Entscheidungsstichwort (Thema)
Eine außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit im Verfahren über den Kostenansatz
Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren über den Kostenansatz ist eine außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit nicht statthaft.
Normenkette
GKG §§ 66, 69a
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 82 T 475/06) |
AG Berlin-Tiergarten (Aktenzeichen 5 C 137/05) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die weitere Beschwerde ist auf Grund ihrer Zulassung durch das LG statthaft, § 66 Abs. 4 S. 1 GKG, und auch ansonsten zulässig. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des LG hält einer rechtlichen Nachprüfung, auf die das Gericht der weiteren Beschwerde beschränkt ist, §§ 66 Abs. 4 S. 2 GKG, 546 ZPO, stand.
Zu Recht hat das LG das Rechtsmittel gegen den Beschluss des AG vom 21.6.2006 als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR nicht übersteigt und von dem AG die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage nicht zugelassen worden war, § 66 Abs. 2 GKG.
Es begegnet zudem keinen rechtlichen Bedenken, dass das LG das Rechtsmittel vom 27.6.2006 auch als außerordentliche Beschwerde für unzulässig erachtet hat. Allerdings war es nach früherer Rechtsprechung anerkannt, dass auch letztinstanzliche Entscheidungen, die auf der Verletzung grundrechtlich geschützter Verfahrensrechte beruhten oder sonst eine greifbare Gesetzeswidrigkeit aufwiesen, anfechtbar sein mussten (NJW 1993, 135, 136). Dies ist jedoch nach Einführung der Anhörungsrüge in § 321a ZPO für Entscheidungen, die nicht auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruhten, streitig geworden. Der BGH hat die außerordentliche Beschwerde im Zivilprozess seither für unzulässig gehalten (BGH v. 7.3.2002 - IX ZB 11/02, BGHReport 2002, 431 m. Anm. Gummer = MDR 2002, 901 = NJW 2002, 1577; BauR 2006, 1019; BGH v. 8.5.2006 - II ZB 10/05, AG 2006, 583 = BGHReport 2006, 1122 = GmbHR 2006, 818 = MDR 2006, 1422 = NJW-RR 2006, 1184, 1185). Durch das am 1.1.2005 in Kraft getretenen Anhörungsrügengesetz (vom 9.12.2004, BGBl. I, 3220) wurde mit § 69a GKG ein dem § 321a ZPO entsprechender Rechtsbehelf geschaffen. Der Senat hat im Hinblick auf die parallele Regelung § 29a FGG die Auffassung vertreten, dass für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Notwendigkeit mehr besteht, mit der außerordentlichen Beschwerde einen Rechtsbehelf außerhalb des geschriebenen Rechts zuzulassen, weil der Gesetzgeber mit dem Anhörungsrügengesetz in den einzelnen Verfahrensordnungen ein förmliches Verfahren zur instanzinternen Behebung eines grundrechtsrelevanten Verfahrensfehlers, nämlich der Verletzung des rechtlichen Gehörs vorgesehen hat und nach dem Gesetzgebungsauftrag des BVerfG vom 30.4.2003 (BVerfG v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02, MDR 2003, 886 = NJW 2003, 1924) die von der Rechtsprechung bis dahin teilweise außerhalb des geschriebenen Rechts geschaffenen außerordentlichen Rechtsbehelfe den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit nicht genügten (Senat, Beschl. v. 7.12.2004 - 1 W 238 und 239/04; FGPrax 2005, 66). Zwischenzeitlich wird die Statthaftigkeit der außerordentlichen Beschwerde von der Rechtsprechung überwiegend verneint (BFH, NJW 2006, 861; BVerwG, Beschl. v. 21.7.2005 - 9 B 9/05, Juris; Beschl. v. 8.12.2005 - 5 B 92/05, Juris; BAG v. 8.8.2005 - 5 AZB 31/05, MDR 2006, 225 = NJW 2005, 3231, 3232; OLG München, FGPrax 2006, 109; OLG Jena, FGPrax 2006, 115; OLG Hamm, FGPrax 2006, 154, 155; a.A. OLG München, FGPrax 2005, 278). Der Senat hält nach nochmaliger Überprüfung an seiner Rechtsauffassung fest. Auch die Besonderheiten des kostenrechtlichen Verfahrens nach dem GKG geben keine Veranlassung zu einer abweichenden Entscheidung. Nach der Plenarentscheidung des BVerfG vom 30.4.2003 können außerordentliche Rechtsbehelfe nicht mehr statthaft sein. Aus den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit folgt, dass Rechtsbehelfe in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt sein müssen (BVerfG v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02, MDR 2003, 886 = NJW 2003, 1924, 1928). Die Einführung zusätzlicher Rechtsschutzmöglichkeiten durch eine höhere Instanz ist demnach dem Gesetzgeber vorbehalten (BFH, NJW 2006, 861, 863).
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet, § 66 Abs. 8 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 1719984 |
OLGR-Ost 2007, 466 |