Entscheidungsstichwort (Thema)
Negativer Rechtsentscheid in Mietsachen: Persönliche Verhinderung des Vermieters an der Gebrauchsgewährung durch Schlüsselübergabe an den Nachmieter nach vorzeitigem Auszug des Vormieters
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage, ob die Überlassung von Schlüsseln an einen Wohnungsbewerber zum Zwecke des Ausmessens der Wohnung einem Überlassen des Mietgebrauchs gleichzusetzen ist, wenn der Wohnungsbewerber die Wohnung sodann verbotswidrig bereits bezieht.
Orientierungssatz
Ist ein Wohnungsmieter vorzeitig unter Einstellung von Mietzahlungen aus der Wohnung ausgezogen, stellt die Überlassung von Schlüsseln an einen Nachmieter zum Zwecke des Ausmessens der Wohnung ein Überlassen des Gebrauchs der Mietsache selbst dann nicht ohne weiteres dar, wenn der Nachmieter die Wohnung verbotswidrig bereits bezieht. Ob die entgegenstehende Rechtsauffassung offensichtlich unhaltbar ist, bleibt indes vorliegend dahingestellt, da der Vormieter weder ausdrücklich behauptet noch unter Beweis gestellt hat, daß der Vermieter die Wohnung vor Ablauf der Kündigungsfrist bereits weitervermietet hätte. So ist nicht dargetan, daß der Vermieter infolge einer (unterstellten) Gebrauchsüberlassung an den Nachmieter im Sinne des BGB § 552 S 3 außerstande gewesen wäre, dem Vormieter den Gebrauch der Mietsache (wieder) zu gewähren. Selbst wenn der Nachmieter gegebenenfalls verbotswidrig vorzeitig in die Wohnung eingezogen wäre, wäre der Vermieter berechtigt gewesen, die Wohnung wieder herauszuverlangen, wenn der Vormieter den Besitz wieder begehrt hätte.
Normenkette
BGB § 552 S. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 67 S 152/96) |
Tenor
Ein Rechtsentscheid ergeht nicht.
Tatbestand
I. Der Kläger mietete im Oktober 1994 von den Beklagten eine Wohnung auf unbestimmte Zeit, kündbar erstmals zum 15. Oktober 1995. Im Mai 1995 zahlte der Kläger letztmalig den vereinbarten Mietzins und zog aus der Wohnung aus.
Mit der Klage begehrt der Kläger von den Beklagten die Rückzahlung restlicher Kaution. Nach § 22 des Mietvertrages ist die Kaution drei Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses fällig. Mit der Behauptung, der Nachmieter J. sei am 1. Juli 1995 in die Wohnung eingezogen, hat der Kläger die Ansicht vertreten, daß das Mietverhältnis zum 30. Juni 1995 geendet habe. Ihm stehe deshalb die von ihm gezahlte Kaution nebst Zinsen abzüglich des für Juni 1995 geschuldeten Mietzinses zu.
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, das Mietverhältnis habe erst zum 31. Juli 1995 geendet. Sie haben sich auf den von ihnen vorgelegten Mietvertrag vom 1. August 1995 bezogen, wonach sie die Wohnung erst ab 1. August 1995 an den Nachmieter J. vermietet haben. Sie haben die ihnen nach ihrer Ansicht noch zustehende Juli-Miete mit der restlichen Kaution verrechnet und den Klageanspruch im übrigen – bis auf die Zinsforderung – anerkannt.
Das Amtsgericht hat dem Kläger den anerkannten Teil der Hauptforderung und einen Teil der Zinsforderung zuerkannt, die Klage aber im übrigen abgewiesen. Es hat die Aufrechnung der Beklagten mit ihrem Mietzinsanspruch für den Monat Juli 1995 für begründet erachtet. Die Voraussetzungen des § 552 Satz 3 BGB seien von dem Kläger nicht dargetan; es sei nicht bekannt, ob die Beklagten die Mietsache noch hätten herausfordern können. Davon abgesehen, sei die Berufung des Klägers auf diese Vorschrift als mißbräuchlich anzusehen, weil er durch sein Verhalten deutlich gemacht habe, daß er sein Gebrauchsrecht an der Mietsache nicht mehr ausüben möchte. Für anzurechnende Vorteile im Sinne von § 552 Satz 2 BGB habe der Kläger nichts vorgetragen.
Mit der Berufung, mit der der Kläger seinen Anspruch auf Rückzahlung der Restkaution weiterverfolgt, hat der Kläger Beweis für seine Behauptung angetreten, daß der Zeuge J. am 1. Juli 1995 in die Wohnung eingezogen sei. Er hat ferner – jeweils unter Beweisantritt – vorgetragen: Am 1. Juli 1995 habe der Zeuge J. der Zeugin K. gegenüber erklärt, er habe die Wohnung seit diesem Tage gemietet und hierfür alle Wohnungsschlüssel erhalten. Der Zeuge J. habe ihm, dem Kläger gegenüber schon vorher erklärt, „die BEWAG” ab Juli 1995 auf seinen Namen umgemeldet zu haben. Der Zeuge J. habe den Mietzins für Juli 1995 an die Beklagten gezahlt.
Die Beklagten haben den behaupteten Einzug des Zeugen J. zum 1. Juli 1995 und dessen angebliche Mietzinszahlung für den Monat Juli bestritten. Sie haben unter Bezugnahme auf den schriftlichen Mietvertrag mit dem Zeugen J. geltend gemacht, diesem sei erst ab 1. August 1995 erlaubt gewesen, die Wohnung zu nutzen. Der Zeuge habe auf seinen Wunsch hin vorher lediglich einen Schlüssel erhalten, damit er die Umzugsvorbereitungen (Ausmessen der Wohnung zum Bestellen und Fertigen von Gardinen und Teppichen) habe treffen können. Eine weitergehende Nutzung der Wohnung durch den Zeugen sei ihnen, den Beklagten, nicht bekannt.
Die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin hat durch Beschluß vom 16. September 1996 dem Senat folgende Rechtsfrage zum Erlaß eines Rechtsentscheides ...