Leitsatz (amtlich)
Streitwert für isolierte Klage auf Herausgabe ärztlicher Behandlungsunterlagen
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 6 O 264/17) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Beklagten vom 20. Februar 2018 gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Berlin vom 14. Februar 2018 - 6 O 264/17 - wird zurückgewiesen.
2. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Kläger hat von dem Beklagten, seinem behandelnden Orthopäden, die Herausgabe von Behandlungsunterlagen verlangt.
Er ließ sich am 26. Januar 2017 und am 13. Februar 2017 wegen Schmerzen in der linken Schulter und im Rücken von dem Beklagten behandeln. Am 22. Februar 2017 wurde bei ihm ein subkutaner Abszess mit entzündlicher Weichteilinduration diagnostiziert. Es folgte eine Operation. Er leidet weiterhin an Schmerzen und ist seit 25 Wochen arbeitsunfähig.
Der Kläger geht von einem Behandlungsfehler aus und hat den Wert eines in Betracht kommenden Haftungsprozesses vorläufig mit 30.000,00 Euro beziffert.
Nachdem er den Beklagten vorprozessual zunächst erfolglos auf Herausgabe der Patientenunterlagen in Anspruch genommen hatte, reichte dieser nach Klageerhebung die betreffenden Unterlagen zu den Akten. Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht hat dem Beklagten die Prozesskosten auferlegt und den Streitwert der isolierten Herausgabeklage mit Beschluss vom 14. Februar 2018 auf 6.000,00 Euro (1/5 des veranschlagten Wertes der Hauptsache) festgesetzt.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Beschwerde.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Wert der isolierten Klage auf Herausgabe von Patientenunterlagen mit Recht in Höhe eines Bruchteils des voraussichtlichen Hauptsachewertes von 1/5 festgesetzt.
Der Wert einer isolierten Auskunftsklage richtet sich nach dem Interesse des Klägers an der Auskunftserteilung und beträgt in der Regel einen Bruchteil desjenigen des Hauptsacheanspruchs, dessen Geltendmachung die Auskunft erleichtern soll (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2006 - IV ZR 195/04 -, juris; Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, Anh I § 48 GKG (§ 3 ZPO), Rn. 24, Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 3 Rn. 16 "Auskunft").
In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte werden verschiedene Werte eines isoliert geltend gemachten Anspruchs auf Herausgabe von Patientenunterlagen gemäß § 630 g BGB angenommen (vgl. auch Hartmann, Kostengesetze a. a. O. Rn. 68, "Herausgabe Behandlungsunterlagen"; Zöller a. a. O Rn., "Herausgabeklagen - Patientenkartei"). Das OLG München schlägt eine Wertspanne zwischen 1/4 und 1/10 des Hauptsacheanspruchs vor, wobei maßgeblich sein soll, in welchem Maß die Durchsetzbarkeit des Anspruchs von der Vorlage der Unterlagen abhängt (OLG München, Beschluss vom 06. Juni 2011 - 1 W 953 -, juris, Rn. 7; Beschluss vom 02. März 2012 - 1 W 357/12 -, juris, Rn. 3). Das OLG Köln geht in einer etwas älteren Entscheidung von einem grundsätzlich angemessenen Wert von nur 1/10 des Wertes des beabsichtigten Schadensersatzprozesses aus, wobei in dem zu beurteilenden Fall die Besonderheit bestand, dass Teile der Behandlungsunterlagen bereits vorgerichtlich an die dortige Klägerin herausgegeben worden waren, weshalb sie auf die übrigen Unterlagen nicht gesteigert angewiesen war (OLG Köln, Beschluss vom 16. November 2009 - 5 W 32/09 -, juris, Rn. 3). Das OLG Nürnberg (Beschluss vom 19. April 2010 - 5 W 620/10 -, juris, Rn. 8, 10, 12) und ihm folgend das OLG Frankfurt (Beschluss vom 19. November 2015 - 8 U 16/15 -, juris, Rn. 20) halten ausgehend von dem wirtschaftlichen Interesse des Herausgabeberechtigten unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Fallumständen einen Wert von 1/5 (20 %) regelmäßig für angemessen. Das OLG Nürnberg verweist auf die typischerweise hohe Bedeutung, die das Vorhandensein ebenso wie das Fehlen ärztlicher Behandlungs- und Patientenunterlagen sowohl für den Nachweis der ärztlichen Aufklärung als auch denjenigen einer regelgerechten ärztlichen Behandlung hat, und hält geringere Bruchteile wie 10 % oder weniger für die Bewertung des Interesses des jeweiligen Patienten regelmäßig für unangemessen niedrig (OLG Nürnberg a. a. O Rn. 10 f.,16). Das LG Hagen (Urteil vom 11. August 2010 - 2 O 170/10 -, juris, Rn. 27) hält sogar ohne weitere Begründung einen Wert von 1/4 desjenigen des Hauptsacheverfahrens für angemessen.
Nach der Rechtsprechung des Senats kommt einer Klage auf Herausgabe der Patientenunterlagen, die gleichzeitig mit einer Schadensersatzklage erhoben wird, kein oder nur ein sehr geringer Wert zu, weil das Herausgabebegehren gegenüber dem Hauptsachebegehren keine selbständige Bedeutung hat. In Arzthaftungsprozessen sind die Patientenunterlagen ohnehin von Amts wegen beizuziehen (Senatsbeschluss vom 01. Dezember 2016 - 20 W 67/16 -, juris).
Hinsichtlich einer isolierten Klage auf Herausgabe der Patientenunterlagen schließt sich der Senat der zitierten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Nürnb...