Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 601/05) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 ZPO).
2. Die Klägerinnen erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden.
Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrundezulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
1. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrundezulegen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.
a) Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszuges bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht, vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen (so KG, Urt. v. 11.3.2004 - 12 U 285/02, KGReport Berlin 2004, 382 = DAR 2004, 387 = VRS 106, 443 = NZV 2004, 632; Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02, KGReport Berlin 2004, 269; vgl. dazu allgemein BGH, Urt. v. 9.3.2005 - VIII ZR 266/03, MDR 2005, 945 m. Anm. Fellner = BGHReport 2005, 864 m. Anm. Heßler = NJW 2005, 1583).
§ 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze und ausnahmsweise gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. So darf er beispielsweise einer Partei mehr glauben als einem beeideten Zeugen oder trotz mehrerer bestätigender Zeugenaussagen das Gegenteil einer Beweisbehauptung feststellen (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 286 Rz. 13).
Die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung hat das Gericht nachvollziehbar im Urteil darzulegen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes einzelne Parteivorbringen und Beweismittel ausführlich einzugehen; es genügt, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2006, § 286 Rz. 3, 5; KG, Urt. v. 12.1.2004 - 12 U 211/02, KGReport Berlin 2004, 291 = DAR 2004, 223 = VRS 106, 189 = VersR 2004, 799).
Da sich das LG an diese Regeln gehalten hat, ist seine Beweiswürdigung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
b) Der Senat hat auch keine Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen, sondern folgt der Beweiswürdigung des LG auch inhaltlich.
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen auf S. 2 der Berufungsbegründung ist nicht stets maßgeblich die zeitlich nächste Erklärung eines Zeugen.
Es gibt nämlich keine Beweisregel, die den Richter zwingt, die zeitlich nächste Erklärung eines Zeugen für allein maßgeblich und überzeugend zu halten, wenn der Zeuge diese Erklärung neun Tage nach dem Geschehen zurückzieht und dies nachvollziehbar erklärt.
So liegt der Fall hier: Der Zeuge L. hat vor dem LG am 20.2.2006 erklärt, er könne nicht sagen, ob seine erste Äußerung nach dem Unfall (24.4.2005), der Fahrer des Porsche der Klägerin sei bei Grünlicht in die Kreuzung eingefahren, auf einer tatsächlichen Beobachtung beruhte und er könne auch die Farbschaltung der Ampel nicht angeben. Bereits am 12.5.2005 hatte er eine entsprechende Erklärung ("nachdem er jedoch noch einmal genau überlegt habe, sei ihm bewusst geworden, dass er die Signalgebung der Ampel gar nicht beobachtet habe. Er könne, wie auch schon schriftlich geäußert, dazu keine präzisen Angaben machen.") telefonisch ggü. dem Polizeibeamten Sch. abgegeben (Vermerk Bl. 18 der Akten 134 PLs 2227/05 Ve der Amtsanwaltschaft Berlin); zuvor hatte er am 3.5.2005 (neun Tage nach dem Unfall am 24.4.2005) ggü. der Polizeibehörde schriftlich erklärt "zur Ampelschaltung kann ich keine präzisen Angaben machen ..." (Beiakten Bl. 16).
Zwar ist es möglich, dass - wie die Klägerinnen auf S. 2 der Berufungsbegründung ausführen - die Erinnerung des Zeugen in der Zeit zwischen dem Unfall am 24. April und seiner schriftlichen Erklärung am 3.5.2005 verblasst sein kann. Diese Möglichkeit ist jedoch keine sichere Tatsache.
Wäre die Erinnerung des Zeugen verblasst, wäre auch zu erwarten gewesen, dass der Zeuge dies selbst so erklärt und konsequenter Weise seine ersten Angaben vom Unfalltage als richtig bezeichnet. Dies hat der Zeuge L. jedoch nicht getan, obwohl es für ihn die einfachste Verhaltensweise gewesen wäre. Im Gegenteil hat er selbst bezweifelt, dass er die Ampelschaltung am Unfalltag tatsächlich wahrgenommen hat, und zwar bereits in seiner schriftlichen Erklärung ggü. der Polize...