Leitsatz (amtlich)
Das gegen einen Rechtsanwalt verhängte Berufsverbot - Widerruf der Zulassung mit sofortiger Wirkung nach §§ 16 Abs. 7, 155 Abs. 2 BRAO - ist ein wichtiger Grund für die Rücknahme der Bestellung als Pflichtverteidiger nach § 143 StPO.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 13.03.2009; Aktenzeichen (561) 52 Ns 3032 PLs 3152/06 (144/07)) |
Tenor
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der Vorsitzenden der Strafkammer 561 des Landgerichts Berlin vom 13. März 2009 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten durch Urteil vom 23. Mai 2007 wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. In der aufgrund des Rechtsmittels des Angeklagten anberaumten Berufungshauptverhandlung am 18. Dezember 2007 ist ihm Rechtsanwalt X nach § 140 Abs. 2 StPO als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Durch Beschluss vom 21. Mai 2008 ist das Verfahren gegen den Angeklagten nach § 153a StPO vorläufig eingestellt worden. Ihm ist die Auflage erteilt worden, einen Betrag von 600 Euro an die Justizkasse zu zahlen. Da er die Auflage nicht erfüllte, ist er zuletzt mit Schreiben vom 18. November 2008 unter dem Hinweis gemahnt worden, dass das Verfahren wieder aufgenommen werden müsse, wenn er den Betrag nicht bis zum 1. Dezember 2008 gezahlt habe. Mit Wirkung vom 20. Juni 2008 ist Rechtsanwalt X die Zulassung mit sofortiger Wirkung entzogen worden. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Vorsitzende der Strafkammer 561 des Landgerichts Berlin die Bestellung des Rechtsanwalts X als Pflichtverteidiger aufgehoben. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
1.
Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich - anders als die Generalstaatsanwaltschaft annimmt - nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass Rechtsanwalt X das Rechtsmittel im eigenen Namen eingereicht hat. In diesem Fall wäre die Beschwerde unzulässig, da der Rechtsanwalt nicht durch die Rücknahme seiner Bestellung beschwert ist (vgl. mit weiterer Begründung und w. Nachw Senat , Beschluss vom 3. Mai 2000 - 4 Ws 85/00 -).
2.
Die für den Angeklagten eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Durch den Widerruf der Zulassung als Rechtsanwalt, dessen sofortiger Vollzug angeordnet worden ist, hat der frühere Verteidiger nach § 16 Abs. 7 i.V.m. § 155 Abs. 2 BRAO grundsätzlich seine Postulationsfähigkeit, d.h. die Fähigkeit in eigener Person rechtswirksam in einem Prozess handeln zu können, verloren. Er darf also die Verteidigung nicht mehr weiterführen. Allerdings bleibt die Wirksamkeit von Prozesshandlungen des Rechtsanwalts, auch wenn er diese nach dem Widerruf seiner Zulassung getätigt hat, nach § 155 Abs. 5 BRAO unberührt. Der insoweit ergangene Hinweis des Beschwerdeführers, wonach ein bestellter Verteidiger den Angeklagten unabhängig von dem Berufsverbot weiterhin in Fällen des § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO verteidigen darf (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 3. Juni 1988 - 2 Ss 37/88 -) greift vorliegend nicht durch und führt nicht zu dem Ergebnis, dass der Verteidiger unabhängig von dem gegen ihn verhängten Berufsverbot in dem Verfahren nach einer vorläufigen Einstellung nach § 153 a StPO weiterhin als Pflichtverteidiger tätig sein kann; denn die Vorschrift des § 155 Abs. 2 BRAO findet nicht auf zukünftige Prozesshandlungen, sondern nur aus Gründen der Rechtssicherheit auf schon gegen das Berufsverbot verstoßende Handlungen des Rechtsanwalts Anwendung (vgl. Feuerig/Weyland, BRAO 7. Aufl. § 155 Rdn. 9). Nach § 156 Abs. 2 BRAO sollen die Gerichte einen Rechtsanwalt, der entgegen einem Berufsverbot vor ihnen auftritt, zurückweisen. Zu Recht hat daher die Vorsitzende des Landgerichts die Bestellung Rechtsanwalts X aus wichtigem Grund nach § 143 StPO mit der Wirkung zurückgenommen, dass künftige Prozesshandlungen des Rechtsanwalts unwirksam sind (vgl. Feuerig/Weyland a.a.O § 156 Rdn 10).
Fundstellen