Leitsatz (amtlich)
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung erfordert eine aus sich heraus verständliche Darstellung und muss erkennen lassen, durch welche Maßnahmen der Vollzugsbehörde sich der Gefangene in seinen Rechten verletzt fühlt. Dem Gericht muss es möglich sein, den zugrundeliegenden Sachverhalt ohne Zuhilfenahme weiterer - erst zu ermittelnder - Erklärungen oder Unterlagen zu erfassen und nicht nur zu erkennen, durch welche Maßnahme sich der Gefangene beschwert sieht (Streitgegenstand), sondern inwiefern und wodurch er seine Rechte als verletzt erachtet.
Die gerichtliche Fürsorgepflicht gebietet es nicht, einen Rechtsanwalt oder einen forensisch erfahrenen Gefangenen auf Mängel der Antragsschrift hinzuweisen und ihm zu gestatten, die fehlenden Erklärungen noch außerhalb der zweiwöchigen Frist nachzuholen.
Normenkette
StVollzG § 109 Abs. 2, § 112
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 14.11.2008; Aktenzeichen 597 StVK 171/08 Vollz) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 14. November 2008 wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizvollzugsanstalt Tegel eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren wegen versuchten Totschlags. Im Anschluß daran ist die Vollstreckung einer dreimonatigen Freiheitsstrafe wegen Diebstahls vorgesehen. Zwei Drittel dieser Strafen werden am 15. Mai 2010 verbüßt sein. Die vollständige Verbüßung beider Strafen ist auf den 15. Oktober 2013 vermerkt. Am 21. April 2008 schrieb die Justizvollzugsanstalt den Vollzugsplan fort. Entgegen früheren Planungen ließ sie den Gefangenen nicht mehr zu Vollzugslockerungen zu und stellte ihn anstatt auf "zwei Drittel" auf Vollverbüßung ab. Den Hintergrund dieses Vorgehens bildete die vorhergehende Vollzugsplanung aus dem November 2007. In ihr war vorgesehen, daß der psychologische Dienst der Anstalt im Rahmen der besonders gründlichen Prüfung der Zulassung zu Vollzugslockerungen eine Stellungnahme verfassen solle; dieser lag am 7. April 2008 vor und kam zu dem Ergebnis, daß Mißbrauchsbefürchtungen "nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden" könnten. Dem Gefangenen wurde die Vollzugsplanfortschreibung am 7. Mai 2008 ausgehändigt.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers Rechtsanwalt Tümmler vom 19. Mai 2008 - bei Gericht eingegangen am 21. Mai 2008 - focht der Gefangene diese Vollzugsplanfortschreibung mit einem als "Klage" bezeichneten Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 109 Abs. 1, 120 Abs. 1 StVollzG, § 300 StPO) an. Dieser Antrag hat folgenden Wortlaut:
"In Sachen R. (Strafvollzugssache)
K l a g e
des Herrn M. R., z. Z. JVA Tegel, Seidelstraße 39, 13507 Berlin,
- Antragsteller/in -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T.,
Berlin
g e g e n
die Justizvollzugsanstalt Tegel, vertreten durch den Anstaltsleiter, Seidelstraße 39, 13507 Berlin,
- Antragsgegnerin -
w e g e n: Vollzugsplanfortschreibung
Namens und im Auftrag des Antragstellers wird beantragt,
1.
das Ergebnis der Vollzugsplankonferenz vom 21.04.2008 wird aufgehoben,
2.
die Antragsgegnerin wird verpflichtet, eine neue Vollzugsplanung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erstellen.
Begründung: Das Ergebnis der Vollzugsplankonferenz vom 21.04.2008 (Protokoll vom 24.04.2008) ist tatsachen- und ermessensfehlerhaft und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten.
Zur weiteren Begründung wird ausgeführt werden.
gez. T.
T.
Rechtsanwalt"
Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag in der Sache beschieden und abgelehnt.
Mit der Rechtsbeschwerde erhebt der Gefangene die Sachrüge, die er näher ausgeführt hat. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Es ist unzulässig.
1.
Zu den allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen gehört es, daß ein zulässiger Antrag auf gerichtliche Entscheidung vorliegt, was der Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu überprüfen hat. Das gilt auch für die Frage, ob der Antrag auf gerichtliche Entscheidung den formellen Voraussetzungen des § 109 Abs. 2 StVollzG entsprach (vgl. OLG Stuttgart NStZ 1999, 447 bei Matzke; NStZ 1986, 480; OLG Celle NStZ 1989, 295; Senat , Beschlüsse vom 12. März 2009 - 2 Ws 78/09 Vollz -; 11. Oktober 1993 - 5 Ws 352/93 Vollz - und 8. Februar 1985 - 5 Ws 552/84 Vollz -; Kamann/Volckart in AK-StVollzG 5. Aufl., § 116 Rdn. 4; Calliess/ Müller-Dietz, StVollzG 11. Aufl., § 118 Rdn. 3). Die von der Rechtsbeschwerde zitierte Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, Beschluß vom 12. Februar 1981 - 7 Vollz 33/81 - = NStZ 1981, 368; OLG Celle, Beschluß vom 22. Juli 1977 - 3 Ws 202/77 StVollz - und Senat , Beschluß vom 29. Januar 1979 - 2 Ws 145/78 Vollz -) ist insoweit überholt.
Im Streitfall fehlt es an einem zulässigen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, weil die Voraussetzungen des § 109 Abs. 2 StVollzG nicht innerhalb der Frist des § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG eingehalten worden sind.
2.
a)
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung genügt n...