Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage eines Selbsthilferechts des Vermieters gemäß § 562b BGB durch Zuparken der Grundstückszufahrt.

2. Zur Unpfändbarkeit der Betriebsmittel einer Kfz-Werkstatt gemäß § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 22.01.2015; Aktenzeichen 12 O 484/14)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Berlin vom 22.01.2015 -12 O 484/14- wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1 des landgerichtlichen Urteils aufgehoben und die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt wird.

Die Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils wird abgeändert:

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Berufung - die sich nunmehr gegen den zweitinstanzlichen Antrag auf Feststellung der Erledigung des Verfügungsverfahrens richtet - ist durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

I. Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 09.06.2015, der folgenden Inhalt hat:

"1) Das LG hat die einstweilige Verfügung vom 16.12.2014 in Bezug auf die "Wiedereinräumung des Besitzes" an den Gewerberäumen T., Halle 3, in dem angefochtenen Urteil aufrecht erhalten und zur Begründung angeführt, dass das - unstreitige, s. auch Aussage Zeuge K.im Termin am 22.01.2015- Zuparken der Ausfahrten der Halle durch die Antragsgegnerin eine verbotene Eigenmacht gemäß §§ 858 Abs. 1, 862 BGB darstelle. Damit ist Gegenstand des Berufungsverfahrens (nur) ein solcher Verfügungsanspruch wegen Zuparkens, und der Tenor des landgerichtlichen Urteils im Lichte der Urteilsgründe einschränkend auszulegen.

Nach der am 13.02.2015 erfolgten (s. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 17.02.2015) Zwangsvollstreckung des (nicht nur vorläufigen) Räumungstitels in Gestalt des gerichtlichen Vergleichs vom 30.10.2014 im Verfahren LG Berlin -25 O 243/14 (s. Anlage zum Widerspruchsschriftsatz vom 12.01.2015, Bl. 16 f. d.A.) ist ein etwaiger Anspruch auf Unterlassung der Zufahrtbehinderung erledigt. Der Antragsteller hat unter dem 17.04.2015 die Erledigung erklärt, die Antragsgegnerin hat dem - rechtzeitig i.S. von § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO- mit Schriftsatz vom 07.05.2015 widersprochen.

Danach ist Gegenstand des Berufungsverfahrens der im Schriftsatz des Antragstellers vom 17.04.2015 konkludent enthaltene und gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Antrag auf Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2001 -I ZR 198/98, Juris Tz 16). Da der neue Antrag keine Erweiterung des Begehrens zur Folge hat und lediglich der veränderten Sachlage Rechnung trägt, bedarf er keiner Anschlussberufung gemäß § 524 ZPO (s. BGH NJW-RR 2006, 669, juris Tz 9).

2) Die nach dieser Maßgabe gegen den Antrag auf Feststellung der Erledigung fortgeführte Berufung ist durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Zutreffend hat das LG angenommen, dass das Zuparken der Grundstückseinfahrten, auch wenn sich die abgestellten Fahrzeuge auf öffentlichem Straßenland befinden, eine Störung des Besitzes an den Mieträumen darstellt und einen Unterlassungsanspruch nach § 862 Abs. 1 S. 2 BGB, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB auslöst (s. BGH, Urt. v. 01.07.2011 -V ZR 154/10, NJW-RR 2011, 1476 Tz 9).

Die Antragsgegnerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr ein Selbsthilferecht nach § 562b BGB in der Weise zustand, dass sie zum Schutz eines Vermieterpfandrechts (§§ 562, 578 BGB) die Zufahrten blockieren durfte.

Zwar kommt unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und damit als ultima ratio als Selbsthilfemaßnahme etwa der Austausch der Schlösser durch den Vermieter in Betracht (vgl. OLG Karlsruhe NZM 2005, 542, bei juris Tz 19; LG Berlin, Urt. v. 01.11.2012 -93 O 127/11, Grundeigentum 2013, 418, bei juris Tz 21). Dies setzt jedoch voraus, dass das Vermieterpfandrecht ausgeübt wurde (was hier jedenfalls durch Erklärung vom 24.11.2014 -Bl. 57 d.A.- erfolgte), und konkrete Anhaltspunkte für eine Verletzung eines bestehenden Pfandrechts nach § 562 BGB vorliegen. Zudem dürfte das Selbsthilferecht wohl keine Dauermaßnahme rechtfertigen, sondern nur eine Maßnahme bis zur Anrufung der Gerichte, die für...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?