Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 04.07.2017; Aktenzeichen (362 OWi) 3042 Js-OWi 6109/17 (537/17)) |
Tenor
Auf Antrag des Betroffenen wird ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung der Rechtsbeschwerdeanträge und deren Begründung gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 4. Juli 2017 gewährt.
Der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 28. August 2017 ist gegenstandslos.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgericht Tiergarten vom 4. Juli 2017 wird nach § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten des Wiedereinsetzungsantrages und seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 200,- Euro verurteilt und ihm gemäß § 25 Abs. 1 StVG für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am xxx gegen xxx Uhr in xxx xxx am Steuer des PKWs mit dem amtlichen Kennzeichen xxx die xxx xxx in Richtung Norden. Vor der Anschlussstelle xxx fuhr der Betroffene aus Unachtsamkeit mit einer gemessenen Geschwindigkeit von 125,14 km/h, obwohl im dortigen Bereich die zulässige Höchstgeschwindigkeit mit Zeichen 274 auf 80 km/h beschränkt war. Die Geschwindigkeit wurde durch ein Polizeifahrzeug, das mit der Geschwindigkeitsmessanlage Provida 2000 Modular ausgerüstet war, gemessen. Nach Abzug einer zehnprozentigen Messtoleranz errechnete die Polizei eine Geschwindigkeit für das Fahrzeug des Betroffenen von 112 km/h auf einer Wegstrecke von 422 m.
Gegen dieses am 4. Juli 2017 verkündete Urteil hat der Betroffene form- und fristgemäß Rechtsbeschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat dem Verteidiger die Urteilsgründe am 25. Juli 2017 zugestellt. Mit Beschluss vom 28. August 2017 hat es die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen, da die Beschwerdeanträge nicht rechtzeitig bei Gericht eingegangen seien und hat diese Entscheidung dem Verteidiger am 5. September 2017 zugestellt. Mit am 7. September 2017 bei Gericht eingegangenem Verteidigerschriftsatz hat der Betroffene Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 4. Juli 2017 beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass es sich bei der Fristversäumnis um ein Versehen des Verteidigers gehandelt habe. Dieses sei ihm, dem Betroffenen, nicht zuzurechnen. Mit demselben Schriftsatz wurde die Rechtsbeschwerde begründet und (noch) schlüssig zum Ausdruck gebracht, dass der Betroffene die Aufhebung des Urteils begehrt.
II.
1. Dem Betroffenen ist auf seinen Antrag gemäß §§ 44, 45 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist nach § 345 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG zur Anbringung der Rechtsbeschwerdeanträge und ihrer Begründung zu gewähren.
Der Antrag ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG innerhalb einer Woche nach Kenntnisnahme von der Fristversäumnis und somit rechtzeitig gestellt worden. Ebenfalls innerhalb dieser Wochenfrist nach Wegfall des Hindernisses hat der Betroffene über seinen Verteidiger gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m.
§ 46 Abs. 1 OWiG die Rechtsbeschwerde begründet. Dass die Ausführungen in dem Schriftsatz vorrangig der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags dienen sollten, ist ebenso unschädlich wie das Fehlen eines eindeutigen Rechtsbeschwerdeantrags (vgl. OLG Oldenburg StRR 2009, 282; Senat, Beschluss vom 24. Oktober 2016 - 3 Ws (B) 504/16 - und VRS 129, 15). Auch ohne eindeutig gestellten Antrag kommt das auf die Aufhebung des gesamten Urteils und Zurückverweisung der Sache gerichtete Anfechtungsziel hier gerade noch ausreichend zum Ausdruck.
Ferner hat der Betroffene über seinen Verteidiger einen Sachverhalt vorgetragen und glaubhaft gemacht, der ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden des Betroffenen ausschließt. Denn nach dem anwaltlich versicherten Vortrag des Verteidigers hat dieser die Rechtsanwaltsgehilfin angewiesen, die notierte Rechtsmittelbegründungsfrist zu streichen. Anschließend hat er die Fertigung der Rechtsbeschwerdebegründung versäumt. Dieses Versehen des Verteidigers ist dem Betroffenen nicht zuzurechnen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 60. Aufl., § 44 Rn. 18).
2. Da keine Säumnis vorliegt, ist der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 28. August 2017 gegenstandslos (vgl. Gericke in KK, StPO 7. Aufl., § 346 Rn. 29).
3. Die Rechtsbeschwerde, mit der der Betroffene - nach Auslegung seines Vortrages - die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat keinen Erfolg.
a) Die vom Betroffenen erhobene Verfahrensrüge, das Gericht habe zu Unrecht den Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens abgelehnt, ist berei...