Entscheidungsstichwort (Thema)
Anmahnung von Instandsetzungsmaßnahmen bei streitiger Kompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Fordert ein Eigentümerbeschluss einzelne Wohnungseigentümer zur fachkundigen Feststellung von Balkonschäden und zur Schadensbeseitigung auf, ist aber strittig, inwieweit nach der Gemeinschaftsordnung die dem einzelnen Wohnungseigentümer übertragene Instandsetzungspflicht geht, ist damit nicht die Instandsetzungspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers statuiert. Dieser ist nur mit der Herbeiführung der fachkundigen Feststellung der zu beseitigenden Balkonschäden in Verzug gesetzt. Verweigert sich der einzelne Wohnungseigentümer die Schadensfeststellung, ist diese zunächst Verwaltungsangelegenheit. Erst nach Feststellung, ob die Mängelbeseitigung gemäß der Gemeinschaftsordnung auf den einzelnen Wohnungseigentümer überbürdet ist, kann von diesem die Mängelbeseitigung und auch die Übernahme der Kosten der Schadensfeststellung verlangt werden.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 2, § 21 Abs. 5 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 25.06.1999; Aktenzeichen 85 T 420/98 (WEG)) |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 26.11.1998; Aktenzeichen 72 II 118/98 (WEG)) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu II. wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 25. Juni 1999 – 85 T 420/98 (WEG) – teilweise aufgehoben und – wie folgt – neu gefasst:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 26. November 1998 – 72 II 118/98 – teilweise geändert und – wie folgt – neu gefasst:
Der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 26. August 1998 zu TOP 4 gefasste Wohnungseigentümerbeschluss ist insoweit ungültig, als die Wohnungseigentümer in Satz 2 beschlossen haben: „Ggf. erforderliche Maßnahmen haben die o.g. Eigentümer bis zum 15.6.99 durchführen zu lassen und müssen dies der Verwalterin nachweisen.”
Der weitergehende Anfechtungsantrag wird zurückgewiesen.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die weitergehende sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten aller drei Instanzen haben je zur Hälfte der Antragsteller und die Wohnungseigentümer zu Lasten des Gemeinschaftsvermögens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 7.000,00 DM.
Gründe
Die zur notariell beurkundeten Teilungserklärung gehörende Gemeinschaftsordnung bestimmt in § 6 Abs. 3 u.a. wörtlich:
„… Balkone … auch soweit sie zum Gemeinschaftseigentum gehören, sind in Bezug auf den Außenanstrich wie gemeinschaftliches Eigentum zu behandeln; alle anderen Schäden an diesen Teilen sind jedoch vom Sondereigentümer im räumlichen Bereich des Sondereigentums, auch wenn sie zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören und ohne Rücksicht auf die Ursache des Schadens, auf seine Kosten zu beseitigen.”
Auf der Grundlage dieser Bestimmung haben die Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 26. August 1998 zu TOP 4 wörtlich beschlossen:
„Es wird beschlossen, den Eigentümern der vier Wohnungen mit Balkons an der Gebäude- bzw. Straßenecke aufzuerlegen, die Reparatur- und Sanierungserfordernisse dieser Balkone durch einschlägige Fachleute bis zum 31.12.98 prüfen und feststellen zu lassen und dies der Verwaltung nachzuweisen. Ggfls erforderliche Maßnahmen haben die o.g. Eigentümer bis zum 15.6.99 durchführen zu lassen und müssen dies der Verwalterin nachweisen.”
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 26. November 1998 den rechtzeitig gestellten Anfechtungsantrag zurückgewiesen. Das Landgericht hat den Wohnungseigentümerbeschluss auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 25. Juni 1999 für ungültig erklärt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Wohnungseigentümer. Sie rügen, das Landgericht habe § 6 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung falsch ausgelegt; der Wortlaut der Bestimmung sei eindeutig und einer Auslegung nicht fähig. Sie beantragen weiter, den Anfechtungsantrag zurückzuweisen.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Die Wohnungseigentümer haben das Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt. Die von dem Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren vertretene Ansicht, das Rechtsmittel sei unzulässig, weil Rechtsanwalt C. nicht ausreichend bevollmächtigt war, trifft nicht zu. Rechtsanwalt C. hat mitgeteilt, die Verwalterin habe ihn beauftragt, das Rechtsmittel einzulegen. Damit hat sie ihm auch die entsprechende Vollmacht erteilt. Die Verwalterin war dazu nach § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG auch befugt; denn die Erteilung der Vollmacht war erforderlich, um die Rechtsbeschwerde innerhalb der Beschwerdefrist von zwei Wochen frist- und formgerecht durch Anwaltsschriftsatz einzulegen (§§ 29 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG i.V. mit § 45 WEG) (vgl. BayObLG, WE 1994, 375, 376). – Die Rechtsbeschwerde ist auch erforderlich, um Rechtsnachteile von der Gemeinschaft abzuwenden; denn die Gemeinschaft hat ein berechtigtes Interesse da...