Leitsatz (amtlich)
Ein vor mehreren Jahren in notarieller Form geschlossener Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist zum Nachweis einer von dem gesetzlichen Regelfall abweichend vereinbarten Vertretungsmacht im Verfahren vor dem Grundbuchamt nicht geeignet.
Normenkette
GBO §§ 19-20, 29; BGB §§ 709, 714
Tenor
Die Beschwerde wird bei einem Wert in Höhe von 5.000,00 EUR zurückgewiesen.
Gründe
1. Die Beschwerde ist zulässig. Beschwerdeführer sind sämtliche Beteiligte, weil der Notar nicht angegeben hat, in wessen Namen das Rechtsmittel erhoben worden ist. In einem solchen Fall gelten als Beschwerdeführer sämtliche Antragsberechtigte im Sinne von § 13 Abs. 1 S. 2 GBO, wenn sich, wie hier, aus den Umständen nichts anderes ergibt (BGH, NJW 2010, 3300, 3302; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 15, Rdn. 20).
2. Das Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die angefochtene Zwischenverfügung ist im Ergebnis zu Recht ergangen, weil dem Vollzug der mit Schriftsatz des Notars vom 26. Mai 2017 gestellten Anträge Hindernisse entgegenstehen, die aber rückwirkend beseitigt werden können, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.
a) Im Falle der Auflassung eines Grundstücks darf die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist, § 20 GBO. Die Einigung muss von den Vertragsparteien nicht persönlich abgegeben, sondern kann auch von Vertretern erklärt werden. In diesem Fall ist dem Grundbuchamt die Vertretungsmacht des Vertreters - in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO - nachzuweisen (Senat, Beschluss vom 13. März 2012 - 1 W 542/11 - FGPrax 2012, 145, 146; Beschluss vom 3. November 2011 - 1 W 495/10 - FGPrax 2012, 7). Hieran mangelt es vorliegend. Die von den Beteiligten bei dem Grundbuchamt eingereichten Urkunden erbringen nicht den Nachweis für eine wirksame Bevollmächtigung der Beteiligten zu 1, auch im Namen der Beteiligten zu 2 die Auflassung des im Beschlusseingang bezeichneten Wohnungs- und Teileigentums zu erklären.
aa) Die von der Beteiligten zu 1 in Anspruch genommene Vollmacht ist ihr zur UR-Nr. 3... ... /2... des Notars Dr. J... B... in I... von der damals noch in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verfassten Beteiligten zu 2 erteilt worden. Für diese handelten lediglich zwei ihrer vier Gesellschafter, die sich dabei auf eine vom gesetzlichen Regelfall der Gesamtvertretung, vgl. 709 Abs. 1, 714 BGB, abweichende gesellschaftsvertragliche Regelung beriefen. Tatsächlich war der UR-Nr. 3... /2... die auszugsweise Ausfertigung der UR-Nr. 3... /2... des Notars Dr. J... B... in I... beigefügt, mit der die vier Gesellschafter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet hatten und die in § 6 Regelungen zur Geschäftsführung und Vertretung durch jeweils zwei Geschäftsführer gemeinsam enthält. Damit ist aber in grundbuchtauglicher Form die Vertretungsberechtigung der beiden zur UR-Nr. 3... /2... handelnden Gesellschafter nicht nachgewiesen.
bb) Dem steht nicht entgegen, dass im Anwendungsbereich des § 20 GBO nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2011, 1958), der sich der Senat zwischenzeitlich angeschlossen hat (vgl. Beschluss vom 14. Juli 2011 - 1 W 193/11 - MDR 2011, 1368), bei der Eintragung von Rechten für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegenüber § 29 GBO Nachweiserleichterungen bestehen. Danach genügt es, wenn die Gesellschaft und ihre Gesellschafter in der notariellen Auflassungsverhandlung benannt sind und die für die Gesellschaft Handelnden erklären, dass sie deren alleinige Gesellschafter sind (BGH, a.a.O., 1959f.).
Dies setzt jedoch den gesetzlichen Regelfall der aus der gemeinschaftlichen Geschäftsführung der Gesellschafter, § 709 Abs. 1 BGB, folgenden Gesamtvertretung der Gesellschaft, § 714 BGB, voraus. Berufen sich die Gesellschafter auf eine hiervon abweichende Vertretungsbefugnis, ist diese in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO nachzuweisen (Senat, Beschluss vom 8. März 2011 - 1 W 99-100/10 - juris; OLG München, FGPrax 2011, 229, 230; NJW-RR 2010, 888, 890; OLG Celle, MDR 2013, 770, 771; Demharter, a.a.O.; § 47, Rdn. 30.1; Kral, in: Hügel, GBO, 3. Aufl., Gesellschaftsrecht, Rdn. 30; Böttcher, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., Einl E, Rdn. 243)
cc) Der Nachweis der Vertretungsbefugnis der zur UR-Nr. 3... /2... handelnden Gesellschafter der Erwerberin kann durch den auszugsweise vorliegenden notariellen Gesellschaftsvertrag vom 9. Mai 2011 nicht erbracht werden.
(1) Allerdings wird dies in der Literatur zum Teil bejaht. Durch die Vorlage eines der Form des § 29 Abs. 1 GBO entsprechenden Gesellschaftsvertrags werde analog § 172 BGB der Rechtsschein der Vertretungsmacht der für die Gesellschaft Handelnden begründet, was zum Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt ausreiche (Böttcher, a.a.O.; Lautner, DNotZ 2009, 650, 661; Keller, in: Keller/Munzig, Grundbuchrecht, 7. Aufl., § 47 GBO, Rdn. 26; Knothe, in: Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., § 29, Rdn. 39i; a.A. Kral, a.a.O.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 4265; Hertel, DNotZ...