Leitsatz (amtlich)
Die Berliner Justiz hat den elektronischen Zugang zu den Grundbuchämtern bislang nicht eröffnet. Wird dennoch ein (Vollstreckungs-)Antrag unter Beifügung des Vollstreckungstitels über das besondere elektronische Anwaltspostfach bei dem Grundbuchamt eingereicht, ersetzt der von dem Amtsgericht gefertigte Ausdruck jedenfalls nicht die Ausfertigung des Titels. Insoweit fehlt es an einer Voraussetzung der Zwangsvollstreckung. Das Grundbuchamt hat hierauf nicht durch - rangwahrende - Zwischenverfügung, sondern mit einer Aufklärungsverfügung hinzuweisen.
Normenkette
FamFG § 28; GBO §§ 13, 17-18, 29, 39, 71; ZPO §§ 724, 757, 867
Tenor
Die Beschwerde wird bei einem Wert in Höhe von 275.150,77 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte erwirkte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter am 15. Juli 2022 vor dem Landgericht Berlin den Erlass eines Versäumnisurteils, durch das der Beklagte (im folgenden: Schuldner) zur Zahlung von 262.878,77 EUR an den Beteiligten verurteilt wurde. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 19. Oktober 2022 wurden die von dem Schuldner an den Beteiligten zu erstattenden Kosten auf 12.272,00 EUR festgesetzt.
Der Schuldner war seit dem 27. August 2020 als Miteigentümer zu 1/2 in dem im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuch eingetragen. Weiterer Miteigentümer zu 1/2 war sein Vater.
Am 15. Februar 2023 veräußerte der Schuldner zur UVZ-Nr. 2xx/2xxx des Notars K ... H ... in B ... seinen Anteil an dem Grundstück an seinen Vater. Für den Erwerber wurde am 16. März 2023 in Abt. II lfd. Nr. 3 eine Eigentumsvormerkung eingetragen.
Mit Schriftsatz vom 17. März 2023, elektronisch bei dem Amtsgericht Mitte am 21. März 2023 eingereicht und der Grundbuchrechtspflegerin am 22. März 2023 vorgelegt, hat der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten auf der Grundlage des Versäumnisurteils und des Kostenfestsetzungsbeschlusses die Eintragung einer Zwangshypothek auf dem hälftigen Miteigentumsanteil des Schuldners beantragt. Das Grundbuchamt hat den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten mit Verfügung vom 23. März 2023 unter Bestimmung einer Frist von einem Monat darauf hingewiesen, dass im Grundbuchverfahren in Berlin der elektronische Rechtsverkehr nicht zugelassen sei und die Vollstreckungsunterlagen im Original vorgelegt werden müssten.
Mit am 6. April 2023 bei dem Grundbuchamt eingegangenem Antrag hat Notar H ... die Umschreibung des hälftigen Miteigentumsanteils des Schuldners auf den Erwerber beantragt. Das Grundbuchamt hat diesen Antrag am selben Tag im Grundbuch vollzogen und zugleich den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die bei dem Grundbuchamt am 20. April 2023 eingegangene Beschwerde des Beteiligten vom 18. April 2023, der die vollstreckbaren Ausfertigungen der Vollstreckungstitel beigefügt sind. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24. April 2023 nicht abgeholfen.
II. 1. Das Rechtsmittel ist als (Grundbuch-)Beschwerde statthaft, § 71 Abs. 1 GBO. Gegen Entscheidungen des Grundbuchamts im Zusammenhang mit der Eintragung einer Zwangshypothek sind die Rechtsmittel der Grundbuchordnung gegeben, auch wenn die Eintragung einer Zwangshypothek zugleich eine Maßregel der Zwangsvollstreckung ist. Maßgeblich ist der Vollzug dieser Maßregel durch ein Grundbuchgeschäft, § 867 Abs. 1 S. 1 ZPO (Senat, Beschluss vom 3. Februar 1987 - 1 W 5441/86 - OLGZ 1987, 257, 258).
2. Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Bei der Eintragung einer Sicherungshypothek nach § 867 Abs. 1 ZPO müssen sowohl die vollstreckungsrechtlichen als auch die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen vorliegen (Senat, Beschluss vom 7. Januar 2016 - 1 W 1039/15 - ZIP 2016, 227). An beidem mangelt es hier, so dass die Zurückweisung des Antrags durch das Grundbuchamt nicht zu beanstanden ist.
a) Die Zwangsvollstreckung wird aufgrund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils durchgeführt, § 724 ZPO. Die Ausfertigung dient dem Nachweis, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen - noch - gegeben sind. Sie ist von dem Gläubiger an den Schuldner herauszugeben, wenn er wegen des titulierten Anspruchs befriedigt worden ist, § 757 Abs. 1 ZPO (OLG Köln, NJW-RR 2000, 1580). Da somit an den Besitz der Urkunde Rechtsfolgen geknüpft sind, genügt die Vorlage einer Abschrift, selbst wenn sie beglaubigt worden wäre, nicht (Demharter, GBO, 32. Aufl., 2021, § 29, Rdn. 59).
Vor diesem Hintergrund war es deshalb nicht zu beanstanden, dass das Grundbuchamt am 23. März 2023 lediglich eine - nicht rangwahrende (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., 2020, Rdn. 2179) - Aufklärungsverfügung erlassen hatte (Demharter, a.a.O., Anhang zu § 44, Rdn. 67). Dabei kam es nicht darauf an, ob der über das besondere elektronische Anwaltspostfach eingereichte Antrag vom 17. März 2023 wenigstens durch den Ausdruck bei dem Amtsgericht Mitte eine der Schriftform entsprechende Form erlangt hatte (vgl. OLG München, FGPrax 2022...