Leitsatz (amtlich)
„Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes in einem die Regelung der elterlichen Sorge betreffenden Verfahren umfaßt nicht ohne weiteres eine in demselben Verfahren anhängige Umgangsregelung.”
Normenkette
BRAGO § 122
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 131 AR 120/95) |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 132 F 11.271/94) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 5. März 1996 wird zurückgewiesen.
Gründe
Das gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Rechtsmittel ist unbegründete. Die Auffassung des Amtsgerichts, daß die den Beteiligten aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung nur nach dem auf 5.000,– DM festgesetzten Wert des Verfahrensgegenstandes Regelung der elterlichen Sorge zu berechnen ist, trifft zu.
Gemäß § 122 BRAGO bestimmt sich der Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die die Prozeßkostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Der hier maßgebliche Bewilligungsbeschluß vom 15. September 1994 enthält keine ausdrückliche Angabe zum Umfang der Bewilligung. Da er keine Einschränkung enthält, andererseits aber Prozeßkostenhilfe nur im Rahmen des auf ihre Bewilligung gerichteten Antrages gewährt werden darf, kommt es auf den von der Mutter am 8. August 19 gestellten und von den Beteiligten mit Schriftsatz vom 15. August wiederholten Prozeßkostenhilfeantrag an. Diese Anträge bezogen sie ausschließlich auf die von der Hutter begehrte Regelung der elterlichen Sorge. Diese war mithin zur maßgeblichen Zeit allein Verfahrensgegenstand. Die Absicht eines Elternteils, auch den Umgang des im Sorgerechtsstreit unterliegenden Elternteils mit den Kinder zu regeln, war ebensowenig erkennbar wie ein Bedürfnis, etwa von Amts wegen eine Umgangsregelung vorzunehmen. Auf die weitere Verfahrensentwicklung kommt es nicht an. Der Senat hat hierzu in sein zur Veröffentlichung vorgesehenen Beschluß vom 23.11.1995 – 19 WF 7853/95 – ausgeführt:
Wenn auch Prozeßkostenhilfe jeweils für den Rechtszog bewilligt wird (§ 119 Satz 1 ZPO), so bedeutet das doch nicht, daß Erweiterungen und Änderungen des Verfahrensgegenstandes oder ein nicht den Verfahrensgegenstand betreffender Vergleich von der früher bewilligten Prozeßkostenhilfe umfaßt würden. Die Beiordnung in einem die Regelung der elterlichen Sorge betreffenden Verfahren umfaßt auch nicht etwa deshalb ohne weiteres die Umgangsregelung, weil es sich bei dieser um einen Bestandteil oder Annex der elterlichen Sorge handelte. Vielmehr folgt aus dem Katalog des § 621 ZPO, daß es sich um eigenständige Verfahrensgegenstände handelt, und ergibt sich ferner aus der gesetzlichen Erstreckung der Prozeßkostenhilfebewilligung für die Scheidungssache – nur – auf die Amtsfolgesachen Versorgungsausgleich und elterliche Sorge (§ 624 Abs. 2 ZPO), daß das Gesetz nicht von einer automatischen Erstreckung der Prozeßkostenhilfebewilligung für die Regelung des Sorgerechts auf die des persönlichen Umgangs ausgeht Aus dem sachlich-rechtlichen Gesichtspunkt, daß das Recht auf persönlichen Umgang mit dem Kind als Restbestandteil des Personensorgerechts angesehen wird, folgt nichts anderes: Im Gegenteil: Da die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil das Umgangsrecht des anderen als grundsätzlich unentziehbaren Restbestandteil des Personensorgerechts unberührt läßt, indiziert ein Streit über die elterliche Sorge nicht auch einen solchen über das Umgangsrecht und dessen Ausgestaltung.
Schließlich läßt sich auch aus § 122 Abs. 3 Satz 1 BRAGO kein Argument gegen die hier vertretene Auffassungen gewinnen. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Beiordnung eines Rechtsanwalts in einer Ehesache auf den Abschluß eines Vergleichs, der die Regelung von Unterhalt, elterlicher Sorge, Wohnung, Hausrat und güterrechtlicher Ansprüche betrifft. In Rechtsprechung und Schrifttum wird teilweise angenommen, daß sich diese gesetzliche Erstreckung auch auf die vergleichsweise Regelung des Umgangsrechts bezieht und zwar wegen des engen inneren Zusammenhangs mit der Personensorge für die gemeinschaftlichen Kinder (vgl. z.B. Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 13. Aufl., § 122 Rdn. 40; Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § 122 Rdn. 17; OLG Koblenz JurBüro 1980, 1048/1050; a.A. OLG Nürnberg JurBüro 1986, 1533). Ob dieser Auffassung zu folgen wäre, bedarf … keiner Erörterung. Sie könnte jedenfalls nicht auf den hier gegebenen Fall übertragen werden, daß die Eltern in einem isolierten Verfahren über die elterliche Sorge streitea. Die 1975 eingeführte Regelung des § 122 Abs. 3 Satz 1 BRAGO sollte es dem Rechtsanwalt ermöglichen, schon ab der Beiordnung für die Ehesache die mit dieser verbundenen Fragen in ihrer Gesamtheit zu sehen und einzubeziehen (vgl. Riedel/Sußbauer/Chemnitz, BRAGO, 7. Aufl., § 122 Rdn. 23). Gegenüber der Durchführung einer Ehesache mit dem sich daraus regelmäßig ergebenden umfassenden Regelungsbedarf ist die Ausgangslage eine andere, wenn das Familiengericht von vornherein ...