Leitsatz (amtlich)
Eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der die Provisionsabrechnungen des Unternehmers als anerkannt gelten, wenn der Handelsvertreter nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt, ist wegen Verstoßes gegen § 87c HGB unwirksam. Der Annahme eines sich ständig wiederholenden negativen Schuldanerkenntnisses des Handelsvertreters durch Schweigen auf die Provisionsabrechnungen des Unternehmers stehen die dem Schutz des meist wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters dienenden §§ 87a Abs. 5, 87c Abs. 5 HGB entgegen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 21 O 250/10) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
I. Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG die Klage in der angefochtenen Entscheidung abgewiesen. Das Vorbringen der Klägerin ist auch unter Berücksichtigung ihres Vortrages im zweiten Rechtszug unschlüssig.
1. Zutreffend geht das LG davon aus, dass die Klägerin sich nicht darauf berufen kann, dass ihre Abrechnung gemäß § 5 Abs. 3 der Vertriebspartnervereinbarung wegen nicht erhobener Einwendungen als anerkannt anzusehen sei. Eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der die Provisionsabrechnungen des Unternehmers als anerkannt gelten, wenn der Handelsvertreter nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt, ist wegen Verstoßes gegen § 87c HGB unwirksam (BGH, Urteil vom 20.09.2006 -VIII ZR 100/05-, hier und nachfolgend zitiert nach juris). In seiner Begründung führt der BGH aus: "Die jahrelange widerspruchslose Hinnahme der Provisionsabrechnungen der Beklagten durch den Kläger ist auch nicht deswegen als Anerkenntnis der Provisionsabrechnungen zu werten, weil dies in Ziffer 5.2. des Versicherungsvertretervertrages so vorgesehen ist. Denn diese Bestimmung ist wegen Verstoßes gegen die zwingende Vorschrift des § 87c HGB unwirksam. Der Annahme eines sich ständig wiederholenden negativen Schuldanerkenntnisses des Handelsvertreters durch Schweigen auf die Provisionsabrechnungen des Unternehmers stehen die dem Schutz des meist wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters dienenden §§ 87a Abs. 5, 87c Abs. 5 HGB entgegen (Senat aaO unter II 2). Denn diese Annahme führt ebenfalls zu einer gegen die genannten Bestimmungen verstoßenden Beschränkung der Ansprüche des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs und Zahlung von Provision für die Zukunft. Sie nötigt ihn, Abrechnungen des Unternehmers künftig zu widersprechen, um insoweit ein (sich ständig wiederholendes) negatives Schuldanerkenntnis zu vermeiden. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat und auch die Revision nicht verkennt, hat der Bundesgerichtshof deshalb eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der dessen Abrechnung mangels Widerspruchs des Handelsvertreters innerhalb einer bestimmten Frist als genehmigt gelten soll, wegen Verstoßes gegen § 87c Abs. 5 HGB als unwirksam angesehen (Urteil vom 20.2.1964 - VII ZR 147/62, LM Nr. 4a zu § 87c HGB unter I 3b bb; vgl. auch Urteil vom 19.11.1982 - I ZR 125/80 = LM Nr. 11 zu § 87a HGB unter I 2c; Senatsurteil vom 29.11.1995 aaO unter II 2b; ebenso OLG München VersR 2004, 470, 471; OLG Koblenz VersR 1980, 623; OLG Karlsruhe BB 1980, 226; OLG Hamm BB 1979, 442). An dieser Rechtsprechung, die auch im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden hat (Ebenroth/Boujong/Joost/Löwisch, HGB, § 87c Rdnr. 50, MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, § 87c Rdnr. 83, Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 87c Rdnr. 20; Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 87c Rdnr. 29), hält der Senat ungeachtet abweichender Auffassungen in Rechtsprechung (OLG Saarbrücken, DB 1985, 2399, OLG Naumburg VersR 1999, 578; LG Frankfurt/Oder VersR 1998, 1238) und Literatur (Müller-Stein, VersR 2001, 830, 831; Segger, VersR 2004, 781, 782; Scherer, BB 1996, 2205, 2209) fest." Diesen Ausführungen schließt der Senat sich an.
2. Zutreffend geht das LG des Weiteren davon aus, dass die Klage auch deshalb unschlüssig ist, weil die Berechnung der Klageforderung weder rechnerisch noch rechtlich nachvollzogen werden kann. Zu Recht führt das LG aus, dass die Klägerin für eine schlüssige Darlegung der Klageforderung die der Saldoberechnung zu Grunde liegenden gegenseitigen Ansprüche und Leistungen im Einzelnen substantiiert hätte vortragen müssen. An einem solchen Vortrag fehlt es auch unter Be...