Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten bei Rücknahme der Beschlußanfechtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Werden bei gerichtlicher Anfechtung vor Eigentümerbeschlüssen die Anfechtungsanträge zurückgenommen, so ist die Entscheidung über die Gerichtskosten und eine etwaige Erstattung außergerichtlicher Kosten nach billigem Ermessen vorzunehmen, wobei die mutmaßlichen Erfolgsaussichten des Anfechtungsverfahrens zu berücksichtigen sind.

2. Es begegnet regelmäßig rechtlichen Bedenken, die Kosten eines erfolgreichen Beschlußanfechtungsverfahrens einzelnen Beteiligten aufzuerlegen, die in dem gerichtlichen Verfahren die Eigentümerbeschlüsse verteidigt haben, vielmehr sind die Kosten bei Ungewissem Verfahrensausgang dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft aufzubürden.

 

Normenkette

WEG § 47

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Beschluss vom 29.02.1988; Aktenzeichen 70 II (WEG) 120/87)

LG Berlin (Beschluss vom 13.02.1988; Aktenzeichen 191 T 155/88 (WEG))

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der angefochtene Beschluß des Landgerichts Berlin aufgehoben.

Auf die Erstbeschwerden wird der Beschluß des Amtsgerichts Neukölln vom 29. Februar 1988 – 70 II (WEG) 120/87 – geändert und für alle drei Instanzen bestimmt:

Die Gerichtskosten hat das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft zu tragen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert für die zweite und dritte Instanz – für die zweite Instanz in Änderung des angefochtenen Beschlusses – wird auf 1.500,– DM festgesetzt.

 

Gründe

In der vom damaligen Verwalter einberufenen Eigentümerversammlung vom 18. Juni 1987 kam es zu Beginn zu Auseinandersetzungen über Stimmrechte sowie die Anerkennung von Stimmrechtsvollmachten. Nachdem der Verwalter die Versammlung für geschlossen erklärt sowie die Einberufung einer Wiederholungsversammlung für den 7. Juli 1987 angekündigt hatte, wurde die Versammlung von einem Anwesenden, der in Vollmacht von Wohnungseigentümern zu handeln behauptete, wiederum eröffnet. Einige Wohnungseigentümer verließen dennoch die Versammlung, auf der sodann eine Reihe von Beschlüssen mit den Stimmen aller verbliebenen Anwesenden gefaßt wurden. Die Antragsteller haben die Beschlüsse fristgerecht angefochten, jedoch später ihre Anfechtungsanträge zurückgenommen. Das Amtsgericht hat die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller den Beteiligten auferlegt, die die Beschlüsse gefaßt und sie in dem gerichtlichen Verfahren verteidigt haben. Das Landgericht hat die Erstbeschwerde einzelner Betroffener zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde zweier Beteiligter führte zur Änderung der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung.

Das gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässige Rechtsmittel ist in der Sache gerechtfertigt. Die Zurückweisung der Erstbeschwerde durch das Landgericht ist nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 FGG).

Die fristgerechten Erstbeschwerden der fünf Beteiligten, die die amtsgerichtliche Kostenentscheidung angegriffen haben, sind zulässig, da die ihnen jeweils einzeln auferlegten Kostenanteile mehr als 100,– DM ausmachen (§ 20 a Abs. 2 FGG). Auch die Beschwerden nur einzelner beschwerter Beteiligter ermöglichen in zweiter und dritter Instanz die Änderung der gesamten Kostentscheidungen der Vorinstanzen. Das muß zumindest dann gelten, wenn die Beteiligten in dem Hauptsacheverfahren (hier: Beschlußanfechtungsverfahren) in allen Instanzen notwendige Streitgenossen sind, undauch einzeln in vollem Umfang Rechtsmittel gegen die Entscheidungen in der Hauptsache einlegen könnten. Abgesehen davon hat der Bundesgerichtshof für den Bereich der Zivilprozeßordnung – und die echten Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind nach diesen Grundsätzen zu behandeln, wenn keine Sondernormen vorliegen – entschieden, daß im Hinblick auf § 308 Abs. 2 ZPO das Rechtsmittelgericht die einen im Rechtsmittelverfahren nicht mehr beteiligten Streitgenossen betreffende Kostenentscheidung der Vorinstanz ändern kann (vgl. BGH JurBüro 1981, 1491).

Der angefochtene Beschluß führt aus: Es widerspreche nicht billigem Ermessen im Sinne des § 47 WEG, daß das Amtsgericht die Gerichtskosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller denjenigen auferlegt habe, die nach der Schließung der Eigentümerversammlung vom 18. Juni 1987 durch den Verwalter die Versammlung fortgesetzt haben und sich auf die Wirksamkeit der dann gefaßten Beschlüsse berufen. Für die Antragsteller habe ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Beschlüsse vom 18. Juni 1987 bestanden, weil sich einige Wohnungseigentümer auf die Gültigkeit der Beschlüsse berufen haben. Die Beschlüsse hätten für ungültig erklärt werden müssen, weil nicht ausgeschlossen werden könne, daß in der weitergeführten Versammlung andere Beschlüsse gefaßt worden wären, wenn die Antragsteller die Versammlung nicht verlassen hätten. Auch wenn die Beschlußanfechtung sich nicht gegen einzelne Wohnungseigentümer, sondern gegen die Gemeinschaft insgesamt richte, hätten diejenigen Wohnungseigentüm...

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