Entscheidungsstichwort (Thema)

Titel gegen Firma ohne Bezeichnung des Inhabers

 

Leitsatz (amtlich)

Ist eine Partei im Vollstreckungstitel lediglich mit einer Firma bezeichnet, so gehen Zweifel an der Identität zwischen Titel- und Vollstreckungsschuldner jedenfalls dann zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers, wenn es sich um eine im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage nicht bzw. nicht mehr im Handelsregister eingetragene Firma handelt (Abgrenzung zu Senat in JR 1953, 144).

 

Normenkette

ZPO § 750 Abs. 1 S. 1, § 727 Abs. 1; HGB § 17

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 15.04.1981; Aktenzeichen 81 T 92/81)

AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 30 M 9919/80)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 20.000,– DM auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Gläubigerin nimmt den Schuldner (H… H…) persönlich aus einem Vollstreckungstitel in Anspruch, den sie aufgrund einer am 26. März 1976 erhobenen Klage gegen „die Firma H… H…, Handels- und Vertriebsberatung, Zentrale der Unternehmensgruppe der H…-Betriebe” erwirkt hat. Ausweislich des vom Schuldner vorgelegten Handelsregisterauszuges des Amtsgerichts Charlottenburg handelt es sich bei dieser Firma um die, unter der er bis zum 31. Dezember 1973 ein einzelkaufmännisches Unternehmen geführt hat. An diesem Tage trat die H… Getränke Vertriebs- und Handelsberatung GmbH in das Geschäft des Schuldners ein, und es wurde eine Kommanditistin aufgenommen. Die dadurch entstandene Kommanditgesellschaft behielt nach den handelsregisterlichen Eintragungen die Einzelhandelsfirma zunächst bei. Eine Eintragung vom 13. Mai 1975 lautet sodann dahin, daß die Firma der KG geändert sei und nunmehr „H… H… Handels- und Vertriebsberatung KG-GmbH & Co.” laute.

Auf Antrag der Gläubigerin hat das Amtsgericht nach Anhörung des Schuldners den Gerichtsvollzieher ermächtigt, zum Zwecke der Pfändung und Wegnahme die Wohnung und die Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen. Auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht den angefochtenen Beschluß aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, dem Vollstreckungstitel lasse sich nicht entnehmen, daß der Schuldner im Zeitpunkt der Klageerhebung Inhaber der im Passivrubrum bezeichneten Firma gewesen sei. Im Hinblick darauf, daß die Gläubigerin der Auflage der Kammer, dies durch Titelergänzung oder Vorlage eines Handelsregisterauszuges nachzuweisen, nicht nachgekommen sei, habe die Erstbeschwerde Erfolg. Mit der dagegen gerichteten rechtzeitigen sofortigen weiteren Beschwerde macht die Gläubigerin geltend, beklagte Partei des vorangegangenen Rechtsstreits sei der Schuldner gewesen. Das folge daraus, daß er den streitgegenständlichen Liefervertrag mit seinem Namen unter Beifügung eines Firmenstempels unterzeichnet habe, der dem Passivrubrum des Vollstreckungstitels entspreche. Auch müsse berücksichtigt werden, daß der Kern dieser Firma mit dem Namen des Schuldners identisch sei.

Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde zulässig, insbesondere statthaft. Da das Amtsgericht dem Vollstreckungsbegehren stattgegeben, das Landgericht demgegenüber die Durchsuchungsermächtigung aufgehoben hat, ist ein neuer selbständiger Beschwerdegrund im Sinne von § 568 Abs. 2 ZPO gesetzt.

Das Rechtsmittel ist jedoch in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht die Auffassung vertreten, die Gläubigerin könne aus dem Urteil des Landgerichts Kiel vom 22. Oktober 1979 zumindest derzeit nicht gegen den Schuldner vollstrecken lassen. Seine Identität mit der im Vollstreckungstitel bezeichneten beklagten Partei läßt sich nicht hinreichend feststellen.

Ein Titel, der gegen eine Firma ergeht, richtet sich nicht gegen die Firma als solche, sondern gegen ihren Inhaber. Die Firma ist kein Rechtssubjekt, sondern nur der Name des Kaufmanns im Handelsverkehr (§ 17 HGB). Partei ist daher derjenige, der zum Zeitpunkt der Klageerhebung Inhaber der Firma war (RGZ 86, 63/65; 159, 337/350; Senat JR 1953, 144; OLG München NJW 1971, 1615). Dabei steht nach der heute fast einhellig vertretenen, vom Senat geteilten Auffassung der Durchführung der Zwangsvollstreckung gegen den Inhaber nicht entgegen, daß dieser im Vollstreckungstitel nur unter seiner Firma bezeichnet ist, es also an der zusätzlichen Angabe des Firmeninhabers fehlt (Senat a.a.O.; Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, 20. Aufl., § 727 Rdn. 33; Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, 13. Aufl. 1981, § 41 II, 3; Eickmann Rpfleger 1968, 382/383).

Hier läßt sich indessen nicht feststellen, daß die im Passivrubrum des Vollstreckungstitels genannte Firma im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit vom Schuldner geführt worden ist. Anhaltspunkte dafür können naturgemäß nicht allein daraus gewonnen werden, daß sein Name kennzeichnender Firmenbestandteil ist. Aus dem Kennzeichnungswert der Firma, insbesondere der rechtlichen Möglichkeit, eine abgeleitete Firma zu benutzen (vgl. § 22 HGB), folgt ohne weiteres, daß es grundsätzlich nur auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Firma, nicht de...

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