Leitsatz (amtlich)
Soweit der Betreuer zu Schenkungen aus dem Vermögen des Betroffenen nicht befugt ist, wird nicht allein das Verpflichtungs-, sondern auch das dingliche Vollzugsgeschäft erfasst. Im Grundbuchverfahren sind an den Nachweis, dass die Verfügung nicht dem Schenkungsverbot unterfällt, in der Regel ähnliche Grundsätze maßgeblich, wie sie bei der Beurteilung der Entgeltlichkeit von Verfügungen des Testamentsvollstreckers oder befreiten Vorerben maßgebend sind. Der Nachweis ist erbracht, wenn sich die Parteien auf einen Kaufpreis von 80 % des durch ein Gutachten ermittelten Verkehrswerts geeinigt haben und das Betreuungsgericht die Verfügung über das Grundstück genehmigt hat. Zwar ist das Grundbuchamt an die Beurteilung des Betreuungsgerichts nicht gebunden, jedoch stehen diesem gegenüber dem Grundbuchamt weiter gehende Mittel zur Ermittlung der für eine Schenkung erforderlichen Vorstellungen der Parteien zur Verfügung, so dass die Genehmigung ein starkes Indiz für die Entgeltlichkeit ist.
Normenkette
GBO § 20; BGB § 19081 Abs. 2 S. 1, § 1804 S. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 11.08.2011; Aktenzeichen 41B BW 6449-23) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, über die Anträge auf Eigentumsumschreibung und Löschung der Vormerkung in Abt. II lfd. Nr. 4 nach Maßgabe der folgenden Gründe erneut zu entscheiden.
Gründe
Für die Beteiligte zu 1 ist ein Betreuer u.a. mit dem Aufgabenkreis "Vermögenssorge" bestellt.
Am 24.8.2010 schlossen eine vollmachtlose Notariatsangestellte im Namen der Beteiligten zu 1 und die Beteiligte zu 2 einen Kaufvertrag über das im Beschlusseingang näher bezeichnete Wohnungseigentum und ließen dieses an die Beteiligte zu 2 auf (UR-Nr. 131/2010 des Notars ...in Berlin). Es wurde ein Kaufpreis i.H.v. 85.000 EUR vereinbart. Die Parteien bevollmächtigten den Notar mit der Durchführung des Vertrags. Genehmigungen sollten mit ihrem Eingang bei dem Notar wirksam werden.
Das AG ...- Betreuungsgericht - genehmigte die Erklärungen der Notariatsangestellten "als Vertreterin des Betreuers" mit Beschluss vom 2.9.2010. Eine mit Rechtskraftvermerk versehene Ausfertigung des Beschlusses nahm Notar ...am 28.10.2010 in Empfang. Am 14.10.2010 genehmigte der Betreuer die Erklärungen der Notariatsangestellten vom 24.8.2010 (UR-Nr. ...des Notars ...in ...). Zu Gunsten der Beteiligten zu 2 wurde am 21.12.2010 eine Eigentumsübertragungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.
Am 30.3.2011 hat Notar Rohrlack eine beglaubigte Ablichtung seiner UR-Nr. ..., die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts Spandau vom 21.12.2010 sowie die Zustimmungserklärung des ...vom 13.9.2010 als Verwalter der Wohnungseigentumsanlage (UR-Nr...des Notars ...in Berlin) bei dem Grundbuchamt eingereicht und die Eigentumsumschreiben auf die Beteiligte zu 2 sowie für diesen Fall die Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Vormerkung beantragt.
Das Grundbuchamt hat am 4.4.2011 das AG Rüsselsheim - Betreuungsgericht - um Mitteilung gebeten, welche Unterlagen zur Verkehrswertermittlung vorgelegen hätten. Der Kaufpreis erscheine für die ca. 99 qm große Eigentumswohnung in guter Wohnlage äußerst gering. Darauf hat der Betreuer ein Gutachten der Dipl.-Ing. ...vom 21.10.2009 mit Korrekturen vom 28.5.2010 eingereicht, die zum Stichtag 24.9.2009 einen Verkehrswert i.H.v. 107.000 ermittelt hatte. Der Betreuer gab an, bei der Kaufpreisfindung habe berücksichtigt werden müssen, dass für Küche und Gäste-WC eine vollständig neue Installation habe eingebracht werden müssen.
Mit Verfügung vom 11.7.2011 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass es "den Verkehrswert bei der heutigen guten Marktlage auf mindestens 140.000 EUR" schätze, weshalb Kaufvertrag und Auflassung für nichtig angesehen würden. Es bestehe Gelegenheit, den Sachverhalt zu überprüfen und sich binnen einer Frist von drei Wochen zu der Feststellung zu äußern. In der Folge haben der Betreuer sowie der Urkundsnotar weitere Umstände mitgeteilt, die zur Vereinbarung eines unter dem ermittelten Verkehrswert liegenden Kaufpreises geführt hätten.
Das Grundbuchamt hat die Anträge mit Beschluss vom 11.8.2011 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die im Namen der Beteiligten erhobene Beschwerde vom 16.8.2011, der das Grundbuchamt mit den Beteiligten nicht bekannt gegebener Verfügung vom 18.8.2011 nicht abgeholfen hat.
II. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Der Senat entscheidet über die Beschwerde, obwohl es an einem ordnungsgemäßen Nichtabhilfeverfahren, § 75 GBO, durch das Grundbuchamt mangelt. Das Grundbuchamt hat über die Beschwerde durch den Beteiligten bekannt zu machenden Beschluss und nicht wie vorliegend, durch einen gerichtsintern gebliebenen Aktenvermerk zu entscheiden (OLG München, Beschl. v. 18.2.2010 - 34 Wx 9/10 - Juris). Da die Beschwerde aber ohnehin begründet ist, sieht der Senat allein aus verfahrensökonomischen Gründen davon ab, die Akten dem Nachlassgericht zur Nachholung einer formgerechten Nic...