Leitsatz (amtlich)
Die nach österreichischem Recht erfolgte notarielle Online-Beglaubigung ist einer deutschen Beglaubigung mittels Videokommunikation nach § 40a BeurkG nicht gleichwertig. Eine Pflicht zur Anerkennung ergibt sich auch nicht aus der Gesellschaftsrechtsrichtlinie in der Fassung der Digitalisierungsrechtlinie der EU.
Normenkette
BeurkG § 16a Abs. 1, § 40a; BNotO § 78p; HGB § 12 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 15.03.2024; Aktenzeichen 83 HRB 189507) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 15.03.2024, Az. 83 HRB 189507, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Geschäftsführer der Beteiligten, einer GmbH, meldete am 4.10.2023 zum Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg die Änderung der inländischen Geschäftsanschrift der Beteiligten zur Eintragung an. Bei dem zur Anmeldung eingereichten Dokument handelt es sich um eine von dem Notar Mag. H mit Amtssitz in Österreich im Online-Verfahren erstellten Urkunde, die neben der handschriftlichen Unterzeichnung vom Geschäftsführer der Beteiligten auch elektronisch signiert wurde und einen diesbezüglichen Beglaubigungsvermerk des Notars ausweist.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit Beschluss vom 15.03.2024 die Eintragung mit der Begründung abgelehnt, dass eine im Ausland vorgenommene Beglaubigung im Online-Verfahren nur dann anerkannt werden könne, wenn das Verfahren den §§ 40a, 16a Abs. 1 BeurkG gleichstünde, was im Falle einer nach österreichischem Recht vorgenommenen OnlineBeglaubigung nicht der Fall sei.
Gegen den Beschluss hat die Beteiligte unter dem 15.04.2024 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, eine Gleichwertigkeit des österreichischen mit dem deutschen Verfahren zur notariellen Beglaubigung im Online-Verfahren liege vor, da die Zwecke der Anforderungen des BeurkG auch nach den Vorschriften der österreichischen Notarordnung erfüllt seien, so dass man von einer Funktionsäquivalenz der Verfahren ausgehen könne. Sofern der deutsche Gesetzgeber die RL (EU) 2017/1132 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (GesR-RL) zu OnlineEintragungen im Gesellschaftsrecht überschießend umgesetzt habe, dürfe das nicht zu Lasten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehen, die sich auf das erforderliche Mindestmaß der Vorgaben der Richtlinie beschränkt hätten. Die Nichtanerkennung einer in Österreich vorgenommenen Online-Beglaubigung mit grenzüberschreitendem Bezug stelle auch eine unverhältnismäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit des österreichischen Notars dar.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 29. April 2024 nicht abgeholfen und sie dem Senat als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. 1. Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und nach §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt sowie gem. § 65 FamFG begründet worden. Die Beteiligte ist nach Zurückweisung ihres Eintragungsantrags gem. § 59 Abs. 2 FamFG auch beschwerdeberechtigt.
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
Das Registergericht hat zu Recht den Antrag auf Eintragung der Änderung der inländischen Geschäftsanschrift der Beteiligten auf Grundlage der von dem österreichischen Notar Mag. H beglaubigten Urkunde zurückgewiesen.
a) Die von der Beteiligten eingereichte Anmeldung zum Handelsregister vom 4.10.2023 erfüllt nicht die Voraussetzungen der §§ 12 Abs. 1 S. 1, 2 HGB, 16a Abs. 1, 40a Abs. 1 BeurkG, 78p BnotO. Insbesondere ist die notarielle Beglaubigung der qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) des Geschäftsführers der Beteiligten durch den österreichischen Notar Mag. H im Wege des OnlineVerfahrens nicht in der nach dem BeurkG und der BnotO vorgeschriebenen Weise erfolgt.
Nach § 12 Abs. 1, 2 HGB sind Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen, wobei die öffentliche Beglaubigung mittels Videokommunikation gemäß § 40a BeurkG zulässig ist. Nach § 40a Abs. 1 S. 1 BeurkG soll eine qeS nur dann beglaubigt werden, wenn sie in Gegenwart des Notars oder mittels des von der Bundesnotarkammer nach § 78p BNotO betriebenen Videokommunikationssystems anerkannt worden ist. Die Feststellung der Beteiligten erfolgt dabei über das von der Bundesnotarkammer betriebene Videokommunikationssystem mittels Videokommunikation in dem nach § 16c BeurkG vorgegebenen Verfahren (§ 78p Abs. 1, Abs. 2 Satz Nr. 1 BnotO). Dieses Verfahren ist zweistufig angelegt. Nach § 16c S. 1 BeurkG soll sich der Notar anhand eines ihm elektronisch übermittelten Lichtbildes sowie anhand eines elektronischen Identitätsnachweises oder eines elektronischen Identifizierungsmittels durch einen zusätzlichen Lichtbildabgleich Gewissheit über die Person der Beteiligten verschaffen. Die Kombination beider Verfahrensschritte - und nur ihre Kombination - gewährleistet nach dem in der Gesetzesbegründung erkennbaren Willen des Gesetzgebers "im Ergebnis die notwendige und mit...