Leitsatz (amtlich)
Zu den Indizien, die in ihrer Gesamtschau die Feststellung eines gestellten Unfalls rechtfertigen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 45 O 88/15) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wird zurückgewiesen.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.
Gründe
1. Der Senat ist einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung auf der Grundlage des gemäß § 529 ZPO i.V.m. § 531 ZPO in der Berufungsinstanz noch zu berücksichtigenden Vorbringens der Parteien offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nach mündlicher Verhandlung nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung auch nicht aus sonstigen Gründen geboten ist.
Das Landgericht hat die Klage mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen. Gemäß § 529 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die von der ersten Instanz festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Letzteres ist hier nicht der Fall.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Landgericht unter Würdigung des gesamten Sach- und Streitstandes, auch der persönlichen Anhörung und des aus dieser gewonnenen persönlichen Eindrucks der Parteien, gemäß § 286 ZPO gebildete und in den Urteilsgründen ausführlich niedergelegte Überzeugung, dass hier von einem gestellten Unfall auszugehen ist, unzutreffend ist.
Das Landgericht ist von zutreffenden Grundsätzen ausgegangen. Dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls obliegt es, die Verursachung des geltend gemachten Schadens durch das gegnerische Fahrzeug darzutun und zu beweisen. Ferner hat er das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen. Eine Haftung des Schädigers, Halters des gegnerischen Fahrzeugs und des Haftpflichtversicherers entfällt aber, wenn es sich bei dem Schadensereignis um einen verabredeten Unfall gehandelt hat. In diesem Fall scheitert ein Ersatzanspruch an der Einwilligung des Geschädigten. Den Nachweis, dass ein vorgetäuschter Unfall vorliegt, hat grundsätzlich der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu führen. Die ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen, die für eine Manipulation spricht, gestattet im Rahmen der umfassenden Würdigung des Streitstoffes gemäß § 286 ZPO eine entsprechende Feststellung (grundlegend BGHZ 71, 339 = VersR 1978, 242 = NJW 1978, 2154; VersR 1979, 514 für Anscheinsbeweis; seitdem ständige Rechtsprechung, z.B. KG NZV 2003, 87; OLG Hamburg NJW-RR 2011, 176). Die Überzeugungsbildung setzt dabei keine mathematisch lückenlose Gewissheit voraus, sondern lediglich eine Gewissheit, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet (BGHZ 71, 339).
Für die erforderliche Überzeugungsbildung eines manipulierten Unfalls kommt es auch nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und/oder ihrer äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden müssen; entscheidend ist vielmehr stets die Werthaltigkeit der Beweisanzeichen in der Gesamtschau, also nicht die isolierte Würdigung der einzelnen Umstände (KG NZV 2008, 153). Der Beweis für einen fingierten Unfall ist daher geführt, wenn sich der "Unfall" als letztes Glied einer Kette gleichförmiger Geschehnisse darstellt, ohne dass sich die festgestellten Gemeinsamkeiten noch durch Zufall erklären ließen. Das gilt auch dann, wenn in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden könnten (KG a.a.O; Beschluss vom 26. März 2009 - 12 U 126/08, VRS 118, 99; OLG Karlsruhe MDR 2007, 1019).
In Anwendung dieser Grundsätze ist das Landgericht mit überzeugender Begründung zu der Überzeugung gelangt, dass es sich vorliegend um einen gestellten Unfall handelt. Dafür sprechen folgende Indizien:
Die Unfallschilderung des Beklagten zu 1) ist, wie vom Landgericht ausführlich begründet, wenig plausibel. Ebenso wenig nachvollziehbar ist, dass er sich um das Fahrzeug, das nach seiner Schilderung durch seine Fahrweise sein Ausweichmanöver provoziert hat, in keiner Weise gekümmert hat, z.B. durch eine Nachschau, den Versuch über Zeugen Informationen zu dem Fahrzeug zu erhalten usw. Schließlich ist auch das vom Landgericht als unbeteiligt beschriebene Verhalten des Beklagten bei seinen Anhörungen vor dem Landgericht auffällig.
Das Fahrzeug des Beklagten zu 1) war vollkaskoversichert und der Unfall für den Fahrer kaum gefahrenträchtig, was sowohl die finanziellen als auch die gesundheitlichen Risiken für den Beklagten zu 1) überschaubar machte.
Für den behaupteten Unfall gibt es keine unabhängigen Zeugen, was ebenfalls für einen manipulierten Unfall typisch ist (vgl. KG, Beschluss vom 26. März 2009 - 12 U 126/08, VRS 118...