Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die Übersendung der Abschrift einer strafgerichtlichen Entscheidung an eine Justizvollzugsanstalt ist ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG der statthafte Rechtsbehelf, da die der Datenübermittlung zugrunde liegenden Vorschriften der Strafprozessordnung keine Regelung für den hiergegen gerichteten Rechtsschutz enthalten (§ 22 Abs. 1 EGGVG).
2. Die Rechtmäßigkeit der Datenübermittlung wird ausschließlich von dem Gericht, das gegen die Entscheidung oder Maßnahme des Empfängers der Daten angerufen werden kann, in der dafür vorgesehenen Verfahrensart überprüft, sofern der Empfänger aufgrund der übermittelten Daten eine Entschei-dung oder eine andere Maßnahme getroffen und dies dem Betroffenen bekannt gegeben hat, bevor ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt worden ist.
3. Die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens nach § 24 Abs. 2 EGGVG ist bei einem gegen die Übermittlung personenbezogener Daten durch die Staatsanwaltschaft gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht erforderlich, da die Datenübermittlung mangels Regelungscharakters keinen Justizverwaltungsakt darstellt.
4. Die Mitteilungsbefugnis nach § 479 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StPO wird durch Nr. 43 MiStra konkretisiert, der als normausfüllende Verwaltungsvorschrift typisierend regelt, wann Mitteilungen zu erfolgen haben.
Tenor
1. Die als Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu behandelnde Klage des Antragstellers vom 27. Dezember 2017 wird verworfen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten dieses Verfahrens und die durch die Anrufung des Verwaltungsgerichts entstandenen Mehrkosten zu tragen.
3. Der Geschäftswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller, der in der Justizvollzugsanstalt O. eine Freiheitsstrafe verbüßt, hat mit Klageschrift vom 27. Dezember 2017, eingegangen am 2. Januar 2018, bei dem Verwaltungsgericht Berlin beantragt, dem Land Berlin - vertreten durch den Leitenden Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Berlin - die Verbreitung des als Anlage beigefügten, den Antragsteller betreffenden Strafbefehlsantrags der Amtsanwaltschaft Berlin zu dem Aktenzeichen ... (Tatvorwurf: üble Nachrede) und der darin enthaltenen Äußerungen zu untersagen sowie deren Widerruf anzuordnen. Ferner hat er beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihm alle materiellen und immateriellen Schäden gemäß § 839 BGB zu ersetzen. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Anlage sei von dem Beklagten an die "hiesige" - für den in der Justizvollzugsanstalt O. einsitzenden Antragsteller zuständige - Staatsanwaltschaft, Strafvollstreckungskammer und Justizvollzugsanstalt verteilt worden mit der Folge, dass ihm - dem Kläger - offener Vollzug, Lockerungen und eine vorzeitige Haftentlassung nach § 57 StGB verweigert würden. Die Verbreitung der Anlage sei gemäß § 353d StGB verboten. Wegen des weiteren Vorbringens verweist der Senat auf die vorbezeichnete Klageschrift und das Schreiben des Klägers vom 18. März 2018.
Der Beklagte hat bestätigt, dass der vorbezeichnete Strafbefehlsantrag mit Verfügung der Amtsanwaltschaft Berlin vom 29. September 2015 an die Justizvollzugsanstalt O. übermittelt worden ist. Dies sei nach § 479 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StPO zulässig und entspreche der Regelung in Nr. 43 MiStra. Aus der als Anlage beigefügten Ablichtung der Verfügung ergibt sich, dass der Strafbefehlsantrag allein an die Justizvollzugsanstalt O. übermittelt worden ist.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat durch Beschluss vom 23. April 2018, der Rechtskraft erlangt hat, den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Kammergericht verwiesen. Für das Rechtsschutzbegehren sei gemäß § 22 Abs. 1 EGGVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach §§ 23 ff. EGGVG eröffnet.
Die als Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu behandelnde Klage des Antragstellers ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Verweisung ist gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG hinsichtlich des Rechtsweges bindend. Danach ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.
2. Der Senat bejaht seine Zuständigkeit innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit nach selbständiger Prüfung.
a) Die Bindungswirkung des rechtskräftigen Verweisungsbeschlusses erstreckt sich nicht auf die örtliche, sachliche und funktionelle Zuständigkeit des vom verweisenden Gericht bezeichneten Gerichts und die zulässige Verfahrensart; insoweit kann das Empfangsgericht seine Zuständigkeit innerhalb des eröffneten Rechtsweges selbst überprüfen und die Sache gegebenenfalls weiterverweisen (vgl. OLG Karlsruhe Justiz 1994, 484 - juris Rdn. 7; OLG Hamm NStZ-RR 1996, 209 - juris Rdn. 2; KG, Beschluss vom 26. Januar 1995 - 1 VA 14/94 - juris Rdn. 2; Senat, Beschluss vom 12. März 2018 - 5 VAs 29/17 -; Barthe in Karlsruher Kommentar, StPO 7. Aufl., § 17b GVG Rdn. 3; Zimmermann in Münchener Kommentar, ZPO 5.Aufl., § 17a GVG Rdn. 18; Lückemann in Zöller, ZPO 32. Aufl., § 17a GVG Rdn. 12 m.w.N.). Daher ist vorliegend auch nicht der Ausspruch bindend, dass...