Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens innerhalb eines anhängigen Hauptsacheverfahrens
Verfahrensgang
Tenor
1. Der Antrag des Restitutionsklägers vom 18.12.2008, gerichtet auf die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (im Folgenden: Beweissicherungsantrag), wird verworfen.
2. Der Antrag des Restitutionsklägers vom 27.1.2009, gerichtet auf die Anordnung des Ruhens des Verfahrens über den Beweissicherungsantrag wird zurückgewiesen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens über den Beweissicherungsantrag bleibt der Entscheidung vorbehalten, mit der das Verfahren in der Hauptsache abgeschlossen wird.
4. Der Wert des Verfahrens über den Beweissicherungsantrag entspricht dem Wert des Verfahrens in der Hauptsache.
Gründe
1. Der Beweissicherungsantrag ist gem. § 485 Abs. 1 ZPO unzulässig.
a) Nicht zu folgen vermag der Senat der Auffassung des Restitutionsklägers, wonach der Beweissicherungsantrag schon deshalb zulässig sei, weil der Restitutionsbeklagte sich rechtsmissbräuchlich verhalten habe, indem er die Verpfändungsvereinbarung vom 28.2.2008 im Vorprozess nicht vorgelegt und im Restitutionsverfahren der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nicht zugestimmt habe.
Denn zum einen ist die Nichtvorlage einer Urkunde im Vorprozess (hier Verpfändungsvereinbarung vom 28.2.2008), um deren Echtheit und Entscheidungserheblichkeit für den Vorprozess die Parteien heute gerade streiten, für diejenige Partei, die die Unechtheit bzw. Unerheblichkeit geltend macht, nicht ohne weiteres rechtsmissbräuchlich. Auch ist es nicht ohne weiteres rechtsmissbräuchlich, einem Beweissicherungsantrag nicht zuzustimmen; diese Möglichkeit sieht § 485 Abs. 1 ZPO gerade vor. Besondere Umstände, die für eine ausnahmsweise Rechtsmissbräuchlichkeit des prozessualen Vorgehens der Restitutionsbeklagten sprechen, sind nicht ersichtlich.
Zum anderen ist festzustellen, dass die Kategorie des Rechtsmissbrauchs - als gleichsam dritte, ungeschriebene Zulässigkeitsalternative des § 485 Abs. 1 ZPO - in Rechtsprechung und Literatur soweit ersichtlich bisher nicht erwogen worden ist. Die in der Antragsschrift zitierte Rechtsprechung bezieht sich auf das Erfordernis der Zustimmung des Beklagten bei Parteiänderung auf Beklagtenseite im Berufungsverfahren, nicht auf das Beweissicherungsverfahren. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Zustimmung nach § 485 Abs. 1 Alt. 1 ZPO lehnt der Senat ab. Denn anders als im Fall des § 485 Abs. 1 ZPO ist die Zulässigkeit der genannten Parteiänderungsfälle alleine an die Zustimmung des Prozessgegners geknüpft. Das daher dort fraglos bestehende Bedürfnis nach einer zusätzlichen, richterrechtlichen Zulässigkeitsalternative, welche an Hand von sachbezogenen Wertungen (Rechtsmissbrauch) gewährt wird, deckt in den Beweissicherungsfällen die Vorschrift des § 485 Abs. 1 Alt. 2 ZPO - Beweismittelverlust - ab.
b)aa) Ebenso wenig zu folgen vermag der Senat der Auffassung des Restitutionsklägers, wonach der Beweissicherungsantrag im Hinblick auf § 485 Abs. 1 Alt. 2 ZPO zulässig sei, weil die in der Hauptsache zu erwartende Verfahrensdauer und der damit verbundene Zeitablauf allgemein die Gefahr des Verblassens der Erinnerung der im Beweissicherungsantrag angeführten Zeugen in sich berge; erforderlich ist vielmehr, dass aus im Einzelfall vorliegenden Gründen eine Erschwerung der Beweisführung konkret zu befürchten ist (ebenso BFH, BFH/NV 2008, 575 [576]; Gegenteiliges vermag der Senat der älteren Entscheidung des BFH in BFH/NV 2007, 1900 f., entgegen der Meinung des Restitutionsklägers, nicht zu entnehmen).
Denn die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 1 ZPO führt - bezogen auf den Zuständigkeitsbereich des zuständigen Spruchkörpers - notwendig zu einer zeitlichen Bevorzugung des betroffenen Verfahrens vor allen anderen Verfahren, was wegen der Begrenztheit gerichtlicher Kapazitäten zudem zu Lasten dieser anderen Verfahren geht. Eine solche Sonderbehandlung eines Verfahrens wäre nicht gerechtfertigt, wenn sie aus Gründen geschähe, die - wie bei dem Verblassen der Zeugenerinnerung durch Zeitablauf - für alle Verfahren gleichermaßen zutrifft. Zudem sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 485 Abs. 1 ZPO nicht allzu weitherzig auszulegen, weil der Umfang der Beweissicherung von einer gerichtlichen Erheblichkeitsprüfung nicht abhängt, d.h. im Wesentlichen in den Händen des Antragstellers liegt (vgl. Herget in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 485 Rz. 4). Eine gerichtlich nicht kontrollierbare, letztlich entscheidungsunerhebliche Belastung eines Spruchkörpers mit selbständigen Beweisverfahren verschärft jedoch den o.g., belastenden Effekt für die anderen Verfahren. Vor dem Hintergrund, dass erfahrungsgemäß nur die wenigsten Beweisantritte in Rechtsstreitigkeiten entscheidungserheblich sind, würde die Auffassung des Restitutionsklägers zudem zu einer erheblichen und unnützen Mehrbelastung der Justiz f...