Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 04.11.2008; Aktenzeichen 58 O 189/08)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers vom 12.12.2008 gegen den Beschluss der Zivilkammer 58 des LG Berlin vom 4.11.2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Die Zurückweisung der nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässigen Beschwerde erfolgt aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses sowie des Nichtabhilfe-Beschlusses vom 12.1.2009.

Die Beschwerde vom 12.12.2008 rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Es sind keine Rechtsfehler oder Ermessensfehler der angefochtenen Entscheidungen festzustellen.

Der Antragsteller macht auf S. 3 seiner Beschwerde unter Bezugnahme auf BVerfG, NJW 2003, 2976, geltend, das LG habe eine im Rahmen des PKH-Verfahrens unzulässige Beweisantizipation vorgenommen.

Diese Auffassung teilt das Beschwerdegericht nicht.

Das BVerfG führt in der zitierten Entscheidung u.a. wörtlich aus:

"Die Annahme der Fachgerichte, dass eine Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeverfahren in eng begrenztem Rahmen zulässig ist, hat das BVerfG zwar bereits mehrfach unbeanstandet gelassen (vgl. BVerfG, NJW 1997, S. 2745 [2746]).

Kommt jedoch eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe zu verweigern (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 12.1.1993 - 2 BvR 1584/92 -; BVerfG, NJW-RR 2002, S. 1069)."

Danach erscheint im Streitfall das Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht verletzt; denn - wie das LG richtig ausgeführt hat - würde eine Beweisaufnahme durch ein Unfallrekonstruktionsgutachten mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers und Beschwerdeführers ausgehen.

a) So wird der Antragsteller mittels eines Unfallrekonstruktionsgutachtens eine Sorgfaltspflichtverletzung des Erstbeklagten (unfallursächliche Unaufmerksamkeit und/oder unfallursächliche überhöhte Geschwindigkeit von 60 km/h), für die er die Beweislast trägt, höchstwahrscheinlich nicht beweisen können. Dies hat das LG bereits zutreffend ausgeführt.

Denn die für ein i.S.d. Antragstellers überzeugendes Gutachten unerlässlichen Anknüpfungstatsachen sind entweder nicht dargelegt oder mit den verfügbaren Beweismitteln höchstwahrscheinlich nicht feststellbar (genauer Kollisionsort; genaue Entfernung des Kfz vom Kollisionsort im Zeitpunkt der Reaktionsaufforderung - vgl. KG, Urt. v. 26.10.2006 - 22 U 193/05 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, VersR 2008, 797 -; genaue vom Antragsteller zurückgelegte Wegstrecke sowie Gehgeschwindigkeit des Antragstellers); die erforderlichen Anknüpfungstatsachen lassen sich auch nicht mit hinreichender Sicherheit der polizeilichen Unfallskizze entnehmen; aus dieser lassen sich lediglich ein "vermuteter" Unfallort und eine "vermutete" Gehstrecke entnehmen, die der Antragsteller auf S. 4 seiner Antragsschrift auch noch als unzutreffend bezeichnet; für seine Behauptung, er habe die Fahrbahn mit "normaler Gehgeschwindigkeit" überquert, hat der Kläger - wie er selbst auf S. 2 seiner Beschwerde einräumt - keinen Beweis angeboten, so dass es insoweit keine sichere Anknüpfungstatsache gibt.

Auch für die - von dem Antragsgegner mit Schriftsatz vom 6.2.2009 bestrittene - Behauptung, der Kraftfahrer sei mindestens 60 km/h gefahren, gibt es weder einen geeigneten Beweisantritt noch einen hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkt; der auf S. 4 unten der Antragsschrift behauptete Anhalteweg von ca. 30 m spricht dafür nicht; denn selbst bei einer Vollbremsung aus 60 km/h ist dieser Anhalteweg länger (zwischen 36,5 und 33 m auf trockener Fahrbahn, vgl. Kuckuk/Werny, Straßenverkehrsrecht, 8. Aufl., Tabelle XIX 2); darüber hinaus beruht die Schätzung des Anhaltewegs von ca. 30 m auf einem angenommenen, nicht sicher beweisbaren Kollionsort.

Dagegen steht jedenfalls fest, dass der Antragsteller sich vor ein herannahendes Fahrzeug begeben hat, also grob sorgfaltswidrig war.

b) Soweit der Antragsteller sich gegen die Auffassung des LG wendet, der Zeitpunkt der Reaktionsaufforderung für den Kraftfahrer sei der Moment, in welchem der von links kommende Fußgänger einer mehrspurigen Straße (hier: Spandauer Damm mit insgesamt 6 Fahrstreifen und teilweise durchgezogener Mittellinie) die Mittellinie überschreitet, hat dies keinen Erfolg; insoweit kann auf die zutreffenden Erwägungen im Nichtabhilfe-Beschluss vom 12.1.2009 Bezug genommen werden.

Der Kraftfahrer braucht nicht damit zu rechnen, dass ein Fußgänger das Überqueren einer mehrspurigen Straße über die Mittellinie hinaus fortsetzt, obwohl das Kraftfahrzeug bereits nahe ist. Dieser Vertrauensgrundsatz erfährt lediglich Einschränkungen im Bereich des § 3 Abs. 2a StVO ggü. Kindern, Hilfsbedürftigen und älteren Menschen, wobei jedoch se...

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