Leitsatz (amtlich)
1. Wasser- und Entwässerungsleitungen, die zwar von der Hauptleitung abzweigen, aber durch fremdes Sondereigentum laufen, ehe sie die im Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers stehende Zapfstelle erreichen, sind notwendigerweise Gemeinschaftseigentum.
2. Der Wohnungseigentümer, in dessen Sondereigentum die Zapfstelle steht, kann von dem Wohnungseigentümer, der die Leitungen in seiner Wohnung unberechtigt entfernt hat, die Wiederherstellung verlangen.
Normenkette
WEG § 5 Abs. 1, § 14 Nr. 1; BGB § 823 Abs. 2, § 249
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 02.03.1988; Aktenzeichen 191 T 143/87 (WEG)) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 200/86 (WEG)) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 2. März 1988 – 191 T 143/87 (WEG) – wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegner haben die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 1.300,– DM.
Gründe
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer. Durch die Wohnung der Antragsgegner (Gäste-WC und Diele) liefen Be- und Entwässerungsleitungen, die zwei Räume der den Antragstellern gehörenden Wohnung mit Wasser versorgten. Die Leitungen waren verlegt worden, noch ehe das Grundstück mit der Teilungserklärung vom 15. November 1979 in Wohnungseigentum aufgeteilt wurde. Die Teilungserklärung bestimmt in Teil I § 2 lit. f, daß Leitungen für Be- und Entwässerung von der Hauptleitung an Sondereigentum sind. – Die Antragsgegner haben die Leitungen im Bereich ihrer Wohnung entfernen lassen, nachdem sie zuvor vergeblich versucht hatten, mit den Antragstellern eine einverständliche Regelung zu erzielen, nach der sie die Rohre dulden, die Antragsteller aber die Kosten für die Neuverlegung unter einer abgehängten Decke und für die Unterhaltung tragen sollten.
Das Amtsgericht hat die Antragsgegner verpflichtet, die entfernten Leitungen wiederherzustellen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner, mit der sie weiter beantragen, den Antrag der Antragsteller zurückzuweisen, hilfsweise festzustellen, daß die Antragsteller verpflichtet sind, die wiederherzustellenden Rohre instandzuhalten und zukünftigen Schaden zu ersetzen.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Denn die Entscheidung des Landgerichts ist im Ergebnis frei von Rechtsfehlern.
Den Antragstellern steht gegen die Antragsgegner nach §§ 823 Abs. 2, 249 BGB i. V. mit § 14 Nr. 1 WEG ein Anspruch darauf zu, daß die Antragsgegner die Wasser- und Entwässerungsleitungen, die sie entfernt haben, wiederherstellen.
§ 14 Nr. 1 WEG ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Denn Schutzgesetze im Sinne dieser Vorschrift sind alle Normen, die den individuellen Rechtsschutz bezwecken. § 14 Nr. 1 WEG gehört schon nach seinem Wortlaut dazu. Es ist deshalb auch allgemein anerkannt, daß die schuldhafte Verletzung der Pflicht zur schonenden Benutzung des Gemeinschafts- oder Sondereigentums nach allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechtes einen Anspruch begründen kann (OLG Stuttgart WEM 1980, 75, 77; Weitnauer, WEG, 6. Aufl., Rdnr. 10; Augustin in RGRK, 12. Aufl., Rdnr. 15; Bärmann/Pick/Merle, WEG 6. Aufl., Rdnr. 68 je zu § 14).
Die Antragsgegner haben schuldhaft gegen § 14 Nr. 1 WEG verstoßen. Denn sie haben Gemeinschaftseigentum zerstört und den Antragsgegnern dadurch einen Nachteil zugefügt, der über das Maß hinausgeht, das bei geordnetem Zusammenleben unvermeidlich ist. Denn die Antragsteller haben durch die Entfernung der Leitungen die Möglichkeit verloren, in den beiden Räumen, die früher durch die entfernten Leitungen versorgt wurden, Wasser zu zapfen oder abzuleiten. Darauf beruht auch die Befugnis der Antragsteller, den am Gemeinschaftseigentum entstandenen Schaden allein im eigenen Namen geltend zu machen.
Entgegen der von dem Landgericht vertretenen Auffassung stehen die von den Antragsgegnern entfernten Wasser- und Entwässerungsleitungen nicht in deren Sondereigentum. Die Leitungen sind vielmehr nach § 93 BGB wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden und gehörten als solcher zum Gemeinschaftseigentum. Zwar bestimmt Teil 1 § 2 lit. f der Teilungserklärung, daß Leitungen für Be- und Entwässerung von der Hauptleitung an Sondereigentum sind. Zur Hauptleitung gehören die hier in Rede stehenden Leitungen ihrem äußeren Erscheinungsbild nach nicht. Denn sie zweigen davon ab. Gleichwohl gehören sie rechtlich nach § 5 Abs. 1 WEG zu der im Gemeinschaftseigentum stehenden Hauptleitung. Denn die durch das Sondereigentum der Antragsgegner führenden Rohre könnten von den Antragstellern, in deren Wohnung die Zapfstelle liegt, nicht verändert oder beseitigt werden, ohne das Sondereigentum der Antragsgegner zu beeinträchtigen. Deshalb gehören diese Leitungen zum Gemeinschaftseigentum. Denn alles was nicht So...