Leitsatz (amtlich)
1. Die Notwendigkeit der Mitwirkungshandlung ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium für die Beantwortung der Frage, ob ein Auftrag im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG erteilt worden ist.
2. Erteilt ein Beteiligter in einem Zeitpunkt, in dem ein weiterer Beteiligter bereits den Notar beauftragt und der Notar beiden einen Vertragsentwurf übersandt hatte, einen eigenen Beurkundungsauftrag, gilt für das Beurkundungsverfahren und damit auch für diesen später hinzutretenden Beteiligten einheitlich die höhere Gebühr gemäß Nr. 21302 bis 21304 GNotKG.
Normenkette
GNotKG § 29 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 18.03.2020; Aktenzeichen 80 OH 263/19) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 18. März 2020 - 80 OH 263/19 - abgeändert und der Nachprüfungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller beabsichtigte, über einen Makler seine Wohnung zu verkaufen. Eine Kaufinteressentin initiierte beim Antragsgegner die Erstellung eines Kaufvertragsentwurfs. Diesen übermittelte der Antragsgegner unter dem 15. Oktober 2019 an die potentiellen Vertragsparteien per E-Mail und bedankte sich für den Beurkundungsauftrag. Speziell an den Antragsteller gerichtet erbat er die Übermittlung unter anderem näherer Angaben zur mitverkauften Einbauküche und noch weiterer die Wohnungseigentümergemeinschaft betreffender Unterlagen; ferner bat er um Angabe einer Kontoverbindung des Antragstellers, auf die der Kaufpreis gezahlt werden solle. Der Antragsteller bedankte sich mit E-Mail vom 16. Oktober 2019 für die Übersendung des Entwurfs und kündigte an, sich in den nächsten Tagen intensiv mit dem Entwurf auseinandersetzen zu wollen; ferner übermittelte er - soweit vorhanden - einen Teil der vom Antragsgegner erbetenen Informationen. Mit E-Mail vom 25. Oktober 2019 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller und der Kaufinteressentin mit, dass er den Vertragsentwurf um einen Passus ergänzt habe. Mit E-Mail vom 26. Oktober 2019 teilte die Kaufinteressentin dem Antragsgegner mit: "... wir haben uns auf Mittwoch, den 20.11.2019 um 13:30 Uhr geeinigt und werden uns dann bei Ihnen ... treffen." Diese E-Mail sandte die Kaufinteressentin zugleich in Kopie ("cc") an den Makler und den Antragsteller.
In der Folgezeit nahm der Antragsteller von einem Verkauf Abstand, worüber diese den Antragsgegner in Kenntnis setzte. Jener erteilte dem Antragsteller daraufhin unter dem 22. November 2019 die den Gegenstand dieses Verfahrens bildende Kostenberechnung Nummer 221/19 über 1.900,10 Euro.
Das Landgericht hat mit hier angegriffenem Beschluss vom 18. März 2020 die Kostenberechnung des Antragsgegners aufgehoben.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner und beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 18. März 2020 zu 80 OH 263/19 aufzuheben und die Kostenbeschwerde des Antragstellers vom 18. Dezember 2019 zurückzuweisen.
Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen.
II. Die nach §§ 127, 130 III 1 GNotKG i. V. m. §§ 63, 64 FamFG zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Der Antragsteller schuldet dem Antragsgegner die mit der Notarkostenberechnung vom 22. November 2019 geltend gemachten Gebühren für ein vorzeitig beendetes Beurkundungsverfahren (KV Nr. 21302) in Höhe von 1.900,10 Euro. Der Antragssteller ist Kostenschuldner im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG (1), und der Gebührentatbestand der KV Nr. 21302 ist erfüllt (2). Gegen die Höhe der Gebührenrechnung bestehen keine Bedenken (3.).
1. Der Antragsteller ist Kostenschuldner im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG.
Nach dieser Vorschrift ist Kostenschuldner, wer dem Notar den Auftrag erteilt oder den Antrag gestellt hat. Unter dem Begriff des Auftrags ist jedes an den Notar gerichtete Ansuchen zu verstehen, das auf die Vornahme einer notariellen Amtstätigkeit gerichtet ist. Einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf es nicht. Der Beurkundungsauftrag kann auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Maßgeblich ist, ob das Verhalten für den Notar nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte den Schluss zulässt, es werde ihm ein Auftrag mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt; dies kann nur unter Heranziehung und Wertung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2017 - V ZB 79/16 - juris Rn. 6 m.w.N.).
Hier kommt es nicht darauf an, dass der Antragsteller keinen ausdrücklichen Auftrag zur Einleitung des Beurkundungsverfahrens erteilt und der Makler schon nach dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners - wenn überhaupt - im Namen der Kaufinteressentin, nicht aber des Antragstellers gehandelt hat.
Eines ausdrücklichen Auftrages - sei es im eigenen Namen oder durch einen Stellvertreter - bedarf es auch nicht. Der Beurkundungsauftrag kann vielmehr auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Ob das Verhalten eines Beteiligten die Annahme eines schlüssig erte...