beruhte, der Angeklagte nicht bettlägerig oder bewegungsunfähig gewesen sei und er über dessen Gesundheitszustand am 13. Oktober 2004 nichts sagen könne. Danach ist auch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dieses Arztes vom 14. Oktober 2004, die im Beschwerdeverfahren vorgelegt worden ist, zur Glaubhaftmachung des behaupteten Entschuldigungsgrundes nicht geeignet. Vielmehr liegt die Annahme nahe, daß der Angeklagte seine Erkrankung lediglich als Vorwand nutzen will, um von einer selbst verschuldeten Versäumung der Berufungshauptverhandlung abzulenken. Denn er hatte am 14. Oktober 2004 auf der Geschäftsstelle des Landgerichts sein Ausbleiben am Vortag zunächst damit begründet, daß er den Termin verwechselt habe. Soweit er mit dem Beschwerdevorbringen eine derartige Verwechselung in Abrede stellt und den diesbezüglichen Aktenvermerk der Geschäftsstellenangestellten auf "ein sprachlich bedingtes Mißverständnis" zurückführt, ist das nicht glaubhaft. Der aus dem Iran stammende Angeklagte ist deutscher Staatsbürger, hat hier als Taxifahrer gearbeitet und vermag sich - wie die ohne Dolmetscher durchgeführte Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht und seine Eingaben zeigen - auf Deutsch in Wort und Schrift verständlich auszudrücken. Gegen die Richtigkeit des Beschwerdevorbringens spricht zudem, daß der Angeklagte das Landgericht ausgerechnet zu der für den Vortag angesetzten Terminsstunde aufgesucht hat.
Der Senat sieht keine Veranlassung, vor seiner Entscheidung den Angeklagten - wie von dem Verteidiger gewünscht - auf die unzureichende Glaub...