Leitsatz (amtlich)
Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist in einem Verfahren zur Durchsetzung ihrer Beitragsforderungen ggü. einem säumigen Wohnungseigentümer beteiligungsfähig und - unbeschadet der Regelung in § 43 Abs. 4 WEG - alleinige Auftraggeberin des Verfahrensbevollmächtigten. Diesem erwächst keine Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 RVG-VV.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 13.02.2006; Aktenzeichen 82 T 32/06) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 82 des LG Berlin vom 13.2.2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 373,52 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zugelassene sofortige weitere Beschwerde ist statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit auch in Wohnungseigentumssachen (§ 43 Abs. 1 WEG) findet die sofortige weitere Beschwerde gem. §§ 27, 29 Abs. 2 FGG dann gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts im Kostenfestsetzungsverfahren statt, wenn das Beschwerdegericht sie entsprechend § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugelassen hat. Für das Kostenfestsetzungsverfahren gelten nach § 13a Abs. 3 FGG die Vorschriften der §§ 103 ff. ZPO entsprechend. Dabei verweist § 13a Abs. 3 FGG auch auf die Regelungen zur Statthaftigkeit von Rechtsmitteln gegen gerichtliche Entscheidungen, so dass das Zulassungserfordernis nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu beachten ist (BGH v. 30.9.2004 - V ZB 16/04, BGHReport 2005, 131 = MDR 2005, 56 = NJW 2004, 3412; BayObLG v. 28.8.2002 - 3 Z BR 121/02, NJW-RR 2002, 1726; v. 13.6.2003 - 3Z BR 102/03, NJW-RR 2004, 72).
Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zutreffend ist das LG zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Verfahrensgebühr für den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht nach Nr. 1008 RVG-VV erhöht hat.
Das LG hat ausgeführt, dass der Verfahrensbevollmächtigte nicht - wie von Nr. 1008 RVG-VV vorausgesetzt - mehrere Auftraggeber gehabt habe. Antragstellerin sei die Wohnungseigen-tümergemeinschaft gewesen, die nach der Entscheidung des BGH v. 2.6.2005 - V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = BGHReport 2005, 1090 m. Anm. Jennißen = NJW 2005, 2061 als teilrechtsfähig anzusehen sei. Der BGH habe ausdrücklich die Teilrechtsfähigkeit bejaht, wenn - wie hier - die Wohnungseigentümer-gemeinschaft im Innenverhältnis gemeinschaftliche Beitragsansprüche gegen einzelne Wohnungseigentümer verfolge. Die Anwendung dieser Entscheidung scheitere auch nicht in zeitlicher Hinsicht, weil die Entscheidung des BGH allgemein spätestens im Monat August 2005 bekannt geworden sei und der Antrag der Antragstellerin vom 1.9.2005 datiere.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Sie verstoßen insb. nicht gegen § 43 Abs. 4 WEG, worauf die Begründung der weiteren Beschwerde abhebt. Wenn § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG bestimmt, dass in allen Fällen von Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander sämtliche Wohnungseigentümer Beteiligte am Verfahren sind, so ist dem zwar zu entnehmen, dass alle Wohnungseigentümer zwecks Wahrung ihrer Rechte von sich aus am Verfahren teilnehmen können oder vom Gericht hinzugezogen werden (Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., Vor §§ 43 ff. Rz. 65; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 6 Rz. 5). Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass die Miteigentümer nur als Einzelpersonen am Wohnungseigentumsverfahren beteiligt werden können und eine Beteiligung der Wohnungseigentümergemeinschaft als solche von Gesetzes wegen ausgeschlossen sein soll. Vielmehr ist die Partei- und Beteiligungsfähigkeit der Wohnungseigen-tümergemeinschaft hinsichtlich der das Verwaltungsvermögen betreffenden Forderungen und Verbindlichkeiten die verfahrensrechtliche Konsequenz der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGH v. 2.6.2005 - V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = BGHReport 2005, 1090 m. Anm. Jennißen = NJW 2005, 2061 [2065]; OLG München v. 13.7.2005 - 34 Wx 61/05, NJW-RR 2005, 1326). Denn die Beteiligtenfähigkeit, die der Parteifähigkeit im Zivilprozess entspricht (Niedenführ/Schulze, a.a.O., Vor §§ 43 Rz. 72; Jansen, WEG, 7. Aufl., § 13 Rz. 2), folgt aus der Rechtsfähigkeit (§ 50 Abs. 1 ZPO). Tritt aber die Wohnungseigentümergemeinschaft in einem Verfahren zur Durchsetzung ihrer Beitragsforderungen zum gemeinschaftlichen Vermögen als Antragstellerin auf, ist § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG Genüge getan. Denn mit der Wohnungseigentümergemeinschaft als Antragstellerin und dem in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer als Antragsgegner sind alle Mitglieder der Gemeinschaft, mithin sämtliche Wohnungseigentümer am Verfahren beteiligt und in der Lage, ihre Rechte zu wahren.
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das LG auch...