Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenwiderspruch gegen einstweilige Verfügung im Lauterkeitsrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Statthaftes Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil zu einem Kostenwiderspruch ist in entsprechender Anwendung des § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO die sofortige Beschwerde.
2. Ein Kostenwiderspruch stellt zugleich ein Anerkenntnis der einstweiligen Verfügung dar.
3. Ein Kostenwiderspruch kann nur dann erfolgreich sein, wenn er sich von Anfang an darauf beschränkt und ausdrücklich als solcher bezeichnet ist. Zweideutigkeiten schaden.
4. Vorstehendes hindert den Schuldner aber nicht, sich gegen einen Teil der einstweiligen Verfügung in der Sache selbst mit dem Vollwiderspruch zu wehren und einen weiteren Teil der einstweiligen Verfügung in der Sache selbst hinzunehmen und insoweit isoliert die Kostenentscheidung anzugreifen. Denn § 93 ZPO umfasst auch ein Teilanerkenntnis und gilt dann für den betreffenden Teil des Streitgegenstands.
5. Um den Vorteil des § 93 ZPO in zeitlicher Hinsicht zu wahren, muss der Kostenwiderspruch bei Einlegung "sofort" als solcher bezeichnet werden, nicht dagegen sogleich nach Zustellung der einstweiligen Verfügung eingelegt werden. Denn der Rechtsbehelf des Widerspruchs (und damit auch des Kostenwiderspruchs) ist - abgesehen von Verwirkungsaspekten - unbefristet möglich.
Normenkette
ZPO §§ 93, 99
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 08.02.2011; Aktenzeichen 15 O 548/10) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird das Urteil der Zivilkammer 15 des LG Berlin vom 8.2.2011 - 15 O 548/10 abgeändert:
Die einstweilige Verfügung des LG Berlin vom 8.10.2010 wird im Kostenpunkt aufgehoben und die Kosten den Antragstellerinnen je zur Hälfte auferlegt.
2. Die weiteren Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Antragstellerinnen je zur Hälfte auferlegt.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 15.000 EUR.
Gründe
A. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist entsprechend § 99 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 569 ZPO zulässig (vgl. Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 12 Rz. 155 m.w.N.) und hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das LG in Anwendung von §§ 91, 516 Abs. 3 ZPO unter Verneinung von § 93 ZPO die einstweilige Verfügung im Kostenpunkt bestätigt.
I. Nach § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte nicht zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Die genannten Voraussetzungen sind im Streitfall - entgegen der Auffassung des LG - erfüllt.
Das LG hat in diesem Zusammenhang ausgeführt:
Es fehle bereits an einem Anerkenntnis, denn die Antragsgegnerin habe eine Abschlusserklärung abgegeben, die nach ihrem eigenen den Antragstellerinnen dabei mitgeteilten Verständnis nur einen Teil des Untersagungstenors abdecke. Sie habe sich auch nicht auf einen Kostenwiderspruch beschränkt, sondern gleichzeitig einen Teilwiderspruch in der Sache erhoben. Mit dieser prozessualen Disposition sei unabhängig von deren Motivation ein sofortiges Anerkenntnis nicht vereinbar. Der Kostenwiderspruch könne daher keinen Erfolg haben.
II. Vorstehende Ausführungen halten einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht nicht stand.
1. Mit Schriftsatz vom 16.12.2010 (Bl. 47 ff.) hat die Antragsgegnerin ein Anerkenntnis entsprechend § 93 ZPO abgegeben, weil (und soweit) dieser Schriftsatz einen "Kostenwiderspruch" enthält. Ein Kostenwiderspruch stellt zugleich ein Anerkenntnis der einstweiligen Verfügung dar (vgl. Hess, a.a.O., Rz. 150 m.w.N.).
2. Vorstehendem steht nicht entgegen, dass es sich bei besagtem Schriftsatz um einen "(Teil-) Widerspruch und Kostenwiderspruch" gehandelt hat.
a) Richtig ist zwar, dass der Kostenwiderspruch nur dann erfolgreich sein kann, wenn er sich von Anfang an darauf beschränkt und ausdrücklich als solcher bezeichnet ist; Zweideutigkeiten schaden (vgl. Hess, a.a.O., Rz. 152 m.w.N.). Das hindert den Schuldner aber - beispielsweise bei mehreren Verboten oder auch im Hinblick auf die Reichweite eines Verbots - nicht, sich gegen einen Teil der einstweiligen Verfügung in der Sache selbst mit dem Vollwiderspruch zu wehren und einen weiteren Teil der einstweiligen Verfügung in der Sache selbst hinzunehmen und insoweit isoliert die Kostenentscheidung anzugreifen. Denn die Vorschrift des § 93 ZPO umfasst auch ein Teilanerkenntnis; sie gilt dann für den betreffenden Teil des Streitgegenstandes (vgl. Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 93 Rz. 8b m.w.N.).
b) Aus (damaliger) Sicht der widersprechenden Antragsgegnerin signalisierte das Wort "insbesondere" im Verbotsausspruch der einstweiligen Verfügung, dass das Verbot der komplexen, aus Abbildung und Text bestehenden, Werbemaßnahme nicht nur wegen der darin enthaltenen Textelemente
"Endlich: die Technik, die hält, was sie verspricht. Kein Verstopfen und kein Saugkraftverlust nach IEC 60312"
ergangen sei (was sie hinzunehmen bereit war), sondern auch noch wegen weiterer Bestandteile der Webemaßnahme (wogeg...