Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Begründung von Sondernutzungsrechten kann sukzessive der Mitgebrauch gemeinschaftlichen Eigentums in der Teilungserklärung ausgeschlossen werden.
2. Die Befugnis, Teileigentum auch als Wohnungseigentum zu nutzen, kann Inhalt der Gemeinschaftsordnung sein.
3. Das Grundbuchamt darf die Eintragung einer Vereinbarung nur ablehnen, wenn diese evident gegen die §§ 134, 138 BGB verstößt.
4. Für geschuldete Zahlungen des Aufteilers kann die Einzugsermächtigung ausgeschlossen werden.
5. Beruft ein nichtberechtigter Sondereigentümer eine Eigentümerversammlung ein, so sind dort gefasste Beschlüsse nur anfechtbar.
Normenkette
BGB § 903; GBO § 18; WoEigG § 1 Abs. 2-3, § 5 Abs. 4, §§ 8, 10, 16 Abs. 1 S. 3, §§ 18, 24 Abs. 3
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Köpenick vom 19. März 2021 zu Nr. 3 bis 6 und 8 bis 10 aufgehoben.
Gründe
Die Beschwerde ist gemäß §§ 71 ff. GBO zulässig. Gegenstand des Verfahrens vor dem Senat sind nur die in der Beschlussformel genannten Beanstandungen. Die Beschwerdebegründung vom 7. Mai 2021 befasst sich nur mit Punkt 3 bis 10 der Zwischenverfügung. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde abgeholfen, soweit sie sich gegen die Beanstandung zu Nr. 7 richtet.
Die Beschwerde ist begründet. Die Zwischenverfügung ist in dem verfahrensgegenständlichen Umfang nicht gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO veranlasst. Insoweit sind die Erklärungen der Beteiligten in der notariellen Verhandlung vom 16. September 2020 (UR-Nr. 590/2020 des Notars ...) nicht zu beanstanden:
zu Nr. 3
§ 2 ist hinreichend bestimmt und zulässig. Der teilende Eigentümer ist nicht gehindert, bei der Begründung von Sondernutzungsrechten den Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums als Ausfluss des jeweiligen Wohnungseigentums (§ 16 Abs. 1 S. 3 WEG, § 903 S. 1 BGB) sukzessive - für die einzelnen Rechte zu unterschiedlichen Zeitpunkten - auszuschließen. Die negative Komponente ist für jedes Wohnungseigentum an die alternative Bedingung geknüpft, dass entweder ein Erwerber als Eigentümer eingetragen wird oder, soweit das (noch) nicht der Fall ist, die Beteiligte die positive Zuweisung (zu einem anderen Wohnungseigentum) erklärt (Senat, Beschluss vom 4. Mai 2021 - 1 W 243/21 - zu einer wortgleichen Regelung).
zu Nr. 4
Der letzte Satz von § 2 betrifft nur bauliche Veränderungen. Diese kann die Beteiligte nach der Natur der Sache nicht an solchen Räumen vornehmen, die einem anderen Eigentümer zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen sind. Einer Klarstellung bedarf es insoweit nicht (Senat, Beschluss vom 27. Januar 2022 - 1 W 301/21).
zu Nr. 5
Die in § 3 Abs. 4 erklärte Befugnis, ein Teileigentum auch als Wohnung zu nutzen, kann Inhalt der Gemeinschaftsordnung sein. Die mit Wohnungs- und Teileigentum gesetzlich vorgesehenen Grundtypen der Nutzungsbefugnis (§ 1 Abs. 2 und 3 WEG) schließen sich nur vorbehaltlich anderer Vereinbarungen aus (BGH, NJW 2018, 41 Rn. 8; vgl. auch KG, MittBayNot 2008, 209, 210). Um eine solche andere Vereinbarung handelt es sich hier (§ 5 Abs. 4 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 WEG). Nach der Kommentarstelle, auf die der Bundesgerichtshof verweist (Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 15 Rn. 13), ist es möglich, von einer Zweckbestimmung abzusehen oder für eine Einheit die gemischte bzw. alternative Nutzung zuzulassen. Es bedarf auch - jedenfalls gemäß dem Sachstand zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (§ 74 GBO) - keiner angepassten Abgeschlossenheitsbescheinigung. Die Rechtsprechung des Senats hierzu (FGPrax 2013, 191) ist durch die am 13. Juli 2021 in Kraft getretene Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (AVA) vom 6. Juli 2021 überholt. Diese sieht gesonderte Anforderungen für die Abgeschlossenheit von Wohnungen nicht mehr vor (§ 5 AVA). Gemäß § 8 Abs. 1 AVA i.V.m. Anlage 1 wird lediglich bescheinigt, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 WEG vorliegen.
zu Nr. 6
§ 5 Abs. 4 S. 2 in der Fassung vom 7. Mai 2021 (UR-Nr. 188/2021 des Notars ...) muss nicht gestrichen werden. Das Grundbuchamt darf die bewilligte Eintragung einer Vereinbarung nur ablehnen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Grundbuch durch sie unrichtig würde, etwa wenn die Gemeinschaftsordnung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (§ 134 BGB). Erfordert die Prüfung, wie z.B. im Rahmen der §§ 138, 242 BGB, eine wertende Beurteilung unter Berücksichtigung aller Umstände, wird es schon wegen der Beweismittelbeschränkung im Grundbuchverfahren zu einer zweifelsfreien Feststellung der Unwirksamkeit nur in Ausnahmefällen in der Lage sein. Bei verbleibenden Zweifeln ist die Überprüfung den Verfahren nach §§ 43 ff. WEG vorzubehalten (Senat, ZWE 2017, 403; Demharter, GBO, Anh. § 3 Rn. 25 m.w.N.). Die beanstandete Bestimmung ist nicht evident unwirksam. Der Anspruch auf plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums (jetzt gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG) ist jedenfalls dann abdingbar, wenn das ...