Leitsatz (amtlich)
§ 788 Abs. 2 Satz 1 ZPO begründet - über seinen Wortlaut hinausgehend - auch die Zuständigkeit desjenigen AG, in dessen Bezirk die Vollstreckungssache gem. § 764 Abs. 2 ZPO anhängig gemacht werden könnte.
Tenor
1. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
2. Die Sache ist weiterhin beim AG Charlottenburg anhängig.
Gründe
I. Die Parteien haben in einem Rechtsstreit vor dem LG Berlin (Az. 22 O 512/04) einen Prozessvergleich geschlossen, in dem sich die Antragsgegnerin u.a. verpflichtete, einen Antrag auf Erlass eines Haftbefehles zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zurückzunehmen (Ziff. 3 des Vergleichs) und die vollstreckbare Ausfertigung eines gerichtlichen Urteils herauszugeben (Ziff. 4 des Vergleichs). Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin drohte der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 29.3.2005 die Zwangsvollstreckung aus Ziff. 3 des Vergleichs an und mit Schreiben vom 18.4.2005 die Zwangsvollstreckung aus Ziff. 4. Auf die Androhung folgten keine Vollstreckungsmaßnahmen. Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag begehrt die Antragstellerin gem. §§ 788, 104 ZPO die Festsetzung der Kosten, die ihr infolge der beiden Vollstreckungsandrohungen entstanden sind.
Das zunächst mit der Sache befasste AG Charlottenburg und das von diesem für zuständig gehaltene LG Berlin habe sich die Sache wiederholt - teils durch Verfügung, teils durch Beschluss - gegenseitig hin- und zurückübersandt. Schließlich legte das AG die Sache dem KG zur Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO vor. Das AG ist - mit einer landgerichtlichen Entscheidung in anderer Sache (Az. 53 AR 8/05) - der Auffassung, das auf die Kosten der bloßen Vollstreckungsandrohung § 788 Abs. 2 ZPO nicht anwendbar sei, weshalb für deren Festsetzung nicht das Vollstreckungsgericht, sondern das Prozessgericht zuständig sei. Das LG vertritt vorliegend den gegenteiligen Standpunkt.
Der Antragsgegnerin wurden weder die Antragsschrift noch die diversen gerichtlichen Entscheidungen betreffend die Zuständigkeit zugestellt; ihr ist die Sache - soweit aus der gerichtlichen Akte ersichtlich - bislang unbekannt.
II.1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind nicht gegeben. Denn es liegen keine "rechtskräftigen" Entscheidungen vor, in denen sich die streitenden Gerichte für unzuständig erklärt haben. Eine "rechtskräftige" Entscheidung i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO setzt voraus, dass sie beiden Parteien mitgeteilt wurde; die Mitteilung an nur eine der Parteien genügt nicht (BGH MDR 1995, 739 [739]; BayObLG BayObLGReport 2003, 167 [167]; KG KGReport Berlin 2001, 268 [268]).
2. Vorsorglich weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Hinsichtlich der Kosten wegen des Schreibens vom 18.4.2005 (Ziff. II des Festsetzungsantrages) ist nach Auffassung des Senats - entgegen der Auffassung des LG in der Sache Az. 53 AR 8/05 - das AG Charlottenburg analog § 788 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuständig. Dem entspricht die in der Kommentarliteratur vertretene Auffassung, wonach § 788 Abs. 2 Satz 1 ZPO über seinen Wortlaut hinaus auch die Zuständigkeit desjenigen AG begründet, in dessen Bezirk die Vollstreckungssache gem. § 764 Abs. 2 ZPO anhängig gemacht werden könnte (Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 788 Rz. 40; Saegner in Saenger, ZPO, 2. Aufl. 2007, § 788 Rz. 39; vgl. auch die Entscheidung BGH FamRZ 2004, 101, in der der BGH in einem ähnlich gelagerten Fall zwar lediglich über das Eingreifen von § 788 Abs. 1 ZPO zu entscheiden hatte, die Zuständigkeit der handelnden Vollstreckungsgerichte aber - freilich undiskutiert - unbeanstandet gelassen hat). Der hier vertretenen Auffassung steht zwar zunächst der Wortlaut des § 788 Abs. 2 ZPO, wonach es Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift ist, dass "eine Vollstreckungshandlung anhängig ist", entgegen. Für die Auffassung des Senats spricht jedoch der Umstand, dass § 788 Abs. 2 ZPO auf § 788 Abs. 1 ZPO Bezug nimmt und daher zu vermuten ist, dass der Gesetzgeber für alle Fälle des § 788 Abs. 1 ZPO eine Zuständigkeitsregelung in § 788 Abs. 2 ZPO schaffen wollte. Dabei ist im Hinblick auf § 788 Abs. 1 ZPO mit BGH FamRZ 2004, 101 [101] davon auszugehen, dass die Kosten der Vollstreckungsandrohung - soweit sie "notwendig" i.S.v. § 91 ZPO sind - "Kosten der Zwangsvollstreckung" gemäß § 788 Abs. 1 ZPO sind. Denn die Kosten der Vollstreckungsandrohung können schwerlich Kosten des Erkenntnisverfahrens sein und wären daher nur mittels erneuter, diesbezüglicher Klage zwangsweise geltend zu machen, wenn § 788 Abs. 1 ZPO nicht eingriffe, was dem Regelungszweck des § 788 Abs. 1 ZPO widerspräche. Damit müssen die Kosten der Vollstreckungsandrohung auch § 788 Abs. 2 ZPO unterliegen.
Im Übrigen lässt sich die örtliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts, in dessen Bezirk die angedrohte, aber nicht beantragte Vollstreckungshandlung vorzunehmen wäre, in aller Regel hinreichend genau bestimmten. Daher ist auch aus Praktikabilitätsgesichtspunkten nicht von einer A...