Leitsatz (amtlich)

Die Auflassung eines Bruchteils eines Wohnungseigentums an einen Minderjährigen unterfällt § 1822 Nr. 10 BGB.

 

Normenkette

BGB § 1822 Nr. 10

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 44 SC 17746-16)

 

Tenor

Die Beschwerde wird nach einem Wert von 3.000 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO), aber nicht begründet. Das Grundbuchamt hat mit der angefochtenen Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 S. 1 2. Alt. GBO im Ergebnis zu Recht eine familiengerichtliche Genehmigung verlangt. Die beantragte Eigentumsumschreibung darf gemäß

§ 20 GBO nur erfolgen, wenn die Auflassung (§§ 873, 925 BGB) nachgewiesen ist. Bedarf die Auflassung zu ihrer Wirksamkeit einer gerichtlichen Genehmigung, ist diese ebenfalls nachzuweisen (vgl. dazu Demharter, GBO, 27. Aufl., § 20 Rz. 41). Das gilt auch dann, wenn das Familiengericht - wie hier - mitgeteilt hat, eine Genehmigung sei nicht erforderlich (OLG Zweibrücken NJW-RR 1999, 1174 [1175]; Demharter, a.a.O., § 19 Rz. 71). Die Auflassungserklärung in der notariellen Verhandlung vom 27.2.2010 (UR-Nr. 37/2010 des Notars ...) bedarf der familiengerichtlichen Genehmigung.

Zwar ist die für die Beteiligte zu 2) handelnde Mutter gem. §§ 1626a Abs. 2, 1629 Abs. 1 S. 1 BGB berechtigt, das Kind (allein) zu vertreten. Ausschlussgründe nach §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795, 181 BGB, die ohnehin nicht durch eine gerichtliche Genehmigung geheilt werden könnten, liegen nicht vor. Für die Auflassung besteht auch kein Genehmigungsvorbehalt nach § 1643 Abs. 1 i.V.m. § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB. Die Vorschrift betrifft nur den schuldrechtlichen Vertrag, dessen Gültigkeit durch das Grundbuchamt grundsätzlich nicht zu prüfen ist (BayObLG NJW-RR 1992, 328 [329]; 1990, 87; Demharter, a.a.O., § 19 Rz. 65).

Die Auflassung unterfällt hier jedoch § 1643 Abs. 1 i.V.m. § 1822 Nr. 10 BGB. Die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit liegt vor, wenn das Kind gemeinsam mit einem Dritten die gesamtschuldnerische Haftung für eine Verbindlichkeit übernimmt, die im Innenverhältnis der Dritte zu tragen hat und die deshalb ihm wirtschaftlich zuzuordnen ist (BGH NJW 1983, 1780 [1781]; BGHZ 60, 385 [387 ff.]; RGZ 133, 7 [12 f.]; Palandt/Diederichsen, § 1822 Rz. 21). § 1822 Nr. 10 BGB soll verhindern, dass eine Schuld nur wegen der Möglichkeit des Rückgriffsanspruchs als vermeintlich risikolos übernommen wird. So liegt der Fall hier, weil die Beteiligte zu 2) nur einen Bruchteil - 2/15 - des Wohnungseigentums erhalten soll. Mit dem dinglichen Rechtserwerb tritt sie in die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein (BGH NJW 1981, 109 [110]) und haftet für die Lasten und Kosten, die gem. § 16 Abs. 2 WEG auf das Wohnungseigentum entfallen, ggü. der Gemeinschaft persönlich als Gesamtschuldner mit dem Beteiligten zu 1) (vgl. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 16 WEG Rz. 37 m.w.N.). Dabei handelt es sich zu jeweils 13/15 um die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit i.S.v. § 1822 Nr. 10 BGB. Denn 13/15 der Lasten und Kosten entfallen auf den Miteigentumsanteil des Beteiligten zu 1), so dass er der Beteiligten zu 2) in dieser Höhe gem. §§ 426, 748 BGB zur Erstattung verpflichtet wäre (vgl. BGHZ 60, a.a.O., S. 388 zur gesamtschuldnerischen Haftung für Teile eines Kaufpreises, die auf Miteigentumsanteile Dritter entfallen); der Ersatzanspruch ggü. dem Beteiligten zu 1) ergibt sich zudem aus den Regelungen unter § 3 Nr. 2 der UR-NR. 37/2010. § 1822 Nr. 10 BGB gilt auch für den Fall, dass ein Rechtsgeschäft - hier die Übertragung eines Miteigentumsanteils - kraft Gesetzes den Eintritt in eine fremde Schuld bewirkt (BGH, NJW 1983, a.a.O.; RGZ 133, a.a.O., S. 13 f.; Palandt/Diederichsen, a.a.O.).

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 S. 1 KostO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2543221

NZM 2011, 78

ZWE 2011, 41

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