Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlen der Prozessvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses als von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis
Leitsatz (amtlich)
Das Fehlen der Eröffnungsentscheidung führt zur Aufhebung des mit der Revision angefochtenen Berufungsurteils und zur Verfahrenseinstellung nach § 260 Abs. 3 StPO; eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht kommt nicht in Betracht, da der Eröffnungsbeschluss durch dieses nicht mehr nachgeholt werden kann. Zugleich ist das Urteil der 1. Instanz aufzuheben, da bereits seinem Erlass das Fehlen des Eröffnungsbeschlusses entgegenstand.
Normenkette
StPO §§ 203, 260
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 07.10.2014; Aktenzeichen (507) 251 Js 704/13 Ls Ns (25/14)) |
Tenor
1. Dem Angeklagten wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung der Revisionsanträge und zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Oktober 2014 gewährt.
2. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 5. Dezember 2014 gegenstandslos ist.
3. Auf die Revision des Angeklagten werden das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Oktober 2014 und das ihm zugrunde liegende Urteil des Amtsgerichts Tiergarten - Jugendschöffengericht - vom 8. April 2014 mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen versuchten Diebstahls verurteilt worden ist. Das Verfahren wird insoweit eingestellt.
Der Gesamtstrafenausspruch in dem Urteil des Landgerichts Berlin entfällt. Die Urteilsformel wird dahin klargestellt und neu gefasst, dass der Angeklagte wegen Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden ist.
4. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Landeskasse Berlin zur Last.
5. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO auf seine Kosten verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten - Jugendschöffengericht - hat den Angeklagten am 8. April 2014 wegen Wohnungseinbruchdiebstahls und versuchten Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt (Einzelstrafen: Freiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten sowie zehn Monaten). Die hiergegen gerichtete, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 7. Oktober 2014 verworfen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte rechtzeitig Revision eingelegt. Das Landgericht hat die Revision mit Beschluss vom 5. Dezember 2014 gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen, weil der Angeklagte sein Rechtsmittel nicht innerhalb der mit der Zustellung des Urteils am 21. Oktober 2014 beginnenden Monatsfrist des § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO begründet und keine Revisionsanträge gestellt hatte. Der Beschluss ist am 10. Dezember 2014 formlos an den Angeklagten übersandt und dem Verteidiger am selben Tag per Telekopie mit Empfangsbekenntnis (§ 174 Abs. 2 ZPO) zugestellt worden.
Mit Schriftsatz des Verteidigers vom 11. Dezember 2014, eingegangen am 16. Dezember 2014, hat der Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision beantragt und das Rechtsmittel unter Anbringung des Revisionsantrages mit der Sachrüge begründet. Der Angeklagte trägt - gestützt durch eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachgehilfin H------ - vor, die vom Verteidiger bereits gefertigte Revisionsbegründung sei von der diesem als äußerst zuverlässig bekannten Kanzleiangestellten versehentlich nicht fristgerecht expediert worden.
1. Dem Angeklagten war auf seine Kosten (§ 473 Abs. 7 StPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung der Revisionsanträge und zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Oktober 2014 zu gewähren.
a) Der Wiedereinsetzungsantrag, über den der Senat vorrangig zu entscheiden hatte, ist zulässig. Er ist insbesondere rechtzeitig angebracht worden. Angaben zum Wegfall des Hindernisses waren hier entbehrlich; denn nach Aktenlage ist offensichtlich, dass die Frist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO gewahrt ist (dazu vgl. BVerfG NJW 1995, 2544 - juris Rdn. 14; BGH NStZ 2013, 474; OLG München MDR 1985, 162). Der Verteidiger hat ersichtlich durch die Zustellung des Verwerfungsbeschlusses am 10. Dezember 2014 davon Kenntnis erlangt, dass die Revisionsbegründungsschrift nicht beim Landgericht eingegangen war, und daraufhin innerhalb einer Woche den Wiedereinsetzungsantrag gestellt sowie die versäumte Handlung nachgeholt. Dass der bis zum 16. Dezember 2014 in anderer Sache in Strafhaft befindliche Angeklagte - auf dessen Kenntnis es hinsichtlich des Wegfalls des Hindernisses ankommt (vgl. BGH aaO.) - zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis von der Fristversäumung erlangt haben könnte, ist nicht ersichtlich und bedurfte - da fernliegend - keiner Darlegung (vgl. BVerfG aaO. - juris Rdn. 15).
b) Das Wieder...