Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 05.11.2004; Aktenzeichen (326) 2 St Js 221/04 Ls (51/04) - 536 Qs 7/04) |
Tenor
1.
Auf die weitere Beschwerde des Rechtsanwalts Dr. ... Straße .... in Berlin, vom 25. November 2004 wird der Beschluss des Landgerichts Berlin - Wirtschaftsstrafkammer - vom 5. November 2004 aufgehoben.
2.
Die aus der Landeskasse zu erstattende Pflichtverteidigervergütung wird auf 821,28 EUR festgesetzt.
3.
Das Verfahren über die weitere Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der Beschwerdeführer meldete sich am 9. März 2004 mit Schriftsatz vom 5. März auf Grund einer schriftlichen Vollmacht vom 3. März als Wahlverteidiger des damaligen Beschuldigten zum "Ermittlungsverfahren. Nach Anklageerhebung wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in vier Fällen und Eröffnung des Hauptverfahrens legte er in der Hauptverhandlung am 13. Juli 2004 das Mandat nieder und wurde dem seit dem 23. Februar 2004 inhaftierten Angeklagten gemäß § 140 Abs. 2 StPO von dem Vorsitzenden des Schöffengerichts am gleichen Tage als Pflichtverteidiger bestellt. Der Angeklagte wurde ebenfalls am 13. Juli 2004 kostenpflichtig (§ 465 Abs. 1 Satz 1 StPO) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Mit seinem Antrag vom 13. Juli 2004 begehrte Rechtsanwalt Dr. F... die Festsetzung seiner aus der Landeskasse zu erstattenden Pflichtverteidigervergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das gemäß Art. 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenmodernisierungsgesetz -KostRMoG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 850) als dessen Art. 3 (BGB l. I, S. 788) am 1. Juli 2004 in Kraft getreten ist. Er berechnete die Vergütung nach Teil 4 (Strafsachen) - jeweils unter Berücksichtigung der Inhaftierung des Angeklagten - wie folgt:
Grundgebühr für Verteidiger, (Nr. 4100, 4101 VV RVG): |
162,00 EUR |
Verfahrensgebühr für Ermittlungsverfahren (Nr. 4104, 4105 VV RVG): |
137,00 EUR |
Verfahrensgebühr für ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht (Nr. 4106, 4107 VV) |
137,00 EUR |
Terminsgebühr (Nr. 4108, 4109 VV): |
224,00 EUR |
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (Nr. 7002 VV RVG) |
20,00 EUR |
Dokumentenpauschale für Ablichtungen, 70 Ablichtungen (Nr. 7000 Ziff. 1 a VV RVG) |
28,00 EUR |
Zwischensumme netto |
708,00 EUR |
16% Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG): |
113,28 EUR |
Rechnungsbetrag |
821,28 EUR |
Mit Beschluss vom 4. August 2004 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Amtsgerichts die Gebühren - rechnerisch richtig - auf lediglich 455,88 EUR (nicht 488,88 EUR, wie es in der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts irrtümlich heißt) fest und führte zur Begründung aus, es sei altes Gebührenrecht (BRAGO) anzuwenden. Die Erinnerung (§ 56 Abs. 1 Satz 1 RVG) des Verteidigers wies das Amtsgericht am 26. August 2004 zurück. Das Landgericht Berlin verwarf die befristete Beschwerde (§§ 56 Abs. 2 Satz 1,33 Abs. 3 Sätze 1, 3 RVG), der das Amtsgericht zuvor nicht abgeholfen hatte, mit dem angefochtenen Beschluss vom 5. November 2004, wobei es im Wesentlichen den Gründen des Beschlusses des Senats vom 20. Februar 2003 - 5 Ws 45/03 - zu § 134 BRAGO folgte. .Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ließ die Strafkammer die weitere Beschwerde gemäß § 33 Abs. 6 Satz 1 RVG zu.
II.
1.
Die zulässige (§ 33 Abs. 6 Satz 1 RVG), insbesondere gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Satz 3.RVG rechtzeitig erhobene weitere Beschwerde hat Erfolg. Die dem Beschwerdeführer aus der Landeskasse zu erstattende Pflichtverteidigervergütung ist nach dem neuen Gebührenrecht des RVG zu bemessen. Die Rechtsprechung des Senats zu § 134 BRAGO hält er für den Fall des § 61 Abs. 1 RVG nicht mehr aufrecht. Insoweit schließt er sich der Rechtsprechung des 1. Senats des Kammergerichts in dessen Beschluss vom 17. Januar 2005 - (1) 2 StE 10/03-2 (4/03) -, dem OLG Schleswig (NJW 2005, 234) sowie dem OLG Hamm (Beschluss vom 10. Januar 2005 - 2 (s) Sbd. VIII 267, 268 und 269/04 - veröffentlicht in www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/20.htm) an.
In der zuerst genannten Entscheidung hat der 1. Senat des Kammergerichts ausgeführt:
"Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG ist altes Gebührenrecht (BRAGO) weiter anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem 1. Juli 2004 erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Der Senat legt die Übergangsvorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG dahin aus, dass dann, wenn der Verteidiger vor dem 1. Juli 2004 bereits als Wahlverteidiger tätig war und an oder nach diesem Stichtag zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist, es für die Frage des anzuwendenden Gebührenrechts allein auf den Zeitpunkt der Pflichtverteidigerbestellung "
ankommt.
Wurde sie am Stichtag oder später vorgenommen, gilt neues, war sie vorher erfolgt, gilt altes Gebührenrecht. Der Gesetzestext des hinsichtlich seiner Anknüpfungsmerkmale mit § 134 Abs. 1 Satz 1 BRAGO wortgleichen § ...