Leitsatz (amtlich)
1. In welchem Umfang der Tatrichter bei einer Haftfortdauerentscheidung während laufender Hauptverhandlung das bisherige Beweisergebnis darlegen muss, orientiert sich an der Notwendigkeit, es dem Beschwerdegericht zu ermöglichen, die Entscheidung auf die erforderliche Plausibilität zu überprüfen. Es kommt maßgeblich darauf an, welche Darlegungen für das Verständnis des Beschwerdegerichts unerlässlich sind.
2. Zu den Anforderungen an die Beachtung des Beschleunigungsgebots.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 30.04.2015; Aktenzeichen (515 Ks) 234 Js 137/13 (19/13)) |
Tenor
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts Berlin vom 30. April 2015 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft Berlin legt dem Beschwerdeführer mit ihrer am 19. August 2013 beim Landgericht Berlin - Schwurgericht - erhobenen Anklage vom 9. August 2013 zur Last, gemeinsam mit dem Mitangeklagten F ein Verbrechen des Mordes in Tateinheit mit (besonders schwerem) Raub mit Todesfolge begangen zu haben. Der Beschwerdeführer soll in Ausführung des gemeinsamen Plans, den ihm bekannten St zu töten und zu berauben, am 3. März 2013 dem Geschädigten in dessen Wohnung drei Messerstiche in den Rücken versetzt und sodann in der Annahme, der Geschädigte sei tot, abredegemäß den in der Nähe wartenden F verständigt haben. In der Wohnung eingetroffen, soll dieser an dem Geschädigten Lebenszeichen festgestellt und ihm daraufhin viermal mit einem Messer in den Hals gestochen haben, was - wie beabsichtigt - zum Tode des Geschädigten führte. Im Anschluss hieran sollen die Angeklagten zumindest eine Armbanduhr und eine EC-Karte des Geschädigten an sich genommen haben, um sie für sich zu verwerten. Mit der EC-Karte wurden zwischen dem 3. und 5. März 2013 insgesamt 2.500,- Euro abgehoben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Anklageschrift verwiesen.
Gegen den Angeklagten M, der sich seit dem 18. März 2013 in anderer Sache in Strafhaft befand, erließ das Amtsgericht Tiergarten in dieser Sache am 26. März 2013 einen auf die Haftgründe der Fluchtgefahr und des § 112 Abs. 3 StPO gestützten Haftbefehl wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge, der am selben Tag verkündet und aufgrund dessen zunächst Überhaft notiert wurde. Dieser Haftbefehl wird seit dem 31. Oktober 2013 - nach Beendigung der Strafhaft - vollzogen, wobei durch die Flucht des Angeklagten aus der Justizvollzugsanstalt M. am 19. Mai 2014 bis zu seiner erneuten Festnahme am 31. Juli 2014 eine Unterbrechung eingetreten ist.
Das Landgericht Berlin hat mit Beschluss vom 13. September 2013 die Anklage unter Eröffnung des Hauptverfahrens vor der 15. großen Strafkammer - Schwurgericht - zur Hauptverhandlung zugelassen und die Fortdauer der Haftverhältnisse angeordnet. Die Schwurgerichtskammer hat am 17. Oktober 2013, ihrer Planung entsprechend, mit der Hauptverhandlung begonnen und diese an bislang - bis zum 9. Juni 2015 - 60 Tagen durchgeführt. Der für die Urteilsverkündung vorgesehene Termin am 3. Juni 2015 musste aufgehoben werden, da sich der Angeklagte M nach Abschluss der Beweisaufnahme und nach den Schlussvorträgen der Staatsanwaltschaft, der Nebenklage und des Verteidigers des Mitangeklagten F am 8. Mai 2015 in einer 89-seitigen, schriftlich vorbereiteten Erklärung erstmals in der Hauptverhandlung zur Sache einließ, wodurch die ergänzende Anhörung der beiden psychiatrischen Sachverständigen am 27. Mai 2015 erforderlich wurde. Um welchen Zeitraum sich hierdurch und durch die nachfolgend vorgesehenen (erneuten) Plädoyers der geplante Abschluss der Hauptverhandlung verzögern wird, ist noch nicht konkret absehbar.
Mit Schriftsatz vom 28. April 2015 beantragte der Angeklagte M die Aufhebung des Haftbefehls vom 26. März 2013 in der Fassung des Haftfortdauerbeschlusses der Strafkammer vom 13. September 2013. Zur Begründung machte er geltend, der dringende Tatverdacht sei "nach dem bisherigen Stand der Beweisaufnahme" nicht mehr gegeben. Die Schwurgerichtskammer hat daraufhin mit Beschluss vom 30. April 2015 die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Der hiergegen am 4. Mai 2015 erhobenen Beschwerde des Angeklagten, mit der dieser die Ausführungen der Strafkammer zum dringenden Tatverdacht als unzureichend beanstandet, hat die Kammer ausweislich des hierüber aufgenommenen Aktenvermerks vom 13. Mai 2015 - der auch die zwischenzeitlich abgegebene Einlassung des Angeklagten M berücksichtigt - nicht abgeholfen. Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2015, eingegangen am 2. Juni 2015, macht der Beschwerdeführer nunmehr geltend, dass - ungeachtet der Frage des dringenden Tatverdachts - "jedenfalls das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verletzt" worden sei; insoweit werde auf die "aktenkundige Terminierung der laufenden Hauptverhandlung" verwiesen. Hierzu hat der Strafkammervorsitzende in einem weiteren Vermerk vom 9. Juni 2015 Stellung genommen. Wegen der Einzelheiten des Beschwerde...