Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 24.01.2024; Aktenzeichen 91 O 90/23) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 8. Februar 2024 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin II vom 24. Januar 2024 - 91 O 90/23 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Parteien streiten vor dem Landgericht Berlin II um die Zulässigkeit von Werbeaussagen der Antragsgegnerin.
Mit Beschluss vom 31. Oktober 2023 hat die abgelehnte Richterin den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung wegen Dringlichkeit erlassen. Dabei hatte sie eine zuvor seitens des Antragsgegners im zentralen Schutzschriftenregister eingereichte Schutzschrift nicht zur Kenntnis genommen. Mit Beschluss vom 16. November 2023 ist der Antrag der Antragsgegnerin, die Vollstreckung aus der einstweiligen Verfügung einstweilen einzustellen, zurückgewiesen worden. In diesem Beschluss hat die abgelehnte Richterin zur unterbliebenen Kenntnisnahme der Schutzschrift ausgeführt: "Dieses bedauerliche Versehen resultiert daher, dass aufgrund der Umstellung auf elektronische Akten die übliche Praxis der Prüfung des Registers auf einschlägige Schutzschriften dieses Mal leider unterblieben ist."
Nach Widerspruch der Antragsgegnerin hat am 7. Dezember 2023 Termin zu mündlichen Verhandlung stattgefunden. In diesem Termin kam es zwischen der Vorsitzenden Richterin und dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin zu Diskussionen darüber, ob von der Antragsgegnerin im Termin in Papierform vorgelegte Ausdrucke zu berücksichtigen und zur Akte zu nehmen sind oder im Hinblick auf § 130d ZPO hätten elektronisch eingereicht werden müssen. Nachdem bei dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin der Eindruck entstanden war, dass die abgelehnte Richterin die von ihm vorgelegten Ausdrucke nicht noch sogleich in der mündlichen Verhandlung würdigen wolle, merkte er an "Vorsicht, ich bin drauf und dran, einen Ablehnungsantrag zu stellen". Daraufhin meinte die abgelehnte Richterin zunächst, dass sie sich (sinngemäß) "nicht mit zulässigen Mitteln der Rechtsverfolgung aus der Zivilprozessordnung drohen lassen müsse" und fügte hinzu, dass der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin sich die Antragsstellung "mal besser überlegen" solle, da dies doch wohl nicht im Sinne seiner Mandantin sei, da es im Falle eines Ablehnungsantrags vorerst bei der einstweiligen Verfügung bleibe. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin in der Folge den ersten Ausdruck erläutert hatte, legte dieser sieben weitere Beweisdokumente vor. Als der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin den Eindruck gewann, dass die Vorsitzende Richterin diese Dokumente ohne weitere Erörterung zur Akte nehmen wolle, hat er den Ablehnungsantrag gemäß § 44 Abs. 1 ZPO gestellt.
II. Die nach §§ 46 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht begründet.
Das Landgericht hat das gegen die Vorsitzende Richterin am Landgericht X gerichtete Ablehnungsgesuch der Antragsgegnerin zu Recht zurückgewiesen.
Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Maßgebend dafür ist, ob aus der Sicht der den Richter ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an dessen Unvoreingenommenheit und objektiver Einstellung zu zweifeln (KG, Beschluss vom 17. Juli 2014 - 10 W 44/14 -, juris Rn. 4). Hierfür kommen nur solche - objektiven - Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtung erwecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Nicht erforderlich ist, dass der Richter tatsächlich befangen ist (OLG Köln, Beschluss vom 29. April 2013 - I-20 W 30/13 -, Rn. 3 m.w.N.).
Gemessen hieran ist eine berechtigte Besorgnis der Befangenheit nicht festzustellen.
1. Soweit die Antragsgegnerin den Erlass der einstweiligen Verfügung ohne Kenntnisnahme der Schutzschrift rügt, handelt es sich hierbei um einen Verfahrensfehler, der für sich genommen nicht die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen kann. Denn ein Verfahrensfehler, wie ihn die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör darstellt, lässt nicht ohne weiteres auf die Voreingenommenheit des Richters oder der Mitglieder des Spruchkörpers schließen, dem er unterlaufen ist, und begründet damit auch nicht per se die Besorgnis der Befangenheit (VGH München, Beschluss vom 2. September 2016 - 10 C 16.1214 -, juris Rn. 16 m.w.N.).
Im Übrigen kann sich die Antragsgegnerin ohnehin nicht mehr auf diesen Verfahrensfehler berufen, weil sie insofern gemäß § 43 ZPO präkludiert ist. Denn sie hat sich vor dem Landgericht in die mündliche Verhandlung am 7. Dezember 2023 eingelassen, obwohl die nunmehr zur Begründung des Ablehnungsgesuchs herangezogene unterlassene Einsicht in die Schutzschrift ihr spätestens aus de...