Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an das Verfahren und den Feststellungsbeschluss im Sinne des § 119a StVollzG.
Gegenstand der Prüfung nach § 119a Abs. 1 Nr. 1 StVollzG ist stets nur das Betreuungsangebot, nicht aber dessen Erfolg.
Zu einer vom Sicherungsverwahrten gewünschten chirurgischen Kastration als Betreuung im Sinne des § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB.
Das Rechtsmittel nach § 119a Abs. 5 StVollzG stellt eine an die Regeln der VwGO angelehnte Beschwerde sui generis dar; die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG gelten für sie nicht.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 03.06.2015; Aktenzeichen 598 StVK 93/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Gefangenen gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 3. Juni 2015 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
A.
Das Landgericht Berlin verurteilte den Beschwerdeführer am 14. April 2003, rechtskräftig seit dem 12. November 2003, wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern und mit vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Tiergarten vom 15. Juli 1999 und vom 25. Oktober 1999 unter Auflösung der dortigen Gesamtstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten. Zudem wurde durch dasselbe Urteil wegen besonders schwerer Vergewaltigung in sechs Fällen, jeweils in Tateinheit mit besonders schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern, in zwei Fällen davon in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, davon in einem Fall in weiterer Tateinheit mit versuchter Nötigung, auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und elf Monaten erkannt und die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.
Zwei Drittel der Strafen waren am 20. Dezember 2012 verbüßt; das Strafende ist auf den 22. Juni 2018 notiert. Anschließend ist die Vollstreckung der angeordneten Sicherungsverwahrung vorgesehen.
Mit Beschluss vom 7. November 2014 lehnte die Strafvollstreckungskammer die Aussetzung der Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafen zur Bewährung ab. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten verwarf der Senat mit Beschluss vom 15. Januar 2015 - 2 Ws 388/14 -.
Mit Beschluss vom 3. Juni 2015 hat das Landgericht Berlin - Strafvollstreckungskammer - festgestellt, dass die dem Verurteilten von der Vollzugsbehörde seit dem 1. Juni 2013 angebotene Betreuung den gesetzlichen Anforderungen des § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB entsprochen hat. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Verurteilten. Die Strafvollstreckungskammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
B.
I. Die Beschwerde des Verurteilten ist zulässig, insbesondere nach § 119a Abs. 5 StVollzG statthaft und rechtzeitig erhoben (§ 119a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 StVollzG).
Nach der Intention des Gesetzgebers handelt es sich bei der Beschwerde nach § 119a Abs. 5 StVollzG weder um eine einfache noch um eine sofortige Beschwerde im Sinne der §§ 304 ff. StPO oder des § 311 StPO, sondern um eine "verwaltungsprozessrechtlich determinierte Beschwerde sui generis", auf die zunächst die besonderen Regelungen in und Bestimmungen nach § 119a Abs. 6 StVollzG und erst ergänzend über § 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG die Vorschriften der StPO zur Anwendung gelangen (BT-Drucks. 17/9874 S. 29; Bachmann in LNNV, StVollzG 12. Aufl., Abschn. P Rdn. 125). Anders als bei der Rechtsbeschwerde hängt die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach § 119a Abs. 5 StVollzG nicht davon ab, dass die Nachprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist, da § 119a Abs. 6 Satz 3 StVollzG nicht auf § 116 StVollzG verweist (Bachmann in LNNV aaO.).
II. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1.) Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Die Strafvollstreckungskammer hat die maßgeblichen Verfahrensvorschriften eingehalten.
a) Die (große) Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Berlin war gemäß §§ 110, 119a Abs. 6 Satz 3 StVollzG sachlich und örtlich sowie gemäß § 119a Abs. 4 StVollzG funktionell für die Entscheidung nach § 119a Abs. 3 Satz 1 StVollzG zuständig. Die Kammer entscheidet gemäß § 119a Abs. 6 Satz 3 StVollzG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Satz 1 StVollzG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss in der Besetzung mit drei Richtern unter Einschluss des Vorsitzenden (§ 119a Abs. 4 StVollzG).
b) Die Verfahrensbeteiligten und die Vollstreckungsbehörde sind gemäß § 119a Abs. 6 Satz 2 StVollzG vor der Entscheidung - mündlich - angehört worden. Obgleich nicht formell am Verfahren beteiligt, ist auch die Vollstreckungsbehörde anzuhören. Denn die gerichtliche Entscheidung nach § 119a Abs. 1 StVollzG zeichnet die vollstreckungsrechtliche Entscheidung nach § 67c Abs. 1 StGB nicht unerheblich vor (BT-Drucks. 17/9874 S. 29).
c) Für das gerichtliche Verfahren ist dem Gefangenen - entsprechend dem Rechtsschutz- und Unterstützung...