Leitsatz (amtlich)
Hat sich der Gefangene während des Vollzugs mündlich oder schriftlich gegen die konkrete Unterbringungssituation gewandt (hier Art und Weise einer Doppelbelegung), so beginnt die nach § 112 Abs. 1 Satz 1, § 113 Abs. 3 StVollzG zu berechnende Frist erst mit der Beendigung der beanstandeten Vollzugslage.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 06.05.2005; Aktenzeichen 544 StVK 551/04 Vollz) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt Moabit gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 6. Mai 2005 wird verworfen.
Die Landeskasse Berlin hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Gefangenen in diesem Rechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Der Antragsteller verbüßte vom 27. September 2000 bis zum 1. April 2004 eine Gesamtfreiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Moabit. Ende des Jahres 2002 zeichnete es sich ab, daß er aus in seiner Person liegenden Gründen nicht im Wohngruppenvollzug bleiben konnte. Zu der erforderlichen Verlegung äußerte er den Wunsch, nicht allein, sondern zusammen mit einem Mitgefangenen untergebracht zu werden, wobei ihm die Zuweisung einer der dafür vorgesehenen und ausreichend eingerichteten sogenannten Begegnungshafträume vor Augen stand. Auch die Vollzugsbehörde erkannte die Notwendigkeit einer gemeinsamen Unterbringung. Nachdem ein zu der Persönlichkeit des Antragstellers passender Gefangener gefunden war, wurde die Haft in dem von diesem bislang als Einzelhaftraum genutzten Raum H 419 der Justizvollzugsanstalt Moabit vollzogen. Er wies eine Grundfläche von etwa 8 qm auf; die Toilette war baulich nicht abgetrennt. Für die Zeiträume vom 21. Januar bis zum 15. März 2003 und vom 31. März bis zum 10. Juli 2003 (dazwischen war er kurzfristig vorübergehend anderweitig untergebracht) hat der Gefangene beantragt festzustellen, daß die Unterbringung in diesem Haftraum zusammen mit einem Mitgefangenen rechtswidrig gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Beschluß vom 6. Mai 2005 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Berlin dem Antrag des Gefangenen stattgegeben. Er sei als Fortsetzungsfeststellungsantrag zulässig (§ 115 Abs. 3 StVollzG). Der Gefangene habe zu Recht geltend gemacht, menschenrechtswidrig untergebracht gewesen zu sein. Die Kammer sei "davon ausgegangen", daß der Antragsteller trotz seines Wunsches, gemeinsam untergebracht zu werden, der konkreten Haftsituation nicht zugestimmt habe. Er habe seit seiner Aufnahme in der streitgegenständlichen Gemeinschaftszelle mehrfach mündlich seine Verlegung entweder zurück in die Wohngemeinschaft oder in einen nach Größe und Bauart als Begegnungszelle angemessen ausgestatteten Haftraum verlangt. Dieses Begehren sei von den Stationsbeamten zunächst immer wieder abgelehnt worden und erst am 10. Juli 2003 erfolgreich gewesen. Die Justizvollzugsanstalt berufe sich zu Unrecht auf die Zustimmung des Gefangenen zur gemeinsamen Unterbringung und darauf, daß in der Zentrale kein schriftlicher Widerspruch vorliege. Der Gefangene habe der konkreten Art und Weise der gemeinsamen Unterbringung in diesem Haftraum zu keinem Zeitpunkt zugestimmt und dies wiederholt zum Ausdruck gebracht.
Mit seiner Rechtsbeschwerde beantragt der Leiter der Justizvollzugsanstalt Moabit, diesen Beschluß aufzuheben und die Sache an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen. Das Rechtsmittel sei zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zulässig, weil der 4. Strafsenat des Kammergerichts mit Beschluß vom 25. Mai 2005 - 4 VAs 16/05 - den Antrag eines Untersuchungsgefangenen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringung verworfen habe, weil dieser sich - wie (nach Ansicht des Beschwerdeführers) der hiesige Antragsteller - mit der gemeinsamen Unterbringung einverstanden erklärt habe.
Mit der Verfahrensrüge beanstandet er, die Kammer habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Gegen das substantiierte Vorbringen der Anstalt, es liege kein schriftlicher Antrag vor, sei sie "davon ausgegangen", daß die gemeinschaftliche Unterbringung gegen den Willen des Antragstellers erfolgt sei. Sie hätte sich durch die Beiziehung des Verwaltungsvorgangs und der Personalakte von der Richtigkeit der Darstellung der Anstalt überzeugen müssen. Mit dieser Zustimmung verzichte der Gefangene "wirksam - da willentlich auf sein durch Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 119 Abs. 1 Satz 1 StPO garantiertes Recht auf Einzelunterbringung".
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
1.
Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Moabit durfte die Rechtsbeschwerde einlegen und begründen. Dazu ist nicht nur die Senatsverwaltung für Justiz als die zuständige Aufsichtsbehörde (§ 111 Abs. 2 StVollzG) berechtigt, sondern auch der Anstaltsleiter, wenn er im ersten Rechtszug Beteiligter des gerichtlichen Verfahrens gewesen und durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist (vgl. Thür. OLG Jena NStZ 1999, 448 bei Matzke; OLG Karlsruhe ZfStrVO 1993, 120; Senat...