Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung mehrerer Veranlassungsschuldner als Gesamtschuldner für Gerichtskosten
Leitsatz (amtlich)
Haften mehrere Veranlassungsschuldner als Gesamtschuldner für Gerichtskosten, so ist es – anders als bei der Inanspruchnahme mehrerer Streitgenossen als Erstschuldner (KG v. 21.5.2002 – 1 AR 13/02, KGReport Berlin 2002, 247 = MDR 2002, 1276) – auch ohne besondere Umstände nicht regelmäßig ermessensfehlerhaft, wenn der Kostenbeamte von einzelnen Zweitschuldnern gem. §§ 58 Abs. 2 S. 1, 49 S. 1 GKG den ganz auf sie entfallenden Mithaftbetrag anfordert, obwohl weitere Zweitschuldner vorhanden sind, die zunächst gar nicht oder in geringerem Umfang in Anspruch genommen werden. Eine solche Art der Inanspruchnahme kann gem. § 8 Abs. 3 S. 2 KostVfg durch die Sicherheit der Staatskasse geboten sein, wenn die Kostenforderung und Vollstreckung nach dem bereits eingetretenen Ausfall des Erstschuldners durch die weitere Aufteilung unter sämtliche Kostenschuldner erschwert würde.
Normenkette
GKG § 49 S. 1, § 58 Abs. 2 S. 1; KostVfg § 8
Verfahrensgang
BGH (Aktenzeichen XI ZR 132/01) |
KG Berlin (Aktenzeichen 23 U 5721/98 + 6223/99) |
LG Berlin (Aktenzeichen 9 O 619/96) |
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 5 Abs. 1 GKG zulässige Erinnerung ist nicht begründet. Mit dem angefochtenen Kostenansatz ist der Beteiligte zu 1) zu Recht als Zweitschuldner gem. §§ 58 Abs. 2, 49 S. 1 GKG für einen Teil der Kosten in Anspruch genommen worden, für die der Drittwiderbeklagte zu 5) als Entscheidungsschuldner i.H.v. 12.254,72 Euro (= 23.968,15 DM) gem. § 54 Nr. 1 GKG vorrangig haftet. Hinsichtlich des Restbetrages sind mit weiteren Kostenrechnungen des KG vom 19.6.2002 (Sollstellungen der Justizkasse vorn 5.7.2002) von dem Kläger zu 1) 3.314,19 Euro und von dem Kläger zu 3) 2.711,50 Euro angefordert worden; der Kläger zu 3) ist wegen eines verbleibenden Mithaftanteils von 3.310,54 Euro, die ebenfalls als Veranlassungsschuldner gem. § 49 S. 1 GKG haftenden Drittwiderbeklagten zu 6) und 7) sind zunächst gar nicht als Zweitschuldner in Anspruch genommen worden.
Der Kostenbeamte hat den Umfang der zweitschuldnerischen Mithaftung des Beteiligten zu 1) zutreffend ermittelt. Der Beteiligte zu 1) haftet gem. § 49 S. 1 GKG als Veranlassungsschuldner für die in den Berufungsverfahren entstandenen Gerichtskosten i.H.v. 22.125 DM nach Abzug der bereits zum Soll gestellten Beträge noch i.H.v. 6.229,03 Euro (= 22.125 DM – 9.942,08 DM). Für die Kosten der Berufungsinstanz ist Antragsteller i.S.v. § 49 S. 1 GKG der Berufungskläger (Oestreich/Winkler/Hellstab, GKG, Stand Febr. 2003, § 49 Rz. 7). Bei einer Mehrheit von Rechtsmittelführern richtet sich der Umfang der Antragstellerhaftung unabhängig von den erstinstanzlichen Parteistellungen für den Einzelnen nach den Gebühren, die entstanden wären, wenn seine Anträge der einzige Gegenstand des Verfahrens gewesen wären, und nicht etwa nur nach dem Teil der gesamten Gerichtskosten, der nach dem Verhältnis der einzelnen Streitgegenstände zueinander auf diese entfällt (vgl. OLG Köln RPfleger 1967, 70; Oestreich/Winkler/Hellstab, GKG, Stand Feb. 2003, § 49 Rz. 16, § 59 Rz. 5; Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 49 GKG Rz. 9; Markl/Meyer, GKG, 5. Aufl., § 49 Rz. 5 f.). Durch die Berufungen des Beteiligten zu 1) sind nach Maßgabe seiner Anträge bei isolierter Betrachtung Gerichtskosten i.H.v. 22.125 DM entstanden. Das stellt der Beteiligte zu 1) auch nicht in Abrede, vielmehr vollzieht er eine entspr. Berechnung in seiner Erinnerungsbegründung vom 18.7.2002 (S. 4) nach.
Entgegen seiner Ansicht haftet der Beteiligte zu 1) bis zur Höhe des genannten Betrages unter den Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 S. 1 GKG für die von dem Drittwiderbeklagten zu 5) gem. § 54 Nr. 1 GKG zu tragenden Kosten auch insoweit, als dieser an der Berufung gegen das Teilurteil vom 11.6.1998 (23 U 5721/98) nicht beteiligt war. Der Beteiligte zu 1) und der Drittwiderbeklagte zu 5) sind gem. § 58 Abs. 1 GKG auch hinsichtlich der in dem Berufungsverfahren 23 U 5721/98 entstandenen Kosten Gesamtschuldner, weil der Drittwiderbeklagte zu 5) als Entscheidungsschuldner für die in diesem Verfahren entstandenen Kosten ebenfalls haftet. Das ergibt sich aus der Kostenentscheidung im Urteil des KG vom 28.2.2001, die dem Drittwiderbeklagten zu 5) 38/100 der Gerichtskosten der Berufungsinstanz auferlegt, ohne zwischen den Kosten der Berufung gegen das Teilurteil und denen der Berufung gegen das Schlussurteil vom 29.6.1999 (23 U 6223/99) zu unterscheiden. Aus den von dem Beteiligten zu 1) angeführten Entscheidungen (OLG Schleswig RPfleger 1956, 325; OLG Hamm JurBüro 1970, 422) folgt nichts anderes. Zum einen sind diese nicht einschlägig, weil sie das Verhältnis von Kläger und Widerkläger betreffen, während der Beteiligte zu 1) und der Drittwiderbeklagte zu 5) Streitgenossen sind. Zum anderen wird in den Entscheidungen die gedankliche Trennung von Klage und Widerklage allein zur Ermittlung der Haftungshöhe vorgenommen, ei...