Leitsatz (amtlich)

Die Anerkennung einer in Israel mittels Übergabe des Scheidebriefs durch den Ehemann und dessen Annahme durch die Ehefrau erfolgten Ehescheidung scheidet aus, wenn wegen der - auch - deutschen Staatsangehörigkeit eines Ehegatten das deutsche Scheidungsstatut anzuwenden ist. Daran ändert es nichts, wenn die Ehescheidung einverständlich unter Beteiligung des Rabbinatsgerichts erfolgt ist.

 

Normenkette

BGB § 1564; EGBGB Art. 5, 17; FamFG § 107; Rom III-VO Art. 8

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der in Israel geborenen Beteiligten sind israelische Staatsangehörige mosaischen Glaubens. Die Beteiligte zu 2 besitzt darüber hinaus seit ihrer Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit.

Am xxx 2015 schlossen sie die Ehe, die im Amt des Rabbinats von xxx (Israel) eingetragen wurde. 2018 übersiedelten sie nach Berlin und bezogen hier eine gemeinsame Wohnung. Seit dem 18. März 2020 lebt die Beteiligte zu 2 wieder in Israel, blieb jedoch bis zum 18. Oktober 2021 in der bisherigen Wohnung in Berlin gemeldet.

In einem Urteil Nr. xxx des Rabbinatsgerichts Jerusalem vom xxx 2021 wurde festgehalten, der Beteiligte zu 1 habe sich mit einem Scheidebrief unter Beteiligung von zwei Zeugen von der der Beteiligten zu 2 scheiden lassen.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2023 hat der Beteiligte zu 1 die Anerkennung dieser Ehescheidung gem. § 107 FamFG bei der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz beantragt.

Mit dem Beteiligten zu 1 am 28. Februar 2024 zugestelltem Bescheid vom 21. Februar 2024 hat die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz die Anerkennung abgelehnt. Hiergegen richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beteiligten zu 1 vom 26. März 2024, mit dem er die Anerkennung der in Israel erfolgten Scheidung weiter verfolgt.

II. 1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist statthaft, § 107 Abs. 5 FamFG.

Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz hat den Antrag auf Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der in Israel vollzogenen Scheidung vorliegen, zurückgewiesen. Dass es sich dabei um eine sogenannte Privatscheidung gehandelt hat, ist im Rahmen der Statthaftigkeit des Antrags ohne Belang. Eine Privatscheidung ist jedenfalls dann anerkennungsfähig, wenn sie unter Mitwirkung einer ausländischen Behörde zustande gekommen ist, wobei die bloße deklaratorische Registrierung oder gerichtliche Beurkundung genügt (BGH, NJW 1982, 517, 518; OLG München, FamRZ 2018, 817, 818; Senat, Beschluss vom 3. Januar 2013 - 1 VA 9/12 - StAZ 2013, 285, 286; Beschluss vom 19. März 2013 - 1 VA 12/12 - StAZ 2013, 287).

Bei der sog. Rabbinatsscheidung in Israel handelt es sich um eine Privatscheidung, weil der konstitutive Akt der Auflösung der Ehe allein in der Übergabe des Scheidebriefs - Get - durch den Ehemann an die Ehefrau besteht (BGH, NJW-RR 2008, 1169, 1171; 1994, 642, 643; Weller/Hauber/Schulz, IPrax 2016, 123, 124, 126; Henrich, FamRZ 2008, 1413; Winter, Internationales Scheidungsrecht, Rdn. 303). Da jedoch das Rabbinatsgericht als Behörde nach israelischem Staatsrecht entsprechend den von ihr zu beachtenden Normen an der Scheidung mitgewirkt hat, ist den grundsätzlichen Anforderungen des hiesigen Rechts Genüge getan (vgl. BGH NJW 1982, 517; OLG Schleswig NJW-RR 2008, 969 ff.). Hierfür reicht die registrierende Tätigkeit des Rabbinatsgerichts aus

2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Er ist insbesondere innerhalb der Beschwerdefrist, §§ 107 Abs. 7 S. 3, 63 Abs. 1 FamFG, bei dem hierfür zuständigen Kammergericht, § 107 Abs. 6 S. 1 FamFG (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 721), gestellt worden.

3. In der Sache hat der Antrag keinen Erfolg. Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz hat den Antrag festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der in Israel erfolgten Scheidung der Ehe der Beteiligten vorliegen, zu Recht zurückgewiesen.

a) Beruht eine im Ausland erfolgte Ehescheidung auf dem konstitutiven Hoheitsakt einer ausländischen Behörde, richtet sich die Frage der Anerkennung nach den §§ 108, 109 FamFG. Wurde die dortige Scheidung hingegen durch privates Rechtsgeschäft eines oder beider Ehegatten bewirkt, handelt es sich um eine sogenannte Privatscheidung, auch wenn die Ordnungsmäßigkeit des rechtsgeschäftlichen Scheidungsakts in einem gerichtsförmigen Verfahren überwacht worden war (BGH, FamRZ 2020, 1811, 1812). Auch eine solche Scheidung kann grundsätzlich anerkannt werden, hingegen ist die Frage der Anerkennungsfähigkeit dann anhand der materiellen Voraussetzungen des kollisionsrechtlich berufenen Scheidungsrechts zu beurteilen (BGH, a.a.O., 1813; Senat, Beschluss vom 1. Dezember 2020 - 1 VA 1001/20 - StAZ 2021, 210, 211).

Der Einwand der Beschwerde, in Israel sei die Scheidung einer Ehe nach jüdischem Recht nur vor dem Rabbinatsgericht möglich, ist zutreffend (vgl. Margalith/Assan, in: Henrich/Dutta/Ebert, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht, Israel, Stand 30. November 2012; Brandhuber/Heus...

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