Leitsatz (amtlich)
Der Gebührenstreitwert für den Klageantrag des Mieters auf Feststellung, dass sich die Nettokaltmiete durch die Modernisierungsmieterhöhungserklärungen des Vermieters nicht erhöht hat, bemisst sich gem. § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG auf den zwölffachen Erhöhungsbetrag.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 13.03.2012; Aktenzeichen 65 T 34/12) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 233 C 182/11) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beklagten vom 23.3.2012 wird der Beschluss der Zivilkammer 65 des LG Berlin vom 13.3.2012 abgeändert und der Streitwert auf 2.423,76 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Klägerin hat die Feststellung begehrt, dass sich durch die beiden Erhöhungserklärungen der Beklagten vom 23.12.2010 und 28.4.2011 die von der Klägerin für die Wohnung in dem Wohnhaus L...in 1...B., 1. Obergeschoss links geschuldete Miete nicht erhöht hat. Die Beklagte hat widerklagend beantragt, die Klägerin zu verurteilen, an sie für den Zeitraum 1.3.2011 bis 36.5.2011 eine wegen Modernisierungsmaßnahmen erhöhte Miete von (3 × 105,92 EUR =) 317,76 EUR zu zahlen.
Das AG hat den Streitwert mit Beschluss vom 24.1.2012 auf 2.106 EUR (12 × 105,92 EUR + 12 × 69,58 EUR) festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägervertreters vom 27.1.2012 hat das LG Berlin mit Beschluss vom 13.3.2012 den Streitwert auf (105,92 EUR × 42 + 69,58 EUR × 42 + 317,76 EUR =) 7.688,76 EUR festgesetzt. Es hat die weitere Beschwerde zugelassen.
II. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 68 Abs. 1 Satz 1, Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG statthaft und rechtzeitig innerhalb der Frist des § 68 Abs. 1 Satz 6 GKG eingelegt worden. Unschädlich ist, dass die Beklagte nicht anwaltlich vertreten ist, denn bei der Streitwertbeschwerde herrscht kein Anwaltszwang (Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 68 GKG, Rz. 12).
Die Beschwerde ist auch überwiegend begründet.
Entgegen der Auffassung des LG bemisst sich der Gebührenstreitwert für den Klageantrag des Mieters auf Feststellung, dass sich die Nettokaltmiete durch die Modernisierungsmieterhöhungserklärungen des Vermieters nicht erhöht hat, nach § 42 Abs. 5 Satz 1 GKG auf den zwölffachen Erhöhungsbetrag und damit auf (12 × 105,92 EUR + 12 × 69,58 EUR =) 2.106 EUR.
Gemäß § 41 Abs. 5 Satz 1, Halbs. 1 GKG ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum für die Wertberechnung maßgebend.
Vorliegend wendet sich die klagende Mieterin mit ihrer Feststellungsklage gegen die auf § 559 BGB gestützten Modernisierungsmieterhöhungen der beklagten Vermieterin.
Die negative Feststellungsklage der Mieterin stellt das Spiegelbild einer positiven Feststellungsklage des Vermieters auf Feststellung, dass der Mieter verpflichtet ist, die aus einer Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB resultierenden Mieterhöhungsbeträge zu zahlen, dar. Sowohl die positive Feststellungsklage des Vermieters, als auch die negative Feststellungsklage des Mieters werden von § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG erfasst.
Der Auffassung, dass § 41 Abs. 5 GKG nur für Klagen gelte, mit denen die materiell-rechtlich erforderliche Zustimmung des Mieters (§ 558 Abs. 1 BGB) eingefordert werden soll (Schneider, NJW-Spezial 2012, 347) und dass es sich bei einer Klage des Vermieters auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung einer künftig erhöhten Miete nicht um eine Klage auf Mieterhöhung, sondern um eine Klage aus einer Mieterhöhung handele (KG, Beschl. v. 16.7.2009 - 22 W 76/08 - (Grundeigentum 2010, 546), kann nicht gefolgt werden.
Diese Auslegung gibt schon der Wortlaut des § 41 Abs. 5 GKG nicht her, denn § 41 Abs. 5 Satz 1 lautet nicht "bei Ansprüchen auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete ...", sondern "bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete"...
Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Dem Ziel, den im Gesetz objektivierten Willen des Gesetzgebers zu erfassen, dienen die nebeneinander zulässigen, sich gegenseitig ergänzenden Methoden der Auslegung aus dem Wortlaut der Norm, aus ihrem Zusammenhang, aus ihrem Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (BGH Kartellsenat, BGHZ 46, 74 m. w. N).
Da der Wortlaut des § 41 Abs. 5 Satz 1 Hs 1 GKG weit gefasst ist, stellt sich die Frage nach dem Zweck der Vorschrift, der sich vorliegend zweifelsfrei aus der Entstehungsgeschichte und den Gesetzesmaterialien entnehmen lässt. Die Gesetzesmaterialien, vor allem die im Gesetzgebungsverfahren erfolgten Äußerungen der an dem Gesetzeswerk beteiligten Verfassungsorgane, die die mit der getroffenen Regelung verfolgten gesetzgeberischen Zwecke und die für sie maßgebenden Beweggründe hervortreten lassen, erbringen oft - und so auch hier - einen wertvollen Anhaltspunkt, j...