Leitsatz (amtlich)

1) Ist zu Gunsten einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten GmbH Geld hinterlegt, ist zur Abgabe der Freigabeerklärung eine Nachtragsliquidation anzuordnen.

2) Die Prüfung, zu wessen Gunsten die Freigabeerklärung erfolgen soll, hat nicht das die Nachtragsliquidation anordnende Gericht, sondern durch die zur Durchführung der Nachtragsliquidation bestimmte Person vorzunehmen.

 

Normenkette

AktG § 273 Abs. 4; GmbHG § 66 Abs. 5

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 24.01.2022; Aktenzeichen 82 HRB 87270)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 28.02.2022 gegen den Beschluss vom 24.01.2022 wird nach einem Geschäftswert von 60.000,00 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) ist eine vormals im Handelsregister Abteilung B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 26.08.2003 aufgelöst und am 15.10.2008 wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 141 a des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit von Amts wegen gelöscht wurde.

Anfang 2020 beantragte der Beteiligte zu 3) bei dem Amtsgericht Charlottenburg die Bestellung des Herrn Rechtsanwalt EK als Nachtragsliquidator für die Beteiligte zu 1). Zur Begründung verwies er auf ein Mitteilungsschreiben seiner Bank vom 31.05.2007 (Anlage A7, Bl. 41 d.A.; Betreff des Schreibens u.a. "7 M 1277/06 .../. A GmbH"), mit dem er darüber informiert worden war, dass diese aufgrund einer eingeleiteten Pfändung der Beteiligten zu 1) am 10.04.2007 einen Betrag in Höhe von 20.358,71 EUR beim Amtsgericht Rostock (Az. HL 86/07) hinterlegt habe. Die Herausgabe dieses Betrages hatte der Antragsteller zuvor erfolglos bei dem Amtsgericht Rostock beantragt (Schriftsatz vom 21.10.2019, Bl. 44 d.A.). Von dort war ihm mitgeteilt worden, "dass eine Auszahlung nur unter Vorlage der Zustimmungserklärung der A GmbH i.L., vertreten durch einen zu bestellenden Nachtragsliquidator, möglich" sei, da eine rechtskräftige Entscheidung zu seinen Gunsten nicht vorliege.

Auf Hinweis des Amtsgerichts Charlottenburg vom 18.08.2020, dass Rechtsanwalt EK wegen seiner verwandtschaftlichen Beziehungen zum Beteiligten zu 3) nicht als Nachtragsliquidator in Betracht käme, benannte der Beteiligte zu 3) Frau Rechtsanwältin E aus ... auf Rügen als Nachtragsliquidatorin, die eine Habilitätsversicherung abgab.

Im Rahmen ihrer Anhörung meldete sich die Beklagte zu 2), die Gesellschafterin der Beteiligten zu 1) und beantragte die Übersendung der Anträge und Fristverlängerung. Ferner bot sie sich selbst "gegen Auslagenerstattung/übliche Vergütung für die Übernahme einer etwaigen Nachtragsliquidatorentätigkeit" als Nachtragsliquidatorin an.

Mit Schreiben vom 07.08.2021 beantragte die Beteiligte zu 2) die Zurückweisung des Antrags.

Der Beteiligte zu 3) maße sich Ansprüche an, habe "aber nicht durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung glaubhaft gemacht (...), dass ihm die vom Amtsgericht Rostock hinterlegte Forderung von der GmbH durch eine fällige Freigabeerklärung herauszugeben wäre". Für eine Nachtragsliquidation bestünde kein Bedürfnis, weil die GmbH durch den ursprünglichen Prozessbevollmächtigten vertreten werde, der die Freigabe bereits 2007 verweigert habe. Einen Anspruch auf Freigabeerklärung oder Bestellung eines Nachtragsliquidators habe der Schuldner verwirkt.

Mit Schreiben vom 02.11.2021 teilte das Amtsgericht Charlottenburg der Beteiligten zu 2) mit, dass der materiell-rechtliche Hintergrund nicht Gegenstand der Prüfung im Verfahren auf Bestellung eines Nachtragsliquidators sei. Voraussetzung sei das Vorliegen eines Fürsorgebedürfnisses. Hinweise dafür, dass die nunmehr vorgeschlagene Rechtsanwältin E nicht geeignet sei, lägen nicht vor. Diese sei nicht verpflichtet, die Zustimmungserklärung abzugeben, sondern deren Abgabe zu prüfen. Es räumte Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 4 Wochen ein, die ungenutzt verstrichen.

Mit Beschluss vom 24.01.2022 bestellte das Amtsgericht Charlottenburg Rechtsanwältin Eggers zur Nachtragsliquidatorin gemäß § 66 Abs. 5 GmbHG. In dem Beschluss wurde dabei der "Wirkungskreis des Nachtragsliquidators (...) beschränkt auf die Vertretung und die Wahrnehmung der Rechte der gelöschten GmbH betreffend das Hinterlegungsverfahren bei dem Amtsgerichts Rostock zu Hl440086/07, insbesondere der Prüfung sowie etwaigen Abgabe der Zustimmungserklärung als potentiell Empfangsberechtigte gemäß Ziffer 2) Punkt 4. des Hinterlegungsantrags vom 10.04.2007 (...)." Gegen den Beschluss legte die Beteiligte zu 2) Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 29.03.2022 half das Amtsgericht der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung über die Beschwerde vor.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Beschwerde ist nach §§ 402 Abs. 1, 375 Nr. 6 FamFG das statthafte Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 24.01.2022, mit dem Rechtsanwältin E zur Nachtragsliquidatorin bestimmt wurde (vgl. auch K. Schmidt/Scheller, in: Scholz, ...

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