Entscheidungsstichwort (Thema)

Antragsbefugnis; Verfahrensstandschaft; werdender Wohnungseigentümer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Wohnungsverkäufer (teilender Eigentümer oder Ersterwerber) kann den Käufer auch vor Eintragung einer Eigentumsverschaffungsvormerkung zur Ausübung des Stimmrechts in der Eigentümerversammlung ermächtigen und ihm damit eine Verfahrensstandschaft für das Beschlussanfechtungsverfahren verschaffen.

2. Die Verfahrensstandschaft des Wohnungskäufers muss jedoch in der Anfechtungsfrist offen gelegt werden, weil der Wohnungskäufer noch nicht der Rechtsinhaber ist und lediglich ein fremdes Recht in eigenem Namen geltend macht. Der Eigentumserwerb durch Umschreibung im Grundbuch nach Ablauf der Anfechtungsfrist heilt die zunächst fehlende Antragsbefugnis aus eigenem Recht nicht.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 14.01.2003; Aktenzeichen 85 T 204/02)

AG Berlin-Hohenschönhausen (Aktenzeichen 70 II 42/01)

 

Tenor

1. Unter Änderung der vorinstanzlichen Wertfestsetzungen wird der Geschäftswert für die erste Instanz auf insgesamt 14.869,08 Euro und für die zweite Instanz auf 5.124,80 Euro festgesetzt.

Die Entscheidung über die Geschäftswertbeschwerde ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

2. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu I.1) und 2) wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu I)1. und 2) haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen und dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft die notwendigen außergerichtlichen Kosten dritter Instanz zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 1.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu I.1) und 2) sowie II. bilden die Eigentümergemeinschaft der im Rubrum bezeichneten Wohnanlage. Mit Vertrag vom 18.8.1998 kauften die Beteiligten zu I.1) und 2) die Wohneinheit Nr. ... . Gegen Ende des Jahres 1998 wurde ihnen die Wohnung übergeben. Sie wurden am 26.11.2001 als Eigentümer der Wohneinheit Nr. ... im Grundbuch eingetragen, ohne dass zuvor eine Eigentumsverschaffungsvormerkung für sie eingetragen worden war. Die Antragstellerin zu I.3) kaufte am 29.7.1999 die Einheit Nr. 43. Am 16.7.2001 wurde zu Gunsten einer weiteren beteiligten Wohnungseigentümerin im Grundbuch der Wohneinheit Nr. ... eine Vormerkung zur Eigentumsverschaffung eingetragen. Am 5.9.2001 wurden andere Wohnungseigentümer der Wohneinheit Nr. ... in das Grundbuch eingetragen.

In der Eigentümerversammlung vom 13.9.2001, zu der die Verwalterin mit Schreiben vom 29.8.2001 sämtliche vorgenannten Beteiligten eingeladen hatte, wurden mehrheitlich folgende Beschlüsse gefasst:

Zu TOP 2 die Jahresabrechnung 2000

Zu TOP 3 die Verwalterentlastung

Zu TOP 4 der Wirtschaftsplan 2001/2002

Zu TOP 5 ein geänderter Verteilerschlüssel für die Heizung

Zu TOP 7b die Installation von Fahrradständern in den jeweiligen Kellerräumen der Häuser

Zu TOP 9 ein Sondernutzungsrecht.

Mit den am 9.10.2001 bzw. Montag, 15.10.2001 eingegangenen Antragsschriften haben die Antragsteller zu I. die vorgenannten Eigentümerbeschlüsse angefochten. Das AG hat mit Beschluss vom 29.4.2002 die Nichtigkeit des Eigentümerbeschlusses zu TOP 9 festgestellt, im Übrigen jedoch die Anfechtungsanträge zurückgewiesen. Das LG hat mit Beschluss vom 14.1.2003 die Erstbeschwerden der Antragsteller zu I. 1) bis 3) gegen die Zurückweisung der Anträge hinsichtlich der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 2 und 7 zurückgewiesen und den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 184.784 Euro festgesetzt, nachdem das AG für die erste Instanz den Geschäftswert auf 188.618 Euro festgesetzt hatte. Die Antragstellerin zu I.3) wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Wertfestsetzungen der Vorinstanzen. Nachdem die Antragsteller zu I.1) und 2) sich mit ihrer Erstbeschwerde nur noch gegen die Zurückweisung der Anträge hinsichtlich der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 2 und 7 gewandt haben, verfolgen sie in dritter Instanz lediglich noch den Beschlussanfechtungsantrag zu TOP 7b. Die Rechtsmittel haben nur insoweit Erfolg, als die Wertfestsetzungen für die Vorinstanzen zu ändern sind.

II.1. Geschäftswertbeschwerde der Antragstellerin zu I.3)

Der Senat hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass gegen die Geschäftswertfestsetzung des LG für die zweite Instanz die zulassungsfreie Erstbeschwerde gegeben ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50 Euro (früher: 100 DM) übersteigt, was hier angesichts der erstrebten erheblichen Herabsetzung der Geschäftswerte insb. im Hinblick auf die Anwaltskosten der Fall ist. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 16.6.1999 (KG v. 16.6.1999 - 24 W 7352/98, KGReport Berlin 1999, 311 = ZMR 1999, 659; vgl. auch BayObLG, Beschl. v. 22.7.1998 - 3 Z BR 122/98, WuM 1998, 688; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.10.2000 - 3 W 200/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 237 = ZMR 2001, 227 = NZM 2001, 245). Die somit zulässige Erstbeschwerde der Antragstellerin zu I.3) führt dazu, dass die dritte Instanz über § 31 Abs. 1 S. 2 GKG von Amts wegen auch die Wertfestsetzung e...

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