Leitsatz (amtlich)
Unter der bei der Erstanmeldung einer GmbH/UG anzugebenden inländischen Geschäftsanschrift muss eine förmliche Zustellung möglich sein. Fehlt es an einer solchen Anschrift ist die Anmeldung zurückzuweisen.
Normenkette
GmbHG § 8 Abs. 4 Nr. 1, § 9c Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 99 AR 2633/20) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 25. Mai 2020 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das Amtsgericht wies die auf eine Ersteintragung gerichtete Anmeldung der Beteiligten - einer UG i.Gr. - mit einem Beschluss vom 25. Mai 2020 zurück, weil der erforderte Kostenvorschuss in Höhe von 150 EUR nicht eingezahlt worden war.
Gegen diesen Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte mit einem Schreiben vom 25. Juni 2020 Beschwerde mit dem Hinweis eingelegt, der Kostenvorschuss sei nunmehr gezahlt. Zugleich hat er mitgeteilt, dass die geänderte inländische Geschäftsanschrift demnächst durch den Geschäftsführer mitgeteilt werde. Diesem Rechtsmittel hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 30. Oktober 2020 zur Entscheidung vorgelegt. Es hat insoweit ausgeführt: Der Kostenvorschuss sei zwar eingezahlt, die notwendige Angabe einer zutreffenden inländischen Geschäftsanschrift sei aber trotz entsprechender Hinweise, zuletzt mit Schreiben vom 8. September 2020, nicht erfolgt.
II. 1. Die als im Namen der Beteiligten eingelegt anzusehende Beschwerde ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Frist und Form sind gewahrt, die Beschwer folgt aus der Tatsache, dass der Beteiligten ihre Eintragung in das Handelsregister verwehrt wird.
2. Die Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Das Amtsgericht verweigert der Beteiligten nach § 9c Abs. 1 Satz 1 GmbHG zu Recht die Eintragung. Danach hat das Amtsgericht die Eintragung nicht nur dann abzulehnen, wenn die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet ist. Abzulehnen ist die Eintragung auch, wenn die Anmeldung fehlerhaft erfolgt. Dies ist hier der Fall.
Nach § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG ist in der Anmeldung der neu errichteten Gesellschaft auch eine inländische Geschäftsanschrift anzugeben. Aus dieser durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 eingeführten Verpflichtung ergibt sich, dass die Gesellschaft eine Anschrift zu unterhalten hat, unter der auch förmliche Zustellungen möglich sind. Nach der Regelung in § 35 Abs. 2 Satz 3 Alt. 1 GmbHG ist davon auszugehen, dass Willenserklärungen und Zustellungen, die unter dieser Anschrift zugehen, die organschaftlichen Vertreter auch erreichen. Diese Vermutung ist dabei als unwiderleglich anzusehen (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/6140 S. 43; Baumbach/Hueck/Beurskens, GmbHG, 22. Aufl., § 35 Rdn. 53). Es ist schließlich auch anerkannt, dass bei Wegfall der bisherigen inländischen Geschäftsanschrift durch das Zwangsgeldverfahren nach § 388 Abs. 1 FamFG die Anmeldung einer neuen inländischen Geschäftsanschrift erzwungen werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 31. Mai 2016 - 22 W 17/16 -, juris Rdn. 6 mwN). Dies setzt dann aber auch voraus, dass die als inländische Geschäftsanschrift benannte Adresse zutreffend sowie als Zustellanschrift für die Gesellschaft geeignet ist und diese Voraussetzungen aufrechterhalten bleiben. Die Wahl der Geschäftsanschrift ist dementsprechend auch dem Organisationsbereich und nicht dem laufenden Geschäftsbetrieb zuzurechnen (vgl. Senat, Beschluss vom 04. Mai 2016 - 22 W 128/15 -, juris Rdn. 15). Auf eine zutreffende und nicht fiktive Anschrift kann auch nicht unter Hinweis auf § 15a HGB verzichtet werden. Die Vorschrift macht nicht das Vorliegen einer zutreffenden Anschrift entbehrlich, sondern erleichtert lediglich als Sanktion des Nichtvorhaltens einer solchen Anschrift den Nachweis der Erforderlichkeit einer öffentlichen Zustellung. An der Angabe einer entsprechenden Zustellanschrift fehlt hier es.
Der Zurückweisung steht auch nicht entgegen, dass sich die Frage der (fehlenden) inländischen Geschäftsanschrift erst nach dem Erlass des Zurückweisungsbeschlusses ergebenden hat. Mit der Beschwerde gegen einen Zurückweisungsbeschluss fällt anders als bei einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung nach § 382 Abs. 4 FamFG das gesamte Verfahren beim Senat an, so dass die Zurückweisung der Beschwerde auch auf andere Gründe als der Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts gestützt werden kann.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Verpflichtung zur Tragung der Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz, eine Kostenerstattung kommt nicht in Betracht. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht, weil es an den Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG fehlt.
Fundstellen
NWB 2021, 1372 |
ZIP 2021, 958 |
MDR 2021, 696 |
Rpfleger 2021, 2 |
Rpfleger 2021, 431 |
GmbHR 2021, 656 |
ZCG 2021, 115 |